Ebersberg:Dreck im Schachterl

Volksfest Abwasser Container

Da steht er und müffelt. Der Abwassercontainer wird wohl auch in den kommenden Jahren am Volksfest aufgestellt werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dass es auch heuer wieder einen Fäkal-Container am Volksfest gibt, ärgert die Anwohner. Doch diese werden sich daran gewöhnen müssen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Das Verhältnis zwischen Nachbarn unterliegt gewissen Schwankungen. Besonders, wenn man Nachbar einer Festwiese ist, da kann es gelegentlich etwas unruhig werden. In Ebersberg kommt seit dem vergangenen Jahr noch eine Geruchsbelästigung dazu: Weil sich herausstellte, dass die Gruben unter dem Platz nicht ausreichen, wird das Brauchwasser von Küchen, Buden und Toiletten in einem Container gesammelt, was den Anliegern stinkt. Zumindest bleibt der Trost, dass der Container nur für die zehn Volksfest-Tage aufgestellt wird - dies dafür aber vielleicht noch jahrelang.

"Bei uns ist seit Tagen alles zu", sagt Anwohnerin Michaela Kugler, "draußen stinkt es wie Sau." Besonders während der vergangenen heißen Tage habe der Container stetig "einen sauren S...-Geruch" verströmt, "draußen sitzen geht gar nicht". Und das, obwohl diesmal der Gestank im Container bleiben sollte. Dazu wurde eine Plane angebracht, der Erfolg sei allerdings gleich Null, findet Kugler. Etwas besser schneidet die neue Maßnahme bei Günter Obergrusberger ab, der CSU-Stadtrat ist Leiter der BRK-Bereitschaft am Volksfest. Die hat ihren Platz nicht weit vom Container, vergangenes Jahr gab es Beschwerden der Retter über den Geruch. Heuer "riecht man ihn schon noch", aber es sei "deutlich besser als letztes Jahr", so Obergrusberger, "wenn in der Nähe geodelt wird, das riecht schlimmer".

Doch eigentlich sollten die Abwässer heuer gar nicht zu riechen sein, sie sollten über einen Schlauch in den Kanal gepumpt werden. So war es bis wenige Wochen vor dem Volksfest auch noch kommuniziert worden. Dass es dazu nicht kam, liegt offiziell an der ungeklärten Frage, ob die Schlauchbrücke ein Provisorium nur fürs Volksfest ist oder als echter Kanalanschluss für den Volksfestplatz gelten kann. In letzterem Fall könnten der Stadt ungünstigstenfalls Erschließungsgebühren von einigen 100 000 Euro entgehen.

Um dies zu verhindern, seien drei Dinge nötig, sagt Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU): "Es muss temporär sein, es darf nicht von der Stadt gemacht werden und wir müssten eine Vereinbarung mit den Eigentümern treffen." Diese jedoch sei nicht zustande gekommen, so der Bürgermeister, ohne über den Inhalt zu sehr ins Detail gehen zu wollen. Über Details möchte auch Martin Otter von "Otter und Wamsler GmbH &Co.KG", den Eigentümern des Platzes, nicht sprechen. Er bestätigt allerdings, dass man unter anderem um die Erschließung nicht handelseinig geworden ist.

Doch diese ist offenbar nur ein Aspekt der Unstimmigkeiten. Letztlich geht es um deutlich mehr, nämlich um die Entwicklung von zwei Hektar Grund in bester Stadtlage - und wer entscheidet, wann und wie dort etwas geschieht. Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erfahren ist, dreht sich der Konflikt um die Frage, welchen Status der 14 000 Quadratmeter große Festplatz und das zum gleichen Grundstück gehörende 6500 Quadratmeter große landwirtschaftlich genutzte Areal im Süden davon erhalten soll. Die Eigentümer seien der Auffassung, die Flächen seien wegen der Wohnhäuser im Norden und Südwesten Bauland. Die Stadt hingegen soll die Gegenposition vertreten, wonach der Platz gegenwärtig nicht bebaubar sei, und von den Eigentümern auch eine entsprechende Erklärung verlangt haben.

Dazu passt ein halböffentlich ausgetragener Dissens zwischen Eigentümern und Stadt aus dem Jahr 2014. Damals hatten erstere erklärt, den Pachtvertrag nicht verlängern zu wollen. Laut Bürgermeister ging es um mehr Einfluss auf die Nutzung des Platzes seitens der Eigentümer. Er verwies auch darauf, dass, egal wie die Sache ausgehe, eine Bebauung in absehbarer Zeit nicht zur Debatte stünde. Schließlich habe man erst kürzlich den Flächennutzungsplan überarbeitet und darin das Areal als "Festplatz" definiert. Flächennutzungspläne gelten meist 15 Jahre, und auf einen solchen Zeithorizont hatte man sich schließlich auch im neuen Pachtvertrag festgelegt. Er läuft bis 2027, etwa 69 000 Euro ist der Stadt der Volksfestplatz pro Jahr wert.

Was danach passiert, ist offen, Pläne für eine Bebauung liegen aktuell keine vor. Allerdings gilt als sicher, wie diese aussehen wird: Größe und Lage - direkt am Bahnhof, an der Wasserburger Straße und keine 500 Meter vom Marienplatz - machen das Grundstück interessant für verdichteten Geschosswohnungsbau. Und hier wird die Frage nach dem Baurecht wichtig: Je nachdem, ob es bereits besteht oder durch die Stadt erst geschaffen werden muss, hängt ab, wer auf die Entwicklung wie viel Einfluss nehmen könnte. Neben städtebaulichen und ästhetischen Aspekten des neuen Viertels geht es dabei auch um eine Menge Geld. Schließlich steht zu erwarten, dass sich die Kommune die Schaffung von Baurecht entgelten lassen würde, etwa in Form von Sozialwohnungen oder dem Bau von Einrichtungen wie Kindergärten.

Hinzu kommt, dass der Stadtrat bereits im vergangenen Jahr einstimmig gegen einen - auch provisorischen - Kanalanschluss gestimmt hatte. Dass der nächste Stadtrat und ein neuer Bürgermeister, die Anfang 2020 gewählt werden, anders entscheiden, ist unwahrscheinlich, sollte es keinen überraschenden Durchbruch in den Verhandlungen geben. Und wer weiß, sollte der Pachtvertrag 2027 erneut verlängert werden, haben die Anlieger vielleicht noch zehn weitere Jahre ganz wörtlich den Dreck im Schachterl - wenn auch nur zehn Tage im Jahr.

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