Ebersberg:Ein Leben nach dem Schlaganfall

Willi Daniels DIG  (Schlaganfall)

Sein eigener Schlaganfall liegt 20 Jahre zurück, seitdem hat Willi Daniels vielen anderen Betroffenen geholfen, ihr Schicksal zu meistern.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Willi Daniels will mit seinem eigenen Beispiel anderen Hoffnung machen

Als Willi Daniels in einer Silvesternacht vor 20 Jahren einen Schlaganfall erlitt, brach für ihn und seine Familie die Welt zusammen. Mit großen Sprachproblemen und Störungen in der Feinmotorik rechts lag er - nach nicht erfolgter Schlaganfallbehandlung in einer Klinik in Nordrhein-Westfalen - zuhause und haderte mit seinem Schicksal. Doch nach mehr als zwei Monaten wurde ihm klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Er raffte sich auf und errichte schließlich mehr, als er sich jemals vorstellen konnte - für seine eigene Genesung, aber auch für andere Leidtragende, für die er zahlreiche Projekte ins Leben gerufen hat. Zum Weltschlaganfalltag am 29. Oktober drückt er nun die Hoffnung aus, dass sein Beispiel anderen Mut machen kann.

Denn zunächst sah es auch für Daniel gar nicht gut aus: Er litt unter Sprachstörungen, großen Defiziten im Kurzzeitgedächtnis und feinmotorischen Problemen in der rechten Hand, dennoch nahm er seine Rehabilitation in Angriff. Er informierte sich zum Thema Schlaganfall, mischte sich unter Leute, suchte das Gespräch und verbesserte seine Feinmotorik, indem er sich hinsetzte und mit der gehandicapten rechten Hand ein Buch schrieb. Gleichzeitig nahm er Kontakt zur Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe auf und ließ sich überreden, eine Selbsthilfegruppe im Landkreis zu gründen.

Noch heute ist er stolz, seine Rehabilitation ohne fremde Hilfe einer Rehaklinik, ambulanten Logopäden und Ergotherapeuten erfolgreich gestaltet zu haben. Danach begann Daniels, sich für andere Betroffene bundesweit mit eigenen Projekten zu engagieren. Oft hörte er damals von Mitbetroffenen, dass sie sich kaum aus dem Haus trauen, weil sie sich im Notfall nicht bemerkbar machen könnten. Eine Ausrede, dachte sich Daniels und rief das Projekt "Handy als mobile Notrufsäule" 1999 ins Leben. Er verschenkte bundesweit an die 1000 Handys und gab damit Betroffenen die Sicherheit, im Notfall einen Notruf absetzen zu können. Er startete die Aktion "Computer für den Schlaganfall" und verschenkte ebenfalls bundesweit PCs an Betroffene, mit dem Ziel einer Vernetzung per Internet untereinander. Für beide Projekte wurde er mit dem erstmals im Jahr 2001 ausgeschriebenen Ehrenamtspreis der Deutschen Schlaganfall-Hilfe ausgezeichnet. Auch im Landkreis war man auf ihn aufmerksam geworden, und so bat ihn ein Mitbegründer des Ärztenetzwerkes Invade, sich in diesem Projekt einzubringen.

2011 entschloss er sich, Social Media als Plattform für eine Schlaganfall-Selbsthilfe online zu nutzen. Damit ist er Pionier und wurde für die erfolgreiche Gründung und Administration einer Schlaganfall-Gruppe in Facebook mit dem Motivationspreis Deutschland 2014 ausgezeichnet. Die Gruppe werde außerordentlich gut angenommen und habe eine Stärke von etwa 5300 Mitgliedern, berichtet er. Dort sind aber nicht nur Betroffene und Angehörige, sondern auch Interessierte und Therapeuten. Dieses erscheint ihm sehr wichtig, denn beide Seiten könnten voneinander profitieren. Um die Qualität und Attraktivität der Online-Gruppe zu verbessern schrieb er erstmalig in diesem Jahr den "Deutschen Innovationspreis - Selbsthilfe Online" aus, dessen Preisverleihung im November in Ebersberg stattfindet.

Darüber hinaus betätigt sich Daniels als Referent für namhafte Weltfirmen aus dem Pharmabereich, Institutionen aus dem Gesundheitssektor und im Bereich der Selbsthilfe. Um das Wissen bei den Betroffenen und Angehörigen zu verbessern, bringt er sechsmal im Jahr ein Schlaganfall-Magazin heraus.

2016 kam er der Bitte des Landratsamtes nach, im Gesundheitsforum der Gesundheitsregion Plus im Landkreis Ebersberg als Mitglied und Vertreter der Patienten seine Erfahrungen einzubringen. Und damit nicht genug, erst vor einigen Wochen erhielt er eine Anfrage zwecks Mitarbeit im Beirat eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes im Bereich Schlaganfall, die ihn aus der Charité in Berlin - eine der größten Universitätskliniken Europas - erreichte. Selbstverständlich habe er gerne zugesagt, berichtet er.

Dieses Engagement, so sagt Daniels, war und ist die beste Rehabilitation und lenkt zugleich ab, an den eigenen Schlaganfall zu denken, der mittlerweile für ihn abgehakt ist. Leider bekam er vor kurzem eine weitaus schlimmere Diagnose als es der Schlaganfall für ihn war, gestellt. Doch schon steht für ihn fest, den Kampf gegen die neue unheilbare Krankheit durch ein weiterhin starkes Engagement aufzunehmen, denn nur durch Setzung von Zielen kann nach Meinung Daniels ein Erfolg eintreten.

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