Ebersberg:Drei geschlagene Jahre

Das Amtsgericht Ebersberg verurteilt einen 27-Jährigen zu 6000 Euro Geldstrafe. Seit 2013 hat er seine Freundin im Streit mehrmals körperlich misshandelt

Von Max Nahrhaft, Ebersberg

"Völlig normale Beziehungsstreitigkeiten." So beschrieb der Angeklagte die dreifache Körperverletzung, die ihm am Ebersberger Amtsgericht vorgeworfen wurde. Über einen Zeitraum von zwei Jahren hatte er seine damaligen Lebensgefährtin mehrfach verletzt und geschlagen. Er selbst sieht die Vorfälle weniger dramatisch. "Solche Auseinandersetzungen gibt es doch bei anderen Paaren sicher auch", sagte der 27-Jährige. Das Gericht war anderer Ansicht und verurteilte den Landschaftsgärtner aus dem südlichen Landkreis zu einer Geldstrafe von 6000 Euro ohne weiteren Freiheitsentzug.

Der erste Vorfall ereignete sich im September 2013 nach einem Streit mit seiner damaligen Freundin: Nachdem sie mit ihrem gemeinsamen Kind im Auto wegfahren wollte, schlug er in Rage die Fahrertür zu, ohne darauf zu achten, dass sie noch den Fuß im Rahmen hatte. Er beteuerte jedoch, dass er sie zu keinem Zeitpunkt verletzen wollte, es sei nur eine Meinungsverschiedenheit gewesen. Diese hatte allerdings schwerwiegende Folgen: Im Krankenhaus stellten die Ärzte fest, dass die Autotür einen Haarriss im linken Mittelfuß verursacht hatte. "Das war ein Unfall, der mir auch Leid tut", sagte der Angeklagte, der auf einen Anwalt verzichtete. "Ich wollte einfach, dass sie bei mir bleibt."

Der zweite Zwischenfall, den die Exfreundin zur Anzeige brachte, ereignete sich wenige Monate später in der gemeinsamen Wohnung. Die beiden hatten eigenen Angaben nach oft und gerne Alkohol getrunken, wodurch Streitigkeiten immer häufiger in Tätlichkeiten ausarteten. Ein gemeinsames Abendessen mit dem Bruder des 27-Jährigen führte so zum Disput. Die Freundin soll dem Angeklagten dabei zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben, dieser empfand das als Affront und packte sie an den Armen. Daraufhin kratzte sie seine Unterarme mit ihren Fingernägeln auf, bis er den Handgreiflichkeiten ein Ende setzte. Er nahm sie an den Handgelenken und drückte sie auf den Boden, wo er sein Knie auf ihre Wirbelsäule presste. "Ich bin am Tag darauf ins Krankenhaus gegangen und habe gelogen, um ihn zu schützen", sagte sie. So wurde aus der Körperverletzung offiziell ein Treppensturz, die Freundin konnte tagelang nicht mehr eigenständig aufstehen oder gehen.

Im Oktober 2016 gipfelte das Ganze in einem Gewaltakt: Auslöser waren diesmal die Kosten für eine Zahnspange der Tochter. Nachdem der Angeklagte den Preis erfuhr, geriet er in Rage und haute den Küchentisch in Trümmer. Mit einem massiven hölzernen Tischbein, das sich gelöst hatte, schlug er der Freundin auf den Oberschenkel. Außer einem großen blauen Fleck erlitt sie zwar keine äußeren Verletzungen, doch sie hatte genug von ihm und zog aus. "Das waren alles keine Einzelfälle mehr", so die Freundin, "es kam auch mal vor, dass er mir betrunken um drei Uhr nachts die Bettdecke weggezogen hat, wenn die Zigaretten leer waren. Wenn ich keine neue Schachtel geholt habe, schlug er mich."

Der Angeklagte gestand seine Taten, sah sich aber nicht allein als Schuldigen: Auch seine Freundin habe immer wieder Auseinandersetzungen provoziert und sei des Öfteren körperlich übergriffig geworden, deswegen sah er das Urteil als "zu brutal" an. Die Sitzung endete mit den letzten Worten des Angeklagten: "Ich bin verwirrt. Warum soll ich 6000 Euro zahlen, obwohl ich nichts getan habe? Kann ich da was machen, wenn ich mir einen Anwalt nehme?" Seine Mutter, die als Zeugin geladen war, rief dazwischen: "Junge, das Urteil nimmst du bitte nicht an."

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