Ebersberg:Angenehm unangenehm

CSU wählt Vorsitzende des Umweltarbeitskreises wieder

Von Thorsten Rienth

Grafing Würde sich Anja Walz beliebt machen wollen, hätte sie sich besser einen anderen Posten gesucht: in der Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft (AGL) vielleicht, oder in der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) - in einer CSU-Arbeitsgemeinschaft eben, die sich eher als Beratergremium sieht. Im "AKU" allerdings, dem Arbeitskreis Umweltsicherung und Landesentwicklung, ist es eher schwierig, sich beliebt zu machen. Denn es ist eine Runde aus Konservativen, die beim Umweltschutz so gar nicht konservativ sind, sondern richtig progressiv. Jetzt haben die Mitglieder Anja Walz einmal mehr zu ihrer Kreisvorsitzenden gewählt.

Insgesamt zwölf Jahre hatte die Grafingerin bis 2014 für die CSU im Stadtrat gesessen. Jetzt, da die lokale Tagespolitik nicht mehr auf ihrem Schreibtisch liegt, hat sie Zeit für weiterblickende Argumentationen. Etwa so: "Wenn alle Menschen so leben würden wie wir hier in der westlichen Welt - vier oder fünf Planeten bräuchten wir, so groß ist unser ökologischer Fußabdruck!" Oder so: "Wir sind seit 150 Jahren dabei, die Daseinsgrundlagen für die Natur und die Menschen in einer Weise zu verändern, dass es schon für unsere Kinder negativ ist." Von allen nachfolgenden Generationen wolle sie gar nicht erst reden. Diese Haltung - "Aus den Augen aus dem Sinn" - gehe ihr unglaublich auf die Nerven. "Was nehmen wir uns eigentlich heraus, unseren Atommüll einfach so im Boden zu vergraben?" Spricht hier eigentlich gerade Greenpeace-Pressesprecherin? Oder eine Grüne?

So einfach ist es bei Anja Walz nicht abzugrenzen. Als Zwölfjährige gerade noch rechtzeitig nach Westdeutschland gekommen, steht sie Ideen links der Mitte skeptisch gegenüber. Was man dort staatliche Regulierung nennt, heißt bei Anja Walz konsequent "staatliche Bevormundung". Und erlaubt ist ihrer Ansicht nach höchstens die vom Lieben Gott. Die Biografie zeigt aber auch, wo die Schnittmengen liegen von "grünen" Umweltschützern und "schwarzen" Schöpfungsbewahrern. "Unsere christlichen Wurzeln besagten, dass wir als Geschöpfe dem Schöpfer verantwortlich sind", erklärt Walz. Die jeweiligen ideellen Motivationen mögen grundverschieden sein; in der Parole aber sind sie sich eins. Atomkraft, Glyphosat, Gentechnik, Saatgutverordnung: am liebsten weg damit. Es sind Ansichten, mit denen man sich in der CSU nicht nur Freunde macht.

Den leichten Weg will die Grafingerin trotzdem nicht gehen. Stattdessen hält sie den Leuten den Spiegel vor. "Es scheint mir manchmal, als wüssten die Konsumenten gar nicht, welche Macht sie eigentlich besitzen." Und zwar, indem sie eben nicht im Februar Spargel aus Peru kauften, sondern erst im April - und dann welchen aus der Region. Und: "Indem sie eben nicht Fisch kaufen, der in Schottland gefangen, in China filetiert und dann in Deutschland verpackt wird." Oder noch einfacher: Indem sie einfach erneuerbare Energien nachfragten. Aber natürlich sei dafür auch die Politik gefordert. "Etwas mehr Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit würden da schon sehr weiterhelfen."

Angenehm unangenehm sind solche Sätze, wenngleich sie mancher als oberlehrerhaft abstempeln würde. Doch die AKU-Chefin darf sie sagen. Bei ihr stand immerhin schon ein Hybrid-Auto vor der Tür, als die meisten hierzulande noch nicht einmal den Namen der Technologie gehört haben. Allzu wichtig nahm sich die Grafingerin ohnehin noch nie. Auch jetzt nicht. "Beim AKU ist es doch auch nicht anders, als bei vielen anderen politischen oder gesellschaftlichen Gruppierungen", sagte sie nach der Wahl. "Weiter geht es nur, wenn da ein gutes Team dahinter steht." Beim AKU sei es sogar ein sehr gutes. Beliebt ist die alte und neue Chefin dort nach wie vor. Gewählt worden ist sie ohne Gegenstimmen.

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