Ebersberg:Eine Stadt verändert ihr Gesicht

In Ebersberg stehen viele Geschäfte leer - die Befürchtungen, das E-Einz schade dem Einzelhandel, scheinen sich zu bewahrheiten. Doch Martin Freundl vom Bund der Selbstständigen warnt vor voreiligen Schlüssen

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Der Blick durch das verschmierte, staubige Schaufenster fällt auf alte Möbel, die herumstehen, so als hätte jemand den kleinen Laden unter den Arkaden in der Heinrich-Vogl-Straße überstürzt verlassen. Einige Schritte weiter die nächste Lücke: dreckige Scheiben, nichts dahinter außer gähnende Leere.

Es sind nicht die beiden einzigen ungenutzten Geschäftsflächen in der Ebersberger Innenstadt: In der Ulrichstraße oder der Sieghartstraße findet man sie genauso wie in der Bahnhofstraße, wo bis vor einigen Monaten ein Brillenladen und ein Fotogeschäft Kundschaft anlockten. Und jetzt macht auch noch das "Medium" seine Türen zu, das Modehaus Schug, zu dem es gehört, verlegt die Abteilung ins Haupthaus in die Eberhardstraße.

Dass den kleinen Geschäften die Kunden weg bleiben, weil diese sich im E-Einz zentrieren, das war die Angst vieler Gewerbetreibender, als das Einkaufszentrum vor etwa drei Jahren eröffnete. Kleider, Schuhe, Drogerieartikel, Spielzeug und einiges mehr gibt es dort. Nun liegt, angesichts der leeren Schaufenster in der Innenstadt, der Schluss nahe, dass sich die Befürchtungen bewahrheiten. Doch die Sache sei komplizierter, sagt zumindest Martin Freundl. Der Bäcker ist Vorsitzender des Ebersberger Gewerbeverbandes BDS, kennt viele Geschäftsleute aus der Kreisstadt persönlich, und kennt auch ihre Probleme. Dass das E-Einz für manche dazu gehört, will er nicht abstreiten, schiebt aber hinterher: "Da muss man schon den Einzelfall anschauen, der Leerstand kann ganz verschiedene Ursachen haben". Als da wären: "Umzug, Ruhestand oder auch persönliche Gründe".

Doch es gebe auch strukturelle Probleme, die Betreiber kleiner Läden dazu zwängen, die Türen zu schließen. Fehlende Parkplätze zum Beispiel. "Viele Kunden sind bequem, die wollen direkt vor dem Laden parken", sagt Freundl. Das sei möglicherweise auch einer der Gründe, warum sich unter den Arkaden kein Gewerbetreibender mehr einmieten wolle. Dieses Problem sei allerdings nicht neu, betont Freundl.

Josef Riedl, stellvertretender Bürgermeister und selbst im Einzelhandel tätig, spricht ein weiteres Problem an: "Die Geschäftsflächen sind oft zu klein. Inzwischen wollen auch die kleineren Händler 150 bis 200 Quadratmeter Fläche". So war es auch beim Fernseh-Fachhändler Rothmayer, der bis vor einiger Zeit in der Baldestraße ansässig war. Auch er verlegte seinen Standort, die rund 80 Quadratmeter reichten ihm nicht mehr aus.

Mit den leeren Schaufenstern ändert die Stadt ihr Gesicht. Alles trifft sich im E-Einz, Alt und Jung essen dort Eis, zu Stoßzeiten drängen sich die Einkaufswilligen auf den Rolltreppen. Damit habe sich auch die "Fließrichtung" der Kunden geändert, sagt Riedl: Weiter als in die Altstadtpassage kämen potenzielle Käufer oft gar nicht. Und fehlen so in der Bahnhofstraße oder unter den Arkaden.

Natürlich habe sich durch das E-Einz der "Konkurrenzkampf" verschärft, so Riedl. Aber: Das Einkaufszentrum könne auch positive Auswirkungen auf den Rest des Einzelhandels haben, schließlich locke es neue Kunden nach Ebersberg. Riedl sieht das E-Einz mehr als Ergänzung, denn als existenzielle Bedrohung, und verweist auf München, um das zu belegen: "Dort gibt es ja schon lange riesige Einkaufszentren und die kleinen Läden existieren trotzdem noch."

Auf die Frage, ob es überhaupt Interessenten für die freien Flächen gebe, hält sich Riedl bedeckt: "Da laufen Gespräche", sagt er nur. Wer weiß also, vielleicht wird auch hinter den staubigen Schaufenstern irgendwann wieder die Kasse klingeln.

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