Raum für Asylbewerber:Kein Platz für Sitzgelegenheiten

Raum für Asylbewerber: Dicht an dicht stehen die Betten für die Asylbewerber. Da bleibt kein Platz für Sitzgelegenheiten.

Dicht an dicht stehen die Betten für die Asylbewerber. Da bleibt kein Platz für Sitzgelegenheiten.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Um die Belegung weiterer Hallen zu vermeiden, müssen Flüchtlingsunterkünfte ohne Sitzgelegenheiten auskommen. Denn für Stühle und Tische müssten Betten weichen.

Von wieland Bögel, Ebersberg

Schlafplätze, aber keine Sitzplätze gibt es derzeit in vielen Flüchtlingsunterkünften des Landkreises. Aus Brandschutzgründen könne man in den Turnhallen keine Tische oder Stühle aufstellen, da man ansonsten zu viel Platz verlieren würde. Das wurde nun im Kreis- und Strategieausschuss bekannt gegeben.

Eigentlich ging es um einen Antrag der SPD. Die Genossen wünschen sich bessere Informationen an die Gemeinden über die aktuelle Situation bei der Flüchtlingsunterbringung. Eine Anregung, die bei anderen Fraktionen sowie der Verwaltung Unterstützung fand. Bislang gibt es die aktuellen Informationen bereits im Kreistag und in den zuständigen Ausschüssen sowie auf den Bürgermeisterdienstbesprechungen. Dort soll nun auch darüber beraten werden, wie sich die Informationen an die Gemeinden weiter verbessern lassen. Außerdem sollen künftig die Fraktionssprecher im Kreistag regelmäßig per E-Mail über die Lage informiert werden.

In den Hallen wird es immer ungemütlicher

Eine solche Information stand auch im Ausschuss an. Demnach leben aktuell 1487 Flüchtlinge in 48 Unterkünften in 16 der 21 Landkreisgemeinden. Weitere 200 Asylbewerber sind in der Turnhalle des Vaterstettener Gymnasiums untergebracht, diese gilt allerdings als Erstaufnahmeeinrichtung der Regierung von Oberbayern. Insgesamt sechs Turnhallen an kreiseigenen Schulen werden derzeit zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt.

Und dort wird es offenbar immer ungemütlicher, wie Marion Wolinski von der Abteilung Soziales im Landratsamt auf Nachfrage von Doris Rauscher (SPD) einräumen musste. Rauscher hatte wissen wollen, warum in den Hallen bereits vorhandene Tische und Sitzgelegenheiten wieder entfernt wurden. Dies sei aus Gründen des Brandschutzes nötig, so Wolinski. Zwar wäre es grundsätzlich möglich, Sitzecken oder Ähnliches einzurichten, "aber dann verlieren wir Schlafplätze und sind ganz schnell in der nächsten Halle drin - oder in der Beschlagnahme von Gemeindeeigentum". Und dies wolle man auf jeden Fall verhindern, ergänzte Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales. Außerdem seien die Hallen reine Notunterkünfte und sollen ohnehin so bald wie möglich wieder geräumt werden.

Prognose: 1500 weitere Asylbewerber

Dass das in absehbarer Zeit gelingt, ist aber eher fraglich. Im Ausschuss wurden auch die aktuellen Prognosen vorgestellt. Demnach wird der Landkreis 2016 bis zu 1500 weitere Asylbewerber aufnehmen müssen. Dazu sind auch bereits eine Reihe von neuen Unterkünften geplant. So sollen je 300 Asylbewerber in den beiden Traglufthallen in Poing und Pliening unterkommen, 120 in der neuen Unterkunft, welche die Stadt Grafing bauen will. Am Vaterstettener Föhrenweg könnten bald 100 Asylbewerber einziehen, je eine weitere Unterkunft gleicher Größe könnten auf einem Grundstück in Vaterstetten und in Anzing entstehen.

In Zorneding könnten 75 weitere Schlafplätze verfügbar sein, in Poing und in Moosach je zusätzliche 50. Doch insgesamt entspricht die Zahl der neuen Plätze ziemlich genau der Zahl der zusätzlichen Asylbewerber - wenn sie sich denn überhaupt realisieren lassen. So sind dem Landratsamt erst in diesem Monat je 30 Plätze in Vaterstetten und in Pliening verloren gegangen, wegen Problemen beim Mietvertrag. Und auch, ob sich die Unterkunft in Moosach bald realisieren lässt, ist unklar; die potenziellen Nachbarn wollen es per Bürgerentscheid verhindern.

Auch kommunale Liegenschaften könnten belegt werden

Dass die Lage angespannt ist, betätigt auch Evelyn Schwaiger, Sprecherin des Landratsamtes: "Man rettet sich von Woche zu Woche." Darum sei es auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass man irgendwann auf kommunale Liegenschaften zugreifen müsse. Im Moment sei dies zwar "nicht konkret geplant, aber es bleibt ein Ventil für den Notfall."

Ein Ventil forderten einige Ausschussmitglieder auch für die Bewohner der Turnhallen. Alexander Müller (FDP) warnte vor zunehmender Aggressivität, wenn man keine Rückzugsräume einrichtet. Reinhard Oellerer (Grüne) schlug vor, man solle mit den Schulen verhandeln, ob man "ein oder zwei Klassenzimmer" mitnutzen könnte. Laut Schwaiger werde dies für Deutschkurse bereits gemacht, auch eine Umgestaltung der Geräteräume in Hallen zu Aufenthaltsräumen sei eine Option, die aber nicht überall möglich sei.

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