Ebersberg:Gefährlicher Tascheninhalt

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Wegen Besitzes eines Schlagrings muss ein 38-Jähriger ins Gefängnis

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Es war eine Szene, wie man sie aus vielen Krimis kennt: "Wir haben da eine Gestalt gesehen, er hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und stand auf dem Parkplatz herum." In diesem Fall handelte es sich allerdings nicht um die ersten Minuten eines Films, sondern um die Zeugenaussage eines Polizisten, der im vergangenen März mit einem Kollegen vor dem Grafinger Kino vorbeifuhr. Das Verhalten des Kapuzenmannes "fanden wir verdächtig", so der Beamte. Als sich die Polizisten dem 38-jährigen Mann genähert hätten, hätten sie gehört wie er etwas unter ein Auto geworfen habe - es war ein Schlagring, wie sich herausstellte. Der Besitz einer solchen Waffe ist Deutschland strafbar, weshalb sich der Mann nun vor dem Amtsgericht verantworten musste.

An sich ein reiner Routinefall und wenig spektakulär, wäre da nicht die Akte des Angeklagten. Sie klingt wie der Lebenslauf eines Muster-Kriminellen: Drogen, Gewalt, Waffen, Bewährung, Gefängnis. Das erste Mal war der Ebersberger 1993 im Jugendarrest, wegen Diebstahls und weil er ohne Führerschein Auto gefahren war. Zwei Jahre später wurde er erneut ohne Fahrerlaubnis hinter dem Steuer erwischt. 1997 fanden Polizeibeamte bei ihm Munition und Drogen, erneut kam er für einige Wochen hinter Gitter.

Als er entlassen wurde machte er sich erneut strafbar, diesmal wegen Schusswaffenbesitz, Betrug und Diebstahl. Das Gericht verurteilte ihn damals zu vier Jahren Haft. Die jedoch trugen nicht zu seiner Rehabilitation bei - im Gegenteil: 2002 aus der Haft entlassen, wurde der Ebersberger nach nur wenigen Monaten wegen Drogenbesitz und Körperverletzung festgenommen und bekam eine Bewährungsstrafe. Wie er nun vor Gericht sagte, komme er seit der Haft von den Drogen auch nicht mehr weg. "Von allem" lautet seine saloppe Antwort auf die Frage von Richterin Vera Hörauf, von welchen Rauschmitteln er denn abhängig sei. Wegen des Konsums von chemischen Drogen verhängte das Gericht bereits im Frühjahr diesen Jahres einen mehrjährigen Aufenthalt in einer Entziehungsanstalt bei Deggendorf. Verlassen darf er die Einrichtung nur mit Begleitung. Und so saßen auch zwei Justizbeamte mit im Gerichtssaal.

Der Besitz des Schlagrings wirkt vor diesem Hintergrund wie eine Lappalie. Das Strafgesetzbuch sieht das freilich anders, vor allem weil der Angeklagte zum Zeitpunkt der Straftat auf Bewährung war. Der Anwalt versuchte noch, die Richterin davon zu überzeugen, den Waffenbesitz mit einer anderen Strafe zu verrechnen. Doch Hörauf hatte wenig Spielraum, angesichts der dicken Akte des Angeklagten, die bereits rund 20 Vorstrafen umfasst. Der Anwalt versuchte es weiter: "Mein Mandant wusste gar nicht, dass er den Schlagring mit sich führt." "Wie kann man denn etwas wegwerfen, von dem man gar nicht weiß, dass es da ist?", entgegnete die Staatsanwältin.

Der Fall hinterlässt Fragen, die wohl weiter im Dunkeln bleiben werden: Was wollte der Mann nachts auf dem Parkplatz? Warum hatte er einen Schlagring dabei? Der Polizist berichtet auch davon, dass der Angeklagte ein abgetrenntes Starkstromkabel dabei gehabt habe, einen Grund dafür wollte der Angeklagte nicht nennen. Sechs Monate Haft forderte schließlich die Staatsanwältin. Die Richterin machte vier Monate daraus. Doch auf freien Fuß wird er auch nach der Haft nicht so schnell kommen, danach muss er wieder in die Entziehungsanstalt.

© SZ vom 26.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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