Ebersberg:Blau-Gelb statt Rot-Gold

Lesezeit: 3 min

Tengelmann-Mitarbeiter können im Augenblick nur abwarten, ob das Kartellamt den Verkauf an Edeka absegnet

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Die Tengelmann-Mitarbeiter hängen in der Luft. Nachdem Anfang der Woche bekannt geworden war, dass die Tengelmann-Filialen an die Firmengruppe Edeka verkauft werden sollen, hatten die Angestellten im Münchner Raum am Donnerstag auf Einzelheiten bei einer Mitarbeiter-Versammlung in Unterschleißheim gehofft. Viele Filialen, auch die Märkte in Zorneding und Eglharting blieben am Donnerstagvormittag geschlossen. Doch Kassen- und Verkaufskräfte waren am Tag danach augenscheinlich ebenso ratlos wie vorher - und sollten überdies über die Sache nicht öffentlich reden. Selbst die Filialleiter waren aufgerufen, sich nicht zu äußern und zeigten sich entsprechend wortkarg. Letztendlich bleibe einem eh nichts anderes übrig als abzuwarten, bis das Kartellamt seine Entscheidung über den Verkauf getroffen hat, war unter der Hand zu hören. Seine Brötchen müsse er immer verdienen, erklärte ein Mitarbeiter einer der vier Filialen im Landkreis, der ebenfalls nicht zitiert werden wollte, ganz gleich was künftig über der Eingangstür stehe.

Dass die Tengelmann-Gruppe zum Verkauf steht, ist bereits seit Herbst bekannt, die Mitarbeiter seien auch schon längst informiert worden, erklärte Justine Zagalak, eine Pressesprecherin der Tengelmann-Firmenzentrale in Mülheim an der Ruhr. Im Augenblick könne man aber auch hier nicht sagen, wie es weitergeht. Grundsätzlich sei geplant gewesen, dass Edeka sämtliche Filialen samt Mitarbeitern übernehmen solle. Wie es nun aussehe, wenn das Kartellamt, das Ende Februar Vorbehalte gegen den Komplettverkauf angemeldet hatte, stattdessen das eingereichte Kompromissangebot annehme, sei unsicher. Angeblich sollen etliche Filialen aus dem Übernahmepaket herausfallen, darunter 25 im Raum München. Konzernsprecherin Zagalak konnte aber nicht sagen, ob davon Filialen im Landkreis betroffen sind, noch wollte sie die Zahl überhaupt bestätigen.

Wenn es tatsächlich zum Deal mit Edeka kommt, dürfte das größte Fragezeichen wohl über dem Markt in Eglharting stehen. Die große Filiale mit über 1300 Quadratmetern Verkaufsfläche ist erst im Frühjahr 2012 eröffnet worden, zuvor hatte hier Rewe eine Filiale - angeblich ist die Firmen-Gruppe ebenfalls an Tengelmann interessiert. Nun entsteht aber gerade hier, keine 200 Meter entfernt, auf der anderen Seite der B 304, ein neuer Edeka-Markt, der im Herbst nebst einem Aldi-Discounter und einem DM-Drogeriemarkt eröffnen soll. Was nach dem möglichen Verkauf, der zunächst für Juni geplant war, mit der gut sortierten und sehr frequentierten Tengelmann-Filiale werden soll, oder ob vielleicht der neue Edeka-Markt ersetzt wird, konnte an der Ruhr niemand beantworten. Bei der Edeka-Gruppe mit Sitz in Hamburg will man zum laufenden Verfahren gar keine Auskunft geben und verweist auf die Kartellentscheidung im April.

Konkurrenzlos dürften dagegen die große Tengelmann-Filiale in Poing-Nord und auch die kleinere Niederlassung im Zornedinger Birkenhof sein, die gerade vor zwei Jahren umgebaut worden ist. In Poing sorgt die Nähe zu S-Bahnhof und Gewerbegebiet für Nachfrage, in Zorneding seien es vor allem die Bewohner des Ortsteils Daxenberg, erklärt Bürgermeister Piet Mayr. Es sei sehr wichtig, dass es diese Einkaufsmöglichkeit gebe, vor allem nachdem am Herzogplatz der Edeka-Markt als letzter Einzelhändler dort geschlossen habe. In einem Gutachten, das die Gemeinde vor einiger Zeit in Auftrag gegeben hatte, war festgestellt worden, dass alle Geschäfte im Birkenhof von einem Vollsortimenter hier abhängig seien. So hatte man sich in der Gemeinde auch dafür eingesetzt, der Filiale eine Vergrößerung ihrer Ladenfläche über die Arkadenreihe im Birkenhof hinaus zu ermöglichen. Was allerdings am Widerstand der Eigentümergemeinschaft des Komplexes gescheitert sei, sagt Mayr. Mit 450 Quadratmetern Verkaufsfläche liegt der Laden im unteren Segment moderner Supermärkte. So sollte etwa der Edeka in Pliening bereits ein halbes Jahr nach der Eröffnung im Herbst 2013 um 400 auf 1200 Quadratmeter vergrößert werden. Tengelmann dagegen folgte bislang eher der Strategie, seine Vollsortimenter lieber kleiner aber in zentralen Lagen zu errichten. Ein Konzept das in Zorneding offenbar bisher aufgeht, jedenfalls nach dem, was Bürgermeister Mayr von der Filialleiterin erfahren hat. "Die Umsätze sind nach dem Umbau vor zwei Jahren enorm gestiegen."

Gerüchte um einen Tengelmann-Verkauf an Edeka hatten übrigens schon einmal die Mitarbeiter im Landkreis verunsichert. Im Dezember 1999 war gemeldet worden, dass eine Übernahme bevorstehe, nachdem Tengelmann deutschlandweit hohe Verluste eingefahren hatte. Der Verkauf war aber gescheitert. In Baldham hatte dann 2006 bei der Eröffnung des neuen Supermarkts unter dem Marktplatz Tengelmann die Nase wieder vorn. Nachdem jahrelang Edeka als künftiger Betreiber gehandelt worden war, verpachtete das Münchner Familienunternehmen Vinzenzmurr, das die Ladenfläche erworben hatte, überraschend an den Konkurrenten Tengelmann.

© SZ vom 16.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: