Ebersberg:Die letzten Tage nicht allein

Ebersberg: Der Pfarrverband Vaterstetten nimmt nun an einem Pilotprojekt zur Begleitung Kranker und Sterbender teil.

Der Pfarrverband Vaterstetten nimmt nun an einem Pilotprojekt zur Begleitung Kranker und Sterbender teil.

(Foto: Christian Endt)

Viele Pfarrgemeinden bieten Seelsorge für sterbende Menschen und deren Angehörige an. Doch die Nachfrage ist gering. Ein Pilotprojekt soll genau das jetzt ändern, beteiligt ist auch der Pfarrverband Vaterstetten

Von Anselm Schindler, Ebersberg

"Viele Menschen sterben versteckt, verlassen und allein", ist sich Gerd Jansen, Diakon der katholischen Pfarrgemeinde in Vaterstetten sicher. "Wie kann man ihnen Beistand leisten?" Diese Frage stellt sich der Diakon schon länger. Um sie zu beantworten und konkrete Strategien zur Unterstützung von sterbenden Menschen und deren Angehörigen zu erarbeiten, nimmt der Pfarrverband Vaterstetten "Zum kostbaren Blut Christi" nun am "Pilotprojekt zur Begleitung Kranker und Sterbender in Pfarreien" teil. Das Erzbischöfliche Ordinariat München hat die Initiative angestoßen, neben Vaterstetten beteiligen sich noch drei weitere Pfarreien und Pfarrverbände aus dem Raum München.

Der Startschuss für das Projekt fällt pünktlich zu Ostern, bis Ostern 2017 sollen Ergebnisse vorliegen. Diese werden anschließend in einem Werkbrief veröffentlicht und so allen Gemeinden zugänglich gemacht. Gefördert wird das Pilotprojekt vom Erzbischöflichen Hospiz- und Palliativfonds mit 15 000 Euro.

"Es ist gar nicht so leicht, an die heranzukommen, die Hilfe benötigen, oft ist auch die Hemmschwelle hoch, sich Hilfe zu holen", sagt Sabine Soskowsky. In Aschaffenburg hat Soskowsky eine Ausbildung zur Hospizbegleiterin gemacht, seit langem ist sie im Ebersberger Hospizverein tätig. Oder besser: Kaum tätig, "es kommen einfach fast keine Anfragen" erklärt die Hospizbegleiterin. Was aber wohl nicht daran liege, dass es keinen Bedarf gebe.

Das will sie nun im Rahmen des Projektes ändern.

Viele Angehörige und alte Menschen mit wenig Bezugspersonen stünden oft alleine da mit dem Abschied-Nehmen, bestätigt Herbert Sattler, der als Pfarrgemeinderatsmitglied ebenfalls an dem Pilotprojekt mitwirkt. Er findet es besonders wichtig, "den Menschen Hoffnung zu vermitteln, Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Man kriegt den Abschied oft erst mit, wenn die Menschen schon tot sind, und dann ist es zu spät", sagt Sattler.

Anfang des Monats haben sich Vertreter der teilnehmenden Pfarrgemeinden zum ersten Mal getroffen, man versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen: Wo ist Hilfe nötig, wie kann man helfen, mit diesen Fragen habe man sich an diesem ersten Projekttag beschäftigt, so Diakon Jansen.

Die Idee zu dem Pilotprojekt entstand bei der Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken und der "Woche für das Leben" im Frühjahr 2015, die sich mit der Diskussion um Sterbehilfe und Möglichkeiten der Begleitung beim Sterben befassten. Dabei sei deutlich geworden, dass sich der Umgang mit Kranken, Sterbenden, pflegenden Angehörigen und Trauernden oft auf das engste private Umfeld oder Fachdienste beschränke, heißt es vom Erzbischöflichen Ordinariat in München. "Sterbende Menschen dürfen aber nicht von der Bildfläche verschwinden, sie sind bis zum Lebensende Teil unserer Gemeinde": Das ist der Schluss, den Diakon Jansen aus dieser Erkenntnis zieht.

Gespannt ist Jansen auf den nächsten Projekttag am 18. April. An diesem Tag wollen sich die Teilnehmer mit Aktiven des Krankenhausbesuchsdienstes treffen. Das Ziel: Sich vernetzen, damit man künftig schneller erkennt, wer seelischen Beistand im Sterbeprozess braucht. Kontakt aufnehmen will man dabei auch zu caritativen Verbänden, Fachleuten und Nachbarschaftshilfen. "Ein informelles Netz aufbauen", formuliert Jansen das Ziel etwas umständlich. Gerade in einer Zeit, in der der familiäre Zusammenhalt schrumpfe, müsse die Pfarrgemeinde kranken und sterbenden Menschen Halt geben, ist er überzeugt. Und das unabhängig von der Religionszugehörigkeit. "Das kann einfach heißen, da zu sein, oder zusammen zu weinen".

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