Ebersberg:Eine Frage der Menschlichkeit

Die Senioren-Union diskutiert mit Staatssekretär a.D. Rudolf Kraus die gerechte Rente

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

"Anständige Renten sind eine Frage des humanen Umgangs und nicht der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit", donnert Rudolf Kraus, ehemaliger parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Auf Einladung der Kreisvorsitzenden der Senioren-Union (SEN), Renate Schaumberg, eröffnete Kraus mit seinem Vortrag eine Diskussionsrunde im Gasthaus " Ebersberger Alm".

Thema der Veranstaltung sind die Renten, Altersarmut und das Vorurteil, dass Rentner auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung leben. "Der Grundgedanke ist doch, dass die arbeitende Generation für die noch nicht und nicht mehr arbeitenden Generationen sorgt", sagt Kraus. Das habe schlichtweg etwas mit Verteilung zu tun. Unter einem Banner mit dem Motto der Senioren Union "Erfahrung gestaltet Zukunft" kommt die Diskussion in Gang. Die meisten Fragen drehen sich nicht unbedingt um die eigene Rente, sondern drücken Besorgnis für die Zukunft aus. "Was kann ich meinem Sohn empfehlen?", fragt beispielsweise ein Herr. "Wie lange dauert es noch, bis in den neuen Bundesländern und hier die Rentenerhöhung gleichmäßig abläuft?", fragt ein anderer. "Sollte man die Beiträge für die Riester-Rente stilllegen?", ist eine weitere Frage.

Kraus antwortet, wo er kann. "Natürlich bin ich kein Rentenfachmann", schickt er voraus, aber er empfiehlt allen, sich frühzeitig vorzubereiten. "Ich bin da konservativ: Eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung würde ich jedem empfehlen." Und: "Die eigenen vier Wände sind immer noch die beste Versicherung."

Viel zu wenig diskutiert sei das Thema, "weil sich die negative Entwicklung schleichend vollzieht", so der Vorwurf von Kraus. Selbst in der Senioren-Union sei der Rentenverfall nicht das ganz große Thema, weil die Mitglieder zu großen Teilen nicht zu den Armen gehören. Dennoch: In Luxemburg gebe es zwei- bis dreimal so viel Rente. Auf das Raunen, das im Raum aufkommt, reagiert Kraus mit dem Einwurf, dass Luxemburg ja ein kleines Land sei. Aber selbst in Österreich seien die Renten deutlich höher. "Die normalen Renten liegen in Deutschland bei ungefähr 800 Euro - das ist eine Schande", schimpft Kraus.

"Sehr kämpferisch" sei Kraus, sagte Renate Schaumberg bereits in ihren einführenden Worten über den ehemaligen Staatssekretär. Und so gestaltet sich der Abend. Kraus ist klar in seinen Thesen, auch wenn diese sich inzwischen in manchem von der CSU unterscheiden. "Jemand, der 45 Jahre gearbeitet hat, sollte das Recht haben, in Rente zu gehen", sagt er beispielsweise. "Da stehe ich heute noch dazu, auch wenn sich die CDU inzwischen davon entfernt hat." Das sei auch möglich, sofern eine "g'scheide Gewerkschaft" vorhanden sei: Bei der IG Metall und der IG Chemie beispielsweise sei in den Tarifverträgen festgehalten, dass man Zuschüsse und Erleichterungen im frühzeitigen Ruhestand bekommt. "Natürlich geht es dabei um politische Macht", so der 74-Jährige.

Entschieden distanziert Kraus sich von der Ansicht, Flüchtlinge könnten negative Konsequenzen für die Renten haben. Es komme einfach darauf an, wie die Integration laufe und darauf, wie sich das Arbeitsverhalten entwickle. "Aus heutiger Sicht haben sich beispielsweise die Russlanddeutschen nicht als Belastung für die Rentenkassen herausgestellt." Er bedauert, dass Themen wie die Rente stark hinter andere Themen, "zuerst Griechenland, jetzt die Flüchtlinge", angestellt würden. "Wenn die populistischen Parteien vor den Wahlen was reißen wollen, dann werden sie dieses Thema aufnehmen", prophezeit er.

Der Ebersberger CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber, selbst 43 Jahre alt, verweist auf den Generationenpakt der Union, für den er sich engagiert habe. "Ich glaube, die damaligen Ansätze waren sehr gut." Die Frage, die er an Kraus stellt lautet: "Was kann die heutige Politik für die künftigen Rentner machen?" Kraus' Antwort korrigiert die Wortwahl: Es gehe darum, was man tun muss. Nämlich den Wohlstand anders verteilen. "Man hat die Riester-Rente genommen und damit keine paritätische, sondern eine asymmetrische Verteilung begünstigt." Das müsse schleunigst rückgängig gemacht werden.

Seinen Vortag beendet Kraus schließlich selbstironisch mit den Worten: "Machen wir Schluss, ein Rentner hat nicht so viel Zeit!"

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