Ebersberg:Der Stierkopf auf dem Turm

Ebersberg: Markus Krammer berichtet im ersten Teil seines Vortrags über die Frühzeit der Klostergeschichte.

Markus Krammer berichtet im ersten Teil seines Vortrags über die Frühzeit der Klostergeschichte.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Markus Krammer berichtet über die Anfänge Ebersbergs

Von Peter Kees, Ebersberg

79 Jahre ist Markus Krammer alt und nach wie vor voller Energie und Leidenschaft für Historisches. Mit einem Vortrag über die tausendjährige Geschichte des Klosters Ebersberg lockte der Kreisheimatpfleger am vergangenen Mittwoch reichlich Publikum ins Evangelische Gemeindehaus. Zwei volle Stunden referierte er über die ersten 165 Jahre - der erste Teil seines zweiteiligen Vortrags, weiter geht's am 9.März. Während Krammer am Mittwoch die Kirche und die Gründungsgeschichte des Ortes - die Zeit von 880 bis 1045 - erläuterte, wird es im zweiten Teil um die Zeitspanne von 1045 bis 1808 gehen.

Zur Einführung gab's zunächst eine virtuelle Führung durch die St.-Sebastian-Kirche via Diashow. Bereits am Bild des Kirchturmes verdeutlichte Krammer die etwa 800 Jahre lange Baugeschichte des Gotteshauses: über dem Ziffernblatt der Turmuhr liegen zwei gotische Stockwerke, darüber eine klassizistische Turmhaube. Darunter eines der bayernweit frühesten Kreuzgewölbe romanischen Ursprungs. Und so geht es weiter durch die Epochen. Auf dem Kirchturm thronte einst ein Stierkopf, erst 1968 war er bei Restaurationsarbeiten wieder aufgetaucht - ein Relikt aus der romanischen Zeit. Und in dem Jahr verließ der Stierkopf auch Ebersberg, der Restaurator nahm ihn einfach mit nach Hause. Dank Krammer hat diese Plastik ihren Platz nun wieder in der Kirche. Krammer intervenierte damals, fuhr persönlich zum Restaurator und rettete die Steinfigur.

Eines seiner Lieblingsobjekt ist das Uhrwerk der Kirche. Nach wie vor ist es weder elektrifiziert noch digitalisiert. Es stammt aus dem Jahr 1650 und wurde 1784 ersetzt. Denn 1781 wütete ein Brand in Ebersberg, der auch die Kirche in Mitleidenschaft zog. Brennende Balken haben damals zwei Menschen erschlagen - selbst die Glocken waren geschmolzen. Ähnlich erging es der Nachfolgeversion der Kirchenglocken, während der beiden Weltkriege wurden sie - diesmal allerdings mit Absicht - erneut eingeschmolzen. Sehr eindrucksvoll ist das Dia eines "Glockensammelplatzes" am Ebersberger Marienplatz aus der Zeit des ersten Weltkrieges. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Ebersberger Sebastiansglocke überraschenderweise in einem Glockendepot in Hamburg wiedergefunden.

Krammer versüßte seinen historischen Vortrag mit hübschen Anekdoten. Auch von Kunstdiebstahl war die Rede: Aus dem Hochgrab in der Kirche wurden einst drei Köpfe herausgebrochen, die sich später in der Isar in München wiederfanden. Krammer hatte, wie er erzählte, noch am Abend vor diesem Fund mit dem ermittelnden Kriminalkommissar Schafkopf gespielt.

Nach der Kirchenführung ging es dann zu den Anfängen von Ebersberg: Die Geschichte beginnt - wie der Ortsname schon verrät - mit einem Eber. Um 880 jagte Graf Sieghart das Tier. Urplötzlich, so die Legende, sei der Eber jedoch verschwunden und wurde deshalb sogar für den Teufel höchstpersönlich gehalten. Jener Graf ließ nach diesem wundersamen Ereignis Holz fällen, baute eine Burg - und gründete Ebersberg. Mit Bildern aus der Ebersberger Chronik, aus der Krammer vorlas, ging es weiter bis ins Jahr 1045. Dreimal griff er dabei zu seiner Zitter und sang, ganz bairisch, Ebersberger Balladen, die zusammenfassten, was sich zugetragen hatte. Markus Krammer ist schließlich nicht nur Kreisheimatpfleger, sondern auch Volksmusiker.

Zur Geschichte des Klosters und des Ortes gehören allerdings auch ein paar makabre Kapitel: Während der Hunnenkriege etwa hat Graf Eberhard 2000 Gefangene in einer Grube bei lebendigem Leib verschütten und darauf einen Berg errichten lassen. Der heutige Rosskopf soll so entstanden sein.

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