Ebersberg:Der Sound der Zukunft

Das Landesjugendjazzorchester Bayern spielt im Alten Kino Ebersberg zum Auftakt des Festivals ein von Enthusiasmus beseeltes Programm

Von Claus Regnault, Ebersberg

Was für eine blendende Idee, das Internationale Jazzfestival Ebe-Jazz 15 mit der Jugend beginnen zu lassen! Schon dafür gebührt den Machern und Organisatoren dieses Festivals Dank und Anerkennung. Ließ schon die Vorgruppe "Jazz-Hipsters" ahnen, was sich da ankündigt (Bericht unten), dann war der nachfolgende Beitrag des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern - Moderatorin Nina Plotzki bezeichnete dieses nicht ohne sanften Widerspruch der Gruppe als "Bande"- nahe der Erfüllung, wenn nicht gar des schon erfüllten Versprechens.

Gleichzeitig beantwortete dieses Orchester die Frage, warum es selbst unter gestandenen Jazzprofis immer die Sehnsucht nach der Big Band gibt. Es ist wohl das Wir-Gefühl, das Gefühl des Aufgehoben-Seins in der Gruppe und in der sicheren Basis eines guten Arrangements. Dieses Wir-Gefühl strahlte aus den Gesichtern der beteiligten Youngsters, wie auch die Lust am Gruppenspiel mit fünf Saxofonen, vier Posaunen, drei Trompeten und den gemeinsam vehement hinaus geblasenen Riff-Statements.

Diese Lust ist Ausdruck des Enthusiasmus, der die werdenden Profis (zum Teil sind sie es schon) beseelt. Hervorgerufen und befeuert auch durch den fast mittanzenden Bandleader und künstlerischen Leiter Harald Rüschenbaum, der wie ein Schachterlteufel die "Bande" beschwörend im Griff hat und durch präzise Einsätze rhythmisch in Bewegung hält.

Das vielseitige Programm der Gruppe war mit ausnehmend fabelhaften Arrangements bestückt, von südamerikanisch - Portugiesischkurs fürs Publikum inklusive - bis klassisch (Count Basie!). Diese Arrangements ermöglichten auch dank der sehr guten Rhythmusmusiker, Korbinian Kugler am Bass und Benny Weiß sowie Korbinian Bauer an Perkussion und Drums, einen perfekten Swing. Und der ging dem Publikum, welches das Alte Kino bis zum Rand füllte, spürbar in die Beine, die Stimmung steigerte sich zum Jubel.

Geradezu triumphal gestaltete sich die Schlussnummer des offiziellen Programms, "La Fiesta" von Chick Corea, die dank ihrer fließenden und leidenschaftlichen 6/8-Bewegung zu einem absoluten Renner geworden ist. Sie begann, wie vom Original vorgesehen, mit einem ausgedehnten Intro am Piano, atemberaubend gespielt und spielend entfaltet von dem wohl schon der Profiliga zuzurechnenden Stephan Plecher und mündend in eine südamerikanisch angehauchte Orchesterorgie, deren interpretatorische Qualität bewies, welcher orchestralen Höhepunkte diese Big Band schon fähig ist. Den Saal des Alten Kinos verwandelte diese Musik in einen Hexenkessel. So gut und locker sind diese Musiker, dass sie auch noch Zeit haben, mit dem Publikum zu flirten und mimische Faxen zu machen. Man könnte sie ohne weiteres auf Reise zu den Jazzmetropolen schicken, damit sie dort die ihnen zustehenden Preise einsammeln können.

Natürlich müsste man die Namen aller Solistenstars dieser Band nennen und sie einzeln würdigen. Aber da man ihnen sicher wieder begegnen wird, kann man es beim Gesamteindruck belassen. Es war das begeisternde Spiel dieser Band, welches den Zuhörern das sichere Gefühl der lebendigen Zukunft des Jazz vermittelte.

Harald Rüschenbaum fand denn auch Dankesworte für den Verband bayerischer Musik- und Singschulen, der dem Jazzorchester diese pädagogische Initiative und damit eine Zukunft ermöglicht. Er freue sich, wieder mal in Ebersberg zu sein, sagte Rüschenbaum, und miteinander ein Stück schöner Lebenszeit zu verbringen.

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