Ebersberg:Fremde Flaschen

"Ich wollte feiern": Ein Mann hat aus einem Laden mehrere Champagnerflaschen geklaut. Vom Gericht erhält er eine Bewährungsstrafe - trotz seiner Vorstrafen.

Wieland Bögel

Seine Feierlaune hat einen Münchner als Angeklagten vor das Ebersberger Amtsgericht gebracht. Der Mann hatte im vergangenen Sommer aus einem Geschäft im nördlichen Landkreis mehrere Champagnerflaschen entwendet.

Diesen Tatbestand gab der Angeklagte vor Gericht offen zu. Auch ein Motiv für den Diebstahl konnte er nennen: "Ich wollte feiern". Sein kärglich bemessenes Geld wollte er dafür aber nicht opfern, deshalb habe er aufs Bezahlen verzichtet. "Das Geld ist bei mir knapp", so der Angeklagte, der angab, trotzdem nie Sozialhilfe beantragt zu haben: "Ich habe auch meinen Stolz", sagt er.

"Diese Art Stolz kann einen ins Gefängnis bringen", kommentierte Amtsrichterin Susanne Strubl. Diese Tatsache dürfte dem Angeklagten bewusst sein, denn der Münchner ist seit mehr als 30 Jahren gewissermaßen Stammgast bei Gericht. Insgesamt 28 Vorstrafen hat er seit seiner ersten Verurteilung im Jahr 1978 angesammelt, die meisten wegen Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug. Dafür saß der Angeklagte auch schon mehrfach im Gefängnis.

"Raus aus dem Gefängnis, und gleich wieder zurück", so sei das Leben des Angeklagten in den vergangenen Jahren abgelaufen, so Strubl nach der Verlesung des Vorstrafenregisters. "Ich verstehe nicht, wie man sein Leben so gering schätzen kann. Wenn man es streng nimmt, kann ich Sie heute aus dem Stand gleich wieder einsperren", so die Richterin. Ob er vorhabe, ein solches Leben weiterzuführen, fragte sie den Angeklagten.

Dieser zeigte sich einsichtig. Er habe "die Schnauze voll" davon, ständig mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, so der Angeklagte. Aber er versuche, sich zu bessern. Vor Kurzem habe er einen neuen Job als Handwerker gefunden. Für sein langes Vorstrafenregister gebe es einen Grund: "Leider habe ich manchmal einen Knall", so der Angeklagte, aber "wenn ich arbeite, habe ich keine Zeit mehr dafür".

Der Staatsanwalt wertete die Einlassungen des Angeklagten positiv. Er habe eine neue Beschäftigung gefunden, diese Chance auf ein geregeltes Leben wolle man ihm nicht verbauen. Deshalb beantragte die Staatsanwaltschaft trotz der "ganzen Bände an Vorstrafen" eine achtmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung. Als pädagogische Maßnahme wurde aber gleichzeitig eine Bewährungszeit von fünf Jahren beantragt, zudem soll der Münchner 1500 Euro in monatlichen Raten von 50 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. So könne man den Angeklagten über einen längeren Zeitraum an seine Bewährung erinnern, "und daran, dass er besser keine Straftaten mehr begeht", wie der Staatsanwalt sagte.

Diesem Antrag gab das Gericht statt. "Vielleicht ist der neue Job ein Antrieb, Ihr Leben in den Griff zu kriegen", meinte Richterin Strubl und gab dem Münchner eine dringliche Warnung mit auf den Weg: "Es ist viel zu viel vorgefallen, damit muss Schluss sein, denn die Strafen werden immer höher."

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