Ebersberg:Die Papiere, bitte

Ein Senegalese steht vor Gericht, weil er sich keinen Pass beschafft

Von Sandra Langmann, Ebersberg

Was passiert mit einem Menschen, wenn der Asylantrag abgelehnt wird, der Asylbewerber aber nicht abgeschoben werden kann? Anscheinend gibt es dafür noch keine Regelung, wie ein Prozess im Ebersberger Amtsgericht zeigt.

Einem 32-Jährigen aus Senegal wurde laut Anklageschrift vorgeworfen, gegen das Aufenthaltsrecht zu verstoßen. Sein Asylantrag wurde 2016 abgelehnt und daher soll er in sein Herkunftsland abgeschoben werden. Das Problem ist aber, dass der Angeklagte keinen Reisepass besitzt und somit nicht ausreisen kann. Damit die Botschaft in Deutschland ihm einen Pass ausstellen kann, benötigt diese einen Identitätsnachweis aus dem Heimatland des 32-Jährigen. Das Dokument kann aber nur vor Ort beantragt werden. Dafür müssten eine Vertrauensperson oder ein Verwandter des Mannes zu den Behörden fahren. Doch das gestalte sich nach Aussagen des Verteidigers als äußerst schwierig. Der Mann habe zwar eine Schwester, die dort lebe, diese habe aber keine Zeit, die Identitätspapiere zu beschaffen. Der Verteidiger ergänzte, dass sein Mandant zudem nur ein Duldungsrecht und keinen Aufenthaltstitel habe, der ihm aber zustehe.

Vor Gericht stand der Senegalese nun, weil ihm vorgeworfen wurde, sich keine Mühe bei der Beschaffung der Papiere zu geben. Schon häufig sei er von der Ausländerbehörde ermahnt geworden, diese vorzulegen. Bislang ohne Erfolg. Der Verteidiger erklärte, dass sein Mandant alles getan habe, was von ihm verlangt wurde. Er sei bei der senegalesischen Botschaft vorstellig geworden, um dort mitzuteilen, dass seine Schwester nicht in der Lage wäre, die Papiere beizubringen. Eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde, die als Zeugin geladen war, gab jedoch an, den 32-Jährigen deshalb auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht zu haben, einen Vertrauensanwalt zu bestellen, der sich um die Papiere kümmert. Bei mittellosen Personen würden die Kosten von der Behörde übernommen.

Der Angeklagte behauptete jedoch, dass er diese Information nicht erhalten habe und deshalb davon ausgegangen sei, den Vertrauensanwalt selber bezahlten zu müssen. Das aber könne er sich nicht leisten. Die Zeugin konnte sich an den genauen Ablauf des Gespräches nicht mehr exakt erinnern, in der Regel erwähne sie aber die Möglichkeit der Kostenübernahme. Die Bedingung wäre jedoch, dass die Behörde den Vertrauensanwalt stellt. Dem wollte der Angeklagte jedoch nicht zustimmen. Dadurch fühlte sich die Zeugin in ihrer Vermutung bestätigt, dass der Angeklagte die Papiere nur deshalb nicht besorge, um nicht abgeschoben zu werden. Bereits vier Mal habe die Zusammenarbeit mit einem Anwalt in Senegal sehr gut geklappt.

Auch vor Gericht verhielt sich der Senegalese bei der Suche nach weiteren Möglichkeiten nicht besonders kooperativ. Obwohl ihm nachgewiesen werden konnte, dass er seine Mutter bis 2013 finanziell unterstützt hatte, behauptete er, keinen Kontakt mehr zu ihr zu haben und nicht zu wissen, wo diese wohne. Auch die Frage, ob denn die Schwester Kontakt zur Mutter pflege, ließ er unbeantwortet. Richterin Vera Hörauf schloss sich deshalb der Auffassung der Staatsanwaltschaft an, dass sich der 32-Jährige seiner Abschiebung widersetze. Sie verurteilte ihn zu 120 Tagessätzen á 5 Euro, auch muss er die Kosten des Verfahrens tragen. Sein monatliches Einkommen von 160 Euro, seine Unterbringung in einer Unterkunft und die fehlende Arbeitserlaubnis wurden laut Hörauf bei der Urteilsverkündung berücksichtigt und milderten das Strafmaß. Wie die Papiere nun beschafft werden sollen, blieb allerdings offen.

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