Ebersberg:Brasilianische Klangfarben

Ebersberg: Bassist Paulo Cardoso, im Hintergrund sein "Rückgrat" am Schlagzeug, Drummer Mauro Martins.

Bassist Paulo Cardoso, im Hintergrund sein "Rückgrat" am Schlagzeug, Drummer Mauro Martins.

(Foto: Hinz-Rosin)

Paulo Cardoso Trio öffnet Tür zu einer reichen Musik-Kultur

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Es ist der Abend der Bassisten. Vor dem glanzvollen Konzert, das Ron Carter mit seinen Musikern dem enthusiasmierten Publikum schenkt, erntet zunächst ein anderer Bassist stürmischen Applaus: Paulo Cardoso mit seiner Band The Right Stuff ist anlässlich des Jazzfestivals nach Ebersberg gekommen. Seine Laufbahn ähnelt der Carters. Wie dieser, lernt der in Sao Paulo geborene Brasilianer Cello, bevor er zum Kontrabass wechselt und beschließt, kein klassischer Orchestermusiker zu werden, weil diese Arbeit, so Cardoso, zu wenig Individualität zulasse. Und, ebenso wie Carter, nutzt er seinen Tieftöner gerne auch als Melodieinstrument.

Cardoso lebt schon lange in München und unterrichtet an der dortigen Musikhochschule. Im ehemaligen Schwabinger Jazzclub Domicile ist er Stammgast, dort knüpft er damals die für seine Karriere entscheidenden Verbindungen, trifft die richtigen Leute. Zur Seite stehen ihm im Trio Drummer Mauro Martins sowie Pianist Simon Seidl. Bei seinem Konzert im Alten Speicher wählt er Songs aus dem "Brazilian Songbook". Dieses Repertoire dokumentiert, wie rhythmisch vielfältig, wie figurenreich und sinnlich die brasilianische Musikkultur ist. Sie hat elegischen und dramatischen Charakter, kennt den Choral und die Romanze, afrikanische und portugiesische Einflüsse. Paulo Cardoso lässt sich auf keinen "Stil" festlegen. "Haben Sie Freude mit uns", sagt er eingangs in seinem portugiesisch gefärbten weichen Deutsch. Freude hat er sichtlich selbst an seinem Bass, dessen Klang mal warm und zart, mal hart und perkussiv ausfällt.

Unter anderem hat Paulo Cardoso Stücke von Moacir Santos transkribiert. Er singt und scattet, streicht auf seinem Bass liedhafte Passagen und wechselt unversehens in einen aufpeitschenden, energiegeladenen Rhythmus. Was an dieser Musik so schön ist: Man erkennt Melodien wieder, möchte tanzen und mitsummen. Etwa bei dem Medley, den Cardoso als Hommage an Antonio Carlos (Tom) Jobim spielt und in dem Evergreens wie etwa "The Girl from Ipanema" stecken.

Ein Stück zum Träumen die Ballade, die der Jazzpianist und Komponist Simon Seidl aus Ingolstadt spielt. Dieses Konzert ist ein Beispiel dafür, wie Jazz, Traditionelles und zeitgenössische Klassik einander liebevoll begegnen können - ohne Stil- und Schubladendenken

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