Ebersberg:Friedfertige lyrische Seele

Ebersberg: Mit Hesses selbstironischen Gedichten führt Klaus Brückner das Publikum im Alten Kino in Ebersberg durch den Abend. An der Gitarre: Suntaya Kobayashi.

Mit Hesses selbstironischen Gedichten führt Klaus Brückner das Publikum im Alten Kino in Ebersberg durch den Abend. An der Gitarre: Suntaya Kobayashi.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit dem Programm "Hermann Hesse tanzt aus der Reihe" zeigen Schauspieler Klaus Brückner und Musiker Suntaya Kobayashi eine unbekannte Seite des Schriftstellers

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Als Suntaya Kobayashi mit einem schwungvollen Gitarren-Rhythmus und der Liedzeile "It's time to fall in love" den Abend im Alten Kino in Ebersberg eröffnete, klang das nach einem Versprechen: Hermann Hesses Gedichte werden das Publikum begeistern. 32 lyrische Werke des Schriftstellers hat der Schauspieler Klaus Brückner für das Programm "Hermann Hesse tanzt aus der Reihe" ausgewählt. Nicht die philosophisch-pathetischen, die Vielen aus dem Schulunterricht bekannt sein dürften, sondern die selbstironischen und beschwingten Gedichte sollten durch die Veranstaltung führen. Den heiteren und unterhaltsamen Charakter rundeten Gesang und lockeres Gitarrenspiel ab.

Die Lyrik teilten Brückner und Kobayashi in drei Sequenzen ein: Zuerst reflektierten sie das Leben im Allgemeinen; das Dasein als Mensch, als Mann, als Dichter. Dann las Brückner Verse der Liebe - einige mit verletzter und enttäuschter Stimme; bei anderen schlug er einen hoffnungsfrohen und glücklichen Tonfall an. Und für den letzten Abschnitt entschied sich der Schauspieler für Gedichte über das Sterben und den Tod.

Trotz Brückners starker Erkältung, die seiner Stimme eine dunklere Färbung gab, schaffte er es, den Inhalt der Gedichte widerzuspiegeln: Mal sprach er sanft und langsam im Sitzen, dann drängender und lauter. Ein ander Mal sprang er auf, schrie und schlug beinah im Rhythmus der Verse mit der Faust auf die Sitzfläche seines Barhockers.

Nach drei bis fünf Gedichten setzte dann Kobayashi, der seit 2011 auch unter dem Pseudonym Mister Suny auftritt, mit seinem Gitarrenspiel ein. Seine Musik und Texte komponiert und schreibt der gebürtige Münchner selbst. Für das gemeinsame Programm mit Brückner wählte er aus seinem großen Repertoire an Songs diejenigen aus, die passgenau die Stimmung der Gedichte sowie die Vortragsweise seines Kollegen aufgreifen. Ein paar Lieder arrangierte er aber auch eigens dafür und Hesses "Liebeslied" adaptierte er musikalisch neu. Kobayashis Gesang war meistens in englischer Sprache, aber auch mit einem japanischen und einem französischen Lied überzeugte er das ohnehin bereits mitgerissene Publikum. Das Highlight war aber wohl Kobayashis Hommage an seine Heimat Bayern - natürlich gesungen im bairischen Dialekt.

Zwischen den einzelnen Gedichten und Liedern gewährte Brückner dem Publikum immer wieder Einblick darin, was ihn an Hesse so fasziniert: die Friedfertigkeit. "Hesse hat immer versucht, die abendländischen mit den asiatischen Religionen zu versöhnen und war konsequent gegen Krieg." Das habe ihn durchaus zu einem Einzelgänger gemacht. Zu Zeiten des ersten Weltkrieges habe er zu den wenigen Intellektuellen gezählt, die sich offen gegen die damals vorherrschende Kriegsbegeisterung aussprachen. Und im Gedicht "Missglückter Abend" stelle sich Hesse gegen einen dieser Kriegsbegeisterten, nämlich gegen sein großes Idol Thomas Mann. "Ich denke, dass Hesse mittlerweile im Ausland sogar mehr gelesen wird als Mann - das freut mich so ein bisschen", gab Brückner mit einem breiten Grinsen zu, bevor er besagtes Gedicht vortrug.

Kennengelernt haben sich der Schauspieler und der Musiker beim Dreh eines Experimentalfilms, den ein befreundeter Künstler vor einigen Jahren inszenierte. Brückner übernahm dabei die Rolle des Komponisten Richard Wagner, Kobayashi mimte König Ludwig II. Die beiden hielten Kontakt, sodass Brückner seinem jüngeren Kollegen Kobayashi dann anbot, den musikalischen Teil seines Hesse-Projekts zu übernehmen. Seit 2014 touren die beiden nun schon mit dem Programm durch Deutschland. "Ich bin froh, dass er da ist", sagt Brückner und meint damit Kobayashi, denn: "Die ganze Zeit nur lyrische Texte, das hält ja keiner aus!"

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