Hörpfad:Auf die Ohren

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Geschichte für Ohren und Füße: Alexandra Hessler (rechts) erklärt, wie sich über den Hörpfad Ebersbergs Vergangenheit erwandern lässt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In der Volkshochschule Grafing sind weitere Audio-Files im Rahmen des Projekts Hörpfad entstanden. An vierzehn Stationen kann man über eine App Ebersberger Geschichte erfahren

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Der Turm der Sebastianskirche verschwindet zwischen dunklen Gewitterwolken. Das laut betende Grüppchen von Wallfahrern in der Jesuitengasse geht ein wenig schneller, das Ziel ist nahe. Vor den Pilgern thront die Kirche mit der Hirnschale des Heiligen Sebastian oben auf dem Berg, das Ziel ihrer tagelangen Wanderung. Die Flüche, das Pferdewiehern von der Salzstraße hinter ihnen werden immer leiser. Ein Fuhrwerk ist im Schlamm stecken geblieben, der Kutscher flucht, das Geschrei eines Schweins, das aus seinem Verschlag gepurzelt ist, wird übertönt von den ersten Donnerschlägen des nahenden Unwetters.

So ähnlich könnte es sich abgespielt haben im 17. oder 18. Jahrhundert. Es sind allerdings zwei getrennte Audio-Files, die von der Salzstraße und der Jesuitengasse erzählen und zum Ebersberger Hörpfad gehören. Im vergangenen Jahr hat sich die Stadt Ebersberg dem bayernweiten Projekt "Hörpfade" angeschlossen. Es ist eine Gemeinschaftsproduktion der Volkshochschulen, des Bayerischen Rundfunks und der Stiftung Zuhören und besteht seit 2011. Insgesamt gibt es inzwischen 14 Files über Ebersberg und seine Geschichte, darunter "Die Sage der Weißen Frau im Ebersberger Forst", "Die Gründung des Klosters" und "sein Ende durch die Säkularisation", "Die Seestadtkinder und die Hinterlassenschaften des Krieges", in der unter anderem Bürgermeister Walter Brilmayer von seinen Jugenderinnerungen erzählt, und "Der Geisterchor - eine Gruselsage über die Benediktinermönche in Ebersberg". Sie alle sind in Workshops der Volkshochschule entstanden. "Da kommen Leute zu uns, denen drücken wir ein Mikrofon in die Hand und sagen, 'jetzt macht mal'. So einfach ist das", erzählte Seminarleiterin Alexandra Hessler scherzend, die nun zum Ortstermin gebeten hatte, um die neuesten Hörstücke vorzustellen.

Dass es natürlich nicht so einfach ist, solch ein Drei-Minutenstück zu basteln, in dem viele Soundelemente ineinander greifen, in dem eine Geschichte erzählt wird und Atmosphäre entstehen soll, beschreiben Waltraud Winter und Edeltraud Pals. "Wir haben über 100 Stunden investiert." Die beiden Frauen sind Mitglieder des Arbeitskreises Meditationsweg und daher rührt ihr Interesse an der Jesuitengasse - die heute ein grasbewachsener Spazierweg ist, der vom Parkplatz am neuen Wertstoffhof Langwied zwischen mächtigen Eschen und Linden Richtung Pfarrkirche führt. Die Stimme eines Pilgers haben sie auf einem Bauernhof aufgezeichnet, "da hat ständig irgendwo a Kälberl g'schrien oder ein Flugzeug ist drüber geflogen", erzählen sie. Entstanden ist trotz der Widrigkeiten ein wunderbares Stück, mit Kirchenglocken und gemurmelten Gebeten im Hintergrund, das den Wandernden den Autolärm vergessen lässt, der von der früheren Salzstraße, der heutigen B 304 herüber dringt.

Geht es nach dem Wunsch der Hörpfadinitiatoren, sollen die Files künftig mittels QR-Code an Ort und Stelle aufs Smartphone herunterzuladen sein, erzählt Hessler. Bisher lassen sich alle Hörpfad-Files - auch die aller anderen teilnehmender Kommunen, unter anderem München, Mühldorf, Altomünster und Kempten, über eine PC-App unter http.\hoer.lokaler.de/app laden. Eine Karte, in der die Orte des hörbar gemachten Geschehens eingezeichnet sind, bietet die Grundlage für eine unterhaltsame Wanderung durch Ebersbergs Geschichte. Eine Fanfare und das Grunzen eines Ebers, Symbol für den Forst und die Jagd, stoßen zu Beginn jedes Files eine akustische Tür auf in die Vergangenheit.

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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