Ebersberg:Der 140.000. Landkreisbürger ist eine Sie

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Landrat Robert Niedergesäß hatte für Hermine Behlendorf, die mit ihren Eltern Sascha und Katja im Landratsamt eingeladen war, eine Hasenpuppe zum Einstand. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hermine ist fünf Monate alt und wohnt in mit ihren Eltern in Ebersberg. Zur Ehrung bringt der Landrat ein besonderes Geschenk mit.

Von Jan Schwenkenbecher

Hübsch hat Anna Hermine, Rufname Hermine - nicht von Harry Potter, sondern aus dem Altdeutschen -, sich heute gemacht, sie trägt ein dunkelblaues Fleecekleid und weiße Söckchen. Neugierig blickt sie vom Arm ihrer Mutter hin und her, beobachtet mit leuchtend blauen Augen den Mann vor ihr, der ihr da ein Geschenk nach dem anderen überreicht. Fünfeinhalb Monate ist sie nun alt, am 4. November 2016 kam sie in der Kreisklinik auf die Welt. Grund genug, am Donnerstagnachmittag ein großes Fest im Landratsamt für sie zu feiern. Denn Hermine ist die 140 000. Landkreisbürgerin.

Der Mann, der ihr da erst eine Hasen-Handpuppe schenkt, dann einen Apfelbaum, einen Body mit dem Landkreis-Wappen, einen Gutschein fürs E-Einz, ein Sparkonto mit 500 Euro von der Kreissparkasse und zuletzt noch eine Flasche alkoholfreien Sekt sowie zwei ebenfalls mit Wappen versehene Gläser - letzteres wohl eher für die Eltern Katja und Sascha Behlendorf - ist Landrat Robert Niedergesäß. "Herzlich Willkommen", begrüßt er die Neu-Ebersbergerin, "wie schön, dass du unsere 140 000. Landkreisbürgerin bist." Hermine allerdings zeigt sich ob der höchst offiziellen Worte gänzlich gelassen, gluckst etwas und untersucht klopfend die Hasenpuppe.

Als die Familie - Mama, Papa, Hermine und ihre fünf und drei Jahre alten Söhne Tom und Lennart, die auch ein paar Geschenke bekamen - am gedeckten Tisch Platz genommen haben, erklärt Niedergesäß, wie sie auf die Behlendorfs kamen: "Wir haben alle Gemeinden kontaktiert und gefragt, wie viele Bürger sie am ersten, am zweiten November und so weiter hatten."

Letztlich kamen sie so auf die Kreisklinik, auf Hermine. Es war dann auch die Klinik, deren Geschäftsführer Stefan Huber auch am Tisch sitzt und einen Strauß Blumen überreicht, die die Familie kontaktierte. "Erst fand ich komisch, dass die Kreisklinik uns anrief und sagte, es gebe ,positive Nachrichten'", sagt Katja Behlendorf, "ich dachte schon, sie hätten einen Hortplatz für uns." Den gab es zwar nicht, dafür aber die Einladung zur Ehrung.

Die schier unmögliche Suche der Eltern nach einer bezahlbaren Wohnung

Den Hortplatz haben sie auch heute noch nicht, hoffen aber, beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) fündig zu werden, da auch die beiden Jungs den BRK-Kindergarten besuchen. Der ist von zu Hause aus gut zu erreichen, die Behlendorfs wohnen in Ebersberg, von Kirchseeon kommend gleich rechts hinterm Ortseingang. "Es ist sehr ruhig drumherum, man kann gut rausgehen", sagt Katja Behlendorf. "Vorne ist zwar die große Straße, da muss man aufpassen." Sie gingen deswegen immer hinten Richtung Kugler Alm. "Wir sind oft auf Spielplätzen", sagt sie, "aber wir sind auch schon mal im Umland unterwegs, in Freizeitparks, Wildparks, Tierparks, ein Mal waren wir auch segeln."

Seit August 2015 wohnen die Behlendorfs in Ebersberg, zur Miete in einem Reihenhaus, vorher wohnten sie in München. "Wir haben etwas im Münchner Osten gesucht", sagt Sascha Behlendorf, "etwas, das noch bezahlbar ist. Dann sind wir hier fündig geworden." Er arbeitet noch immer in München, "Druckindustrie" in der Prinzregentenstraße.

Seit zehn Jahren ist er da. Er pendelt mit dem Auto, das sei stressfreier als mit der Bahn. Um sechs Uhr morgens fährt er los, da ist die Straße noch frei. Katja Behlendorf ist momentan zu Hause, kümmert sich um Hermine. Sie hat als Personalsachbearbeiterin im Landkreis gearbeitet. Im Herbst, wenn Hermine in die Krippe kommt, will sie wieder anfangen. "Wir suchen da in der Klinik gerade", sagt Stefan Huber. "Echt?", fragt Katja Behlendorf nach, "also ich wäre interessiert." Dann sagt irgendwer irgendetwas anderes.

Nach 45 Minuten rennen Tom und Lennart durch den Raum, schieben Stühle, arrangieren die Sitzordnung neu. Hermine setzt den Schnuller an und ist in wenigen Minuten weggedöst. Die Gespräche laufen aus, die Runde löst sich auf. Die Behlendorfs stapeln die Geschenke, haben vorausschauend zu Hause noch den Kofferraum ihres Minivans freigeräumt. Und bald dürften sogar noch weitere Gaben folgen. Denn auch der 130 000. Bürger, Lukas Regler aus Grafing, geboren am 25. Dezember 2011, bekommt noch jedes Jahr ein Geschenk.

Dann müssen die Behlendorfs aber auch los, am Nachmittag besichtigen sie noch eine Kita.

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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