Ebersberg:Aus echtem Stadelholz geschnitzt

Ebersberg: Diese Band lebt, was sie spielt: "Zydeco Annie und die Swamp Cats" im Ottersberger Kulturstadl bei Pliening.

Diese Band lebt, was sie spielt: "Zydeco Annie und die Swamp Cats" im Ottersberger Kulturstadl bei Pliening.

(Foto: Christian Endt)

"Zydeco Annie & die Swamp Cats" rütteln in Ottersberg mit Lust und Tempo an den Wänden. Das Publikum jauchzt vor Begeisterung

Von Ulrich Pfaffenberger

Rudi Zapfs Kulturstadel in Ottersberg und das "Alte Haus von Rocky Docky" - sie haben vieles schon erlebt, kein Wunder, dass es zittert, kein Wunder, dass es bebt. . .

Am Freitagabend haben Zydeco Annie und die Swamp Catsjedenfalls ihren Beitrag dazu geliefert, mit treibenden Rhythmen, rollenden Melodien und beherztem Gesang. Der blondlockige Springinsfeld aus dem bayerischen Schwaben und seine multinationale Combo haben für sich eine musikalische Stilrichtung adaptiert, die hierzulande selten zu hören ist. Denn die Quelle der lebensfrohen Musik, die sie spielen, liegt in den Sümpfen Louisianas, tief im Süden der USA. Ganz anders als der oft schwermütige Blues aus dem Mississippi-Delta wirkt der temporeiche Zydeco wie ein Gegenentwurf zur drückenden Schwüle, die allzu oft über dieser Ecke der Welt lastet.

Die studierte Akkordeonistin Anja "Annie" Baldauf - aufgewachsen mit bayerischer Hausmusik, orchestralen Akkordeonklängen und Klassik - hat sich auf einer ihrer Tourneen in die Cajun- und Zydecomusik verliebt. Bei einer Konzertreise mit dem Goethe-Institut durch die Südstaaten habe sie diese Stilrichtung kennengelernt und darin eine Chance gesehen, das angestaubte und einseitige Image ihres Lieblingsinstruments hierzulande aufzupolieren und mit neuen Facetten zu versehen, erzählt Baldauf am Rande des Konzerts.

Ihre Augen funkeln dabei und ihre Stimme ist von Begeisterung erfüllt. Und in der Tat: Die "Ziach" verleiht dem Zydeco erst seine charakteristische Stimmung, setzt die Akzente in den Melodien und ist in jedem Stück der Nukleus, um den die Noten und Melodien dieses Konzerts munter herumwirbeln. Wobei es schon ein originales "Cajun Accordion" im "one row"-Stil (nur eine einfache Tastatur) braucht, um in authentischer Weise den Ton anzugeben. Anja Baldauf erfreut sich gleich zweier dieser kleinen Kostbarkeiten aus der Manufaktur Martin in Lafayette, die nur verkauft bekommt, wer sich ihrer bei einem Vorspiel auch würdig erweist.

Wie sie diesen Test bestanden hat, wird Baldauf alias Zydeko Annie an diesem Abend in Ottersberg Takt für Takt beweisen - und es grenzt an ein Wunder, dass es nicht doch irgendwann einen von den Sitzen reißt, der dann mit dem Tanzen beginnt. Denn die Menschen in Bewegung zu bringen, das gehört zum Zydeco wie die Bourbon Street zu New Orleans. Mit einem gelegentlichen Walzer und einem Ausflug in die Voodoo-Musik schaffen die Swamp-Cats an diesem Abend eine vielschichtige, intensive Atmosphäre, die weit über die Bühne hinaus wirkt.

Die fünfköpfige Band, das spürt indes jeder, lebt, was sie spielt. Flotte Wechsel von tutti nach solo, fröhliche Improvisationen in besten Jazz- und Blues-Traditionen, spannungsgeladene Rhythmuswechsel und lustvolle Beschleunigungen: Dieser Konzertabend ist aus genau jenem Holze geschnitzt, der ins Blut geht. Allen voran Gabriel Mc Caslin an der Fiddle und Jens Ohly am Bass erweisen sich als aufmerksame Begleiter ihrer Chefin, Stefan Baldauf an den Drums organisiert unscheinbar, aber wirksam im Hintergrund die Dramaturgie.

Frederic Bergér schließlich, der Mann mit dem Waschbrett und der Chansonstimme, verantwortet das zweite Charakteristikum des Zydeco: den Gesang. Denn hier findet sich kein Lied, das nicht auch eine Geschichte hätte. Bergér singt in seiner Muttersprache Französisch. Das sorgt in Verbindung mit den amerikanischen Honkytonk-Klängen der anderen Instrumente für eine manchmal ungewohnte, schlussendlich aber reizvolle Mischung - so, wie sich die Küche Louisianas eben auch nicht dem sie umgebenden Fastfood- und Steak-Diktat unterwirft. Kenner mögen sich daran stören, dass sein europäisches Französisch nicht so "schlammig" daherkommt wie der wahre Cajun-Dialekt. Doch die Begeisterung und der jauchzende Beifall des Publikums im Ottersberger Kulturstadel zeigten, dass solche Maßstäbe an diesem Abend nicht galten.

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