Amtsgericht Ebersberg:Die Freundin eingesperrt

Ein Auszubildender wird vom Amtsrichter zu Freizeitarrest und einer Geldstrafe verurteilt, nachdem er seine Freundin zuhause eingesperrt hat.

Von Serafine Dinkel, Ebersberg

"Eine glücklich vergebene Frau hat auf Partys und in Discos nichts zu suchen", so der 19-jährige Angeklagte. Bis Mitternacht hatte er seiner Freundin erlaubt, auszugehen - als sie erst morgens nach Hause kam, soll er sie im Streit eingesperrt haben. Einmal befreite sie sich, bei ihrer Rückkehr kam es erneut zur Freiheitsberaubung. Eine besorgte Nachbarin schaltete die Polizei ein. Die Anklage lautete Freiheitsberaubung in zwei Fällen, aber auch Nötigung und Sachbeschädigung: Der Auszubildende habe der Nachbarin mit einem Messer in der Hand gedroht und ihr ins Gesicht gespuckt. Während der Abwesenheit seiner Freundin habe er deren Kleidung zerschnitten.

Vor dem Ebersberger Amtsgericht streitet der 19-Jährige das Einsperren zunächst vehement ab und gibt nur das Zerschneiden der Kleidung und das Spucken zu. "Vielleicht hat sie sich selbst eingesperrt, keine Ahnung". An das Messer kann er sich ebenfalls erst nicht genau erinnern, erst als Richter Dieter Kaltbeitzer eine frühere Aussage des Angeklagten vorliest, fällt es dem 19-Jährigen wieder ein: Er habe es zum Kochen in der Hand gehabt.

Erinnerungslücken und Halbwahrheiten

Erinnerungslücken hat der Angeklagte generell häufig, antwortet auch gerne mit Halbaussagen wie: "Das ist möglich". Je länger sich die Verhandlung zieht, desto respektloser verhält er sich: Lehnt sich zurück, grinst oder schnaubt, wenn die Staatsanwältin spricht. Einer Polizistin, die den aufgelösten Zustand seiner Freundin beschreibt, fällt er ins Wort. Die Beamtein zweifelt die Aussage der Freundin an, die behauptet, ihr Partner habe sie nicht geschlagen. "Warum unterstellen Sie mir das?", ruft er dazwischen. Nach mehrmaligem Stören hat der Richter die Faxen dicke: "Sie sind jetzt still!"

Er habe sich nicht respektiert gefühlt, weil seine Freundin sich nicht an die Abmachung gehalten habe. "Ich bin ein netter Mensch. Aber ich lasse mich nicht gern verarschen". Noch immer ist er mit der Geschädigten zusammen. Wie die Beziehung laufe, fragt Kaltbeitzer, vor dem Gebäude habe er eine Auseinandersetzung mitbekommen. "Locker-flockig", so der Angeklagte.

Der Richter schlägt eine Einigung vor

Bis zur Tat habe er sie immer freundlich behandelt und sei ihr sympathisch gewesen, so die Nachbarin, eine Jugendfreundin des Angeklagten. Ihre Freundin sei auf ihn angewiesen, da sie keinen Kontakt zu ihrer Familie habe. Und: "Sie durfte nur mit mir rumhängen, weil er mich kannte". Dass es zuvor bereits zu Übergriffen gekommen sei, schließt sie nicht aus.

Um die Geschädigte nicht der Belastung einer Aussage und deren möglichen Folgen auszusetzen, schlägt Kaltbeitzer eine Einigung vor: Bei einem Geständnis käme der Angeklagte mit Freizeitarrest und einer Geldstrafe davon. Erst nach mehrmaliger Erklärung willigte dieser ein. Die Staatsanwältin aber fordert zumindest ein aktives Geständnis. Trotzig ringt der Angeklagte sich nach weiterer Überzeugungsarbeit dazu durch: "Sagen wir mal so: Ich hab' sie eingesperrt." Massiv kritisiert der Richter das Verhalten des 19-Jährigen und betont, die Strafe falle nur aus Rücksicht auf die Freundin so milde aus. Sollte gegen sie noch einmal etwas vorfallen, sehe das ganz anders aus, warnt er. Für den Angeklagten ist dies schon der zweite Freizeitarrest.

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