Druck auf die Wachstumsregion München:Immer mehr Ebersberger

Lesezeit: 2 min

In einem sind sich alle Politiker einig: Die Bevölkerung auch im Landkreis Ebersberg wird weiter wachsen. Grund für den Landesvorsitzenden der Freien Wähler (FW), Hubert Aiwanger, einen Wachstumsstopp zu fordern. Doch damit stößt er auf harschen Widerspruch.

Lars Brunckhorst

Eine Gemeinde mindestens von der Größe Kirchseeons. Sie wird zusätzlich bis 2029 benötigt, damit alle Menschen Platz finden, die bis dahin in den Landkreis Ebersberg zuziehen. Mit mehr als zehntausend zusätzlichen Einwohnern rechnen Demoskopen in den kommenden 18 Jahren. Ebersberg trägt damit einen Teil bei, um den Druck, der auf dem Großraum München ruht, zu mindern. Denn laut einer Prognose des Regionalen Planungsverbands wird die Bevölkerung in und um München bis zum Jahr 2029 um insgesamt 225 000 Menschen zunehmen. Grund für den Landesvorsitzenden der Freien Wähler (FW), Hubert Aiwanger, vorige Woche einen Wachstumsstopp für die gesamte Region zu fordern. Eine Forderung, mit der er bei vielen Kommunalpolitikern auch im Landkreis Ebersberg auf Widerspruch stößt - selbst bei Freunden im eigenen Landesverband: So bezeichnet der Vorsitzende des Gemeindetags Oberbayern, der Grafinger Bürgermeister Rudolf Heiler (FW), einen staatlichen Wachstumsstopp als "Sozialismus" (siehe rechts). Und Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) hält wie viele seiner Kollegen das derzeitige Wachstum des Landkreises für "durchaus wünschenswert". Erst voriges Jahr hat sich die Kreisstadt einen neuen Flächennutzungsplan gegeben. Dieser sieht für die nächsten 20 Jahre einen Zuwachs um 2000 Bürger vor. Das ist fast nichts im Vergleich zu Poing. Dort werden schon bis 2025 etwa 7800 Neubürger erwartet. Die Gemeinde im Nordwesten des Landkreises ist damit Spitzenreiter beim Wachstum und wird dereinst zur größten Landkreisgemeinde Vaterstetten aufschließen, die schon jetzt mehr als 21 000 Einwohner hat. Geplant ist dieses Wachstum seit Jahrzehnten. Folgerichtig sagt Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) über die Forderungen Aiwangers, man könne diese Planungen schlecht rückgängig machen. Außerdem waren die Pläne für Poing in den sechziger und siebziger Jahren noch viel drastischer: Statt auf knapp 20 000 Einwohner, wie jetzt vorgesehen, sollte die Gemeinde damals auf 35 000 bis 40 000 wachsen. So stark wie Poing wollen die anderen Kommunen im Landkreis zwar nicht zulegen, doch auch sie werden sich merklich verändern: Grafing plant etwa für 1600 neue Einwohner und Vaterstetten für bis zu 1300 (siehe Kasten). Auf Wachstum ausgelegt sind auch Pliening (1100), Forstinning (700) und Steinhöring (600) sowie das ländliche Baiern (370). Wie viele Menschen genau im Landkreis in diesem und im nächsten Jahrzehnt hinzu kommen - darüber gehen die Meinungen und Schätzungen auseinander. Gegenwärtig (Stand: März) leben 129 590 Menschen zwischen Anzing und Aßling. Noch in diesem Jahr wird der 130 000. Ebersberger erwartet. 140 000 Einwohner sollen es nach der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamts bis 2028 sein. Neuere Zahlen der Statistiker sprechen sogar von 142 000 Einwohnern, das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung geht gar von 145 000 Einwohnern schon bis 2025 aus - das wäre ein Plus um 15 000 Einwohner gegenüber heute und es wären mehr Menschen, als derzeit etwa in Grafing oder Poing leben. Eine Berechnung der Bertelsmann Stiftung kommt dagegen für das Jahr 2025 nur auf 136 500 Einwohner. Das Landratsamt Ebersberg wiederum geht landkreisweit von einem Bevölkerungswachstum von unter einem halben Prozent im Jahr aus. Das klingt nach wenig, entspricht aber bis 2029 weit mehr als 10 000 Einwohnern. Nächstes Jahr will man aktualisierte Zahlen vorlegen. Im Vergleich zu früheren Zeiträumen ist das alles jedoch mäßig: So hatte der Landkreis Ebersberg im Jahr 1950 nur 52 000 Einwohner. 40 Jahre später waren es schon doppelt so viele, noch einmal 20 Jahre später lebten schon fast 128 000 Menschen hier. Und auch in der jüngsten Vergangenheit hat es ein stetiges Bevölkerungswachstum gegeben: allein zwischen 2003 und 2008 um fast 5000 Einwohner oder 4,1 Prozent.

© SZ vom 03.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: