Ebersberg:Auf einem Hof vor unserer Zeit

In Steinhöring wird ein denkmalgeschützter Einfirsthof umgebaut - ganz behutsam. Davor öffnet der neue Besitzer die Pforte des Wohnhauses noch einmal für die Öffentlichkeit

Von Valentina Antonucci

Wer vor dem Einfirsthof Hofna in Sankt Christoph steht, vergisst gerne mal die Welt um sich herum. Vor dem alten Bauernhaus mit dem prachtvollen Geranienbalkon steht ein kleines Bankerl, neben dem ein Brunnen unaufhörlich vor sich hin plätschert. Eingebettet in den beschaulichen kleinen Ort in der ländlichen Umgebung Steinhörings erinnert lediglich das gelegentliche Vorbeifahren eines Autos an das 21. Jahrhundert. Ansonsten ist es hier still, nur das Zirpen der Grillen und das Schnattern der Gänse sind zu hören.

Neben der Haustür hängt ein altes Tonschild, auf dem der Name der früheren Besitzerin prangt: "Mair" steht dort, für Elisabeth Mair. Ihr habe der Hof früher gehört, erzählt Max Kopp, 34, der den Hof nun mit seiner Frau Rosemarie Oberschätzle-Kopp, 31, umbaut. Die "Hofna-Lis", wie Elisabeth Mair früher genannt wurde, hatte auf dem benachbarten Bauernhof, der von den Schwiegereltern Kopps betrieben wurde, als Magd gearbeitet. Leider habe sie weder einen Ehemann noch Kinder gehabt, weswegen sie ihren Hof den früheren Arbeitgebern vermacht habe, als Leibrente. Bis zu ihrem Tod vor ungefähr drei Jahren habe die 93-Jährige den Einfirsthof noch bewohnt.

Heute gehört der Hof Max Kopp und seiner Frau, die diesen zum Wohnhaus samt Ferienwohnung umbauen wollen - ein Prozess, der sich relativ schwierig gestaltet, denn das Anwesen steht unter Denkmalschutz. Das bedeutet, dass sich bei jedweden Bauanträgen sofort das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege einschaltet. Um darauf vorbereitet zu sein, hatten Kopp und seine Frau bereits im Vorfeld versucht, sich so weit wie möglich über das historische Bauernhaus zu informieren. Dabei seien sie jedoch auf einige Hindernisse gestoßen: Das Bayerische Staatsarchiv in München habe kaum Brauchbares liefern können, und das Kirchenarchiv, welches Daten über den Hof hätte haben müssen, sei einst leider abgebrannt, erzählt Kopp. Deswegen stehe bislang lediglich fest, dass der Steinhöringer Hof 1779 erbaut wurde, und zwar "in einem First": als Gebäude, das alle drei notwendigen Funktionen, sprich Wohnhaus, Stall und Tenne, hintereinander vereint.

Ebersberg: Der neue Besitzer Maximilian Kopp will das Gebäude behutsam umbauen - und es trotzdem neu interpretieren.

Der neue Besitzer Maximilian Kopp will das Gebäude behutsam umbauen - und es trotzdem neu interpretieren.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Trotz aller Schwierigkeiten gelang es den neuen Besitzern, in etwas mehr als einem Jahr alle Genehmigungen für den Umbau zu bekommen, was insbesondere bei einem denkmalgeschützten Gebäude überaus schnell ist. Diesen Erfolg erklärt sich Kopp vor allem damit, dass man sich an den von den Behörden vorgegebenen Weg gehalten und eben nicht vor der Erlaubnis mit dem Umbau begonnen habe. Aber auch das persönliche Engagement sei wohl wichtig gewesen: So seien seine Frau und er in ständigem E-Mail-Kontakt mit dem Amt für Denkmalpflege gestanden, um alle Eventualitäten abzuklären. Zudem habe er selbst ein 1:50-Modell des Hofes gebaut, um den Verantwortlichen sämtliche Ideen besser veranschaulichen zu können - mit Erfolg. Mittlerweile leite das Amt für Denkmalpflege Bauherren mit ähnlichen Problemen sogar an Kopp und seine Frau weiter - damit sich diese ein Vorbild an ihrer Vorgehensweise nehmen könnten.

Mittlerweile befindet sich der Hof bereits in der Umbauphase: Aus dem alten Wohnhaus soll eine circa 140 Quadratmeter große Ferienwohnung werden, der frühere Stall und die Tenne werden zum Wohnhaus des Ehepaares umgebaut. "Wir versuchen, das Gebäude neu zu interpretieren", sagt Kopp. Deswegen käme viel Glas zum Einsatz, deckenhohe Fenster werden das zukünftige Wohnzimmer zieren.

Ebersberg: Einen Herrgottswinkel wie aus dem Bilderbuch kann man in dem Bauernhaus von 1779 heute noch sehen.

Einen Herrgottswinkel wie aus dem Bilderbuch kann man in dem Bauernhaus von 1779 heute noch sehen.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Dabei soll und darf der historische Charakter des Hofes jedoch nicht verloren gehen - weswegen sich Kopp und seine Frau das Konzept von einem Haus in einem Haus überlegt haben, bei welchem die Außenfassade komplett erhalten bleibt und innen ein moderner Umbau stattfindet. Von außen sollen die Veränderungen, beispielsweise eine Dämmung, nicht sichtbar sein. Um die Ursprünglichkeit des Hauses zu bewahren, erhalten zum Beispiel die Fenster im alten Wohnhaus wieder ihre originale Größe - sprich: sie werden verkleinert. Das alles bedeutet freilich ziemlich viel Arbeit, die von vielen kleinen Firmen, aber vor allem auch von den Bauherren übernommen wird. "Wir sind nicht reich, deswegen müssen wir vieles selber machen", sagt Kopp. Beispielsweise habe er gemeinsam mit seinem Vater, Schwiegervater und Schwager den Trockenbau des neuen Wohnhauses und auch das Dachdecken übernommen. Für die Baustelle sei jedoch nur am Wochenende oder abends nach der Arbeit Zeit, tagsüber berät Kopp nämlich die Firmenkunden einer Bank.

Der Umbau des Hofes ist jedenfalls ein großes und ambitioniertes Projekt, das viel Herzblut erfordert - und für das sich sogar der Bayerische Rundfunk interessiere, wie Kopp erzählt. Dieser nämlich habe die Idee gehabt, möglichst junge Leute beim Umbau eines alten Hofes zu begleiten, von Anfang bis Ende, und habe sich deswegen an das Landesamt für Denkmalpflege gewandt, das den Kontakt zu den Kopps hergestellt habe. Nun soll der Umbau in mehreren kurzen Kleinfilmen dargestellt werden. Zum ersten Mal vor Ort war das Filmteam im Oktober, dann noch einmal bei den ersten Umbauarbeiten, jetzt werden noch zwei Besuche des Teams erwartet. Wann genau die Dokumentation fertig und im Fernsehen zu sehen sein wird, weiß Kopp allerdings noch nicht.

Doch auch vor Ausstrahlung der Dokumentation können sich Interessierte ein Bild von dem Einfirsthof machen: Beim "Tag des offenen Denkmals" an diesem Sonntag, 10. September, werden die Türen des Hauses mit der Adresse St. Christoph 10 in Steinhöring von 10 bis 18 Uhr auch für die Öffentlichkeit geöffnet. Doch Obacht, so mancher Besucher wird sich bücken müssen: Die Türen haben eine Durchgangshöhe von gerade mal 1,55 Metern.

Die Idee, an dem bundesweiten Tag teilzunehmen, stammt dabei nicht von den Besitzern, sondern vom Landesamt für Denkmalpflege. Grund dafür war, dass die Deutsche Stiftung Denkmal, eine private Institution, die früher ausschließlich übergeordnete Denkmäler wie Burgen, Schlösser oder Kirchen gefördert hat, nun auch kleinere Denkmäler in Bayern bezuschussen möchte, zum Beispiel Bauernhöfe.

Dass der diesjährige Tag des offenen Denkmals unter dem Motto "Macht und Pracht" steht, sei in diesem Fall irrelevant, erklärt Kopp, nicht alle Denkmäler müssten einen Bezug zum Thema haben. Stimmt. Dieser historische Einfirsthof ist auch so einen Besuch wert.

Ebersberg: So historisch wie anheimelnd: Das Schlafzimmer im Wohnhaus des Einfirsthofs.

So historisch wie anheimelnd: Das Schlafzimmer im Wohnhaus des Einfirsthofs.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)
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