Ebersberg:Auf die nächste Halbe

Zur Mitte der Wahlperiode zieht die SPD-Kreistagsfraktion Zwischenbilanz und hat einige Verbesserungsvorschläge

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Eigentlich ist alles super im Landkreis. Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die Steuereinnahmen sprudeln. Eine Situation, über die man sich auch bei der SPD-Kreistagsfraktion freut - dennoch sehen die Genossen einigen Verbesserungsbedarf. Zur Halbzeit der Wahlperiode hat die Fraktion nun in einem Pressegespräch vorgestellt, was sie sich für die kommenden drei Jahre auf die Agenda gesetzt hat.

Ganz oben auf der Liste steht die Frage, wie es gelingen kann, in einem boomenden Landkreis wie Ebersberg genügend bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Der Bedarf werde schließlich immer größer, so Poings Bürgermeister und Kreistags-Fraktionssprecher der SPD, Albert Hingerl. Er schätzt den Bedarf alleine im sozial geförderten Bereich aktuell auf bis zu 1500 Wohnungen. Bundestagsabgeordneter Ewald Schurer merkte an, dass der Bedarf inzwischen weit über "die klassische Sozialwohnungsklientel" hinaus gehe, dies bestätigte auch seine Landtagskollegin Doris Rauscher: "Egal wo man hinkommt, in eine Kita, ins Krankenhaus, sogar im Amtsgericht, das Thema Wohnen ist immer ein Problem". Dass der Landkreis und seine Kommunen über die gemeinsame Wohnbaugesellschaft nun mehr bauen wollen, wird dabei von den Genossen natürlich begrüßt. Dies sei "ein tolles Angebot an die Kommunen", findet Glonns Altbürgermeister Martin Esterl, nun müsse man aber Überzeugungsarbeit leisten, dass es auch angenommen wird. Auch die Ebersberger Wohnungsgenossenschaft "macht eine sehr gute Arbeit", so Hingerl, weshalb sich seine Fraktion auch immer dafür eingesetzt habe, die Genossenschaft zu unterstützen, etwa durch mehr Personal.

Wohnbaugesellschaft und Genossenschaft alleine könnten den Wohnungsmangel aber nicht beseitigen, hier sehen die Genossen Bedarf an neuen Konzepten. Eines könnte der von SPD-Kreisrat Ernst Böhm ins Gespräch gebrachte Bau von Stelzenhäusern über öffentlichen Parkplätzen sein. Ein anderes ist eine Änderung beim Einheimischenmodell. Schurer regte an, dieses mehr auf Geschosswohnungsbau auszurichten, "in die Fläche können wir bald nicht mehr wachsen."

Zumal das Flächenwachstum auch ganz andere Probleme schaffe, etwa das vielerorts nicht optimale Nahverkehrsangebot. Eigentlich, so Hingerl, seien sich im Kreistag "alle einig, dass man es braucht", konkret gehe beim Ausbau aber leider sehr wenig voran. Hingerl erinnert hier an den Ausbau der Bahnstrecke nach Markt Schwaben auf vier Gleise, "seit ich vor 27 Jahren das erste Mal Gemeinderat in Poing wurde, warten wir auf den Ausbau". Der bald noch nötiger werde, als bisher, sagt Schurer. Denn wenn der nun geplante Erdinger Ringschluss Richtung Flughafen fertig sei - was allerdings erst in etwa zehn Jahren passiere - werde die Strecke vom Ostbahnhof über Poing und Markt Schwaben noch deutlich mehr Passagiere anziehen. Die Bahnstrecken von Grafing-Bahnhof nach Ebersberg, Aßling und Rosenheim müssten ebenfalls ausgebaut werden, so Schurer, auch müsste die Strecke nach Wasserburg elektrifiziert werden. Wobei, das räumen die Genossen ein, die Möglichkeiten des Landkreises sich auf Forderungen an Bahn, Bund und Land beschränken, "leider können wir es als Landkreis nicht selber machen," bedauert Kirchseeons Altbürgermeisterin Uschi Bittner.

Ähnlich seien die Probleme bei der Energiewende: "Im Landkreis passiert viel, es sind gute Leute, die es machen, aber man hat den Eindruck, dass der Gesetzgeber die Energiewende nicht mehr will", sagt Hingerl. Um das selbstgesteckte Ziel, bis 2030 von fossilen Energieträgern unabhängig zu sein, zu erreichen, "müssten wir uns ganz anders engagieren," sagt Bianka Poschenrieder, "aber man wird ausgebremst." Ärgerliche Einmischung von außen sehen die Genossen auch bei der Betreuung von Flüchtlingen. Wie Bittner berichtet, hatten die Ehrenamtlichen des Kirchseeoner Helferkreises dezentrale Wohnungen für Asylbewerber gefunden, "jetzt sollen alle wieder in Großunterkünfte umziehen". Dies trage nicht gerade zur Motivation bei, sagt auch Hingerl, "man spürt den zunehmenden Unmut der Helfer" durch solche Entscheidungen. Er warnt davor, die Ehrenamtlichen zu vergraulen, "wenn die aufhören, können sie weder die Gemeinden noch der Landkreis ersetzen". Für Rauscher "kann der Landkreis ruhig einmal ungehorsam sein bei unsinnigen politischen Entscheidungen".

Eine solche sieht man bei der SPD auch in dem vom Erdinger Landrat verfügten Trägerwechsel für das Frauenhaus, das auch für Ebersberg zuständig ist. Sollte sich dies negativ auf das Angebot auswirken, "muss sich der Landkreis überlegen, ob man etwas Eigenes macht", sagt Rauscher. Was angesichts der ohnehin zu wenigen Plätze eine Überlegung wert sei, so Poschenrieder.

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