Der Außenseiter macht Furore:Lobeshymnen und Applaus

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SPD nominiert den Grafinger Unternehmer Ernst Böhm zu ihrem Landratskandidaten. Der 55-jährige kündigt einen fairen Wahlkampf an und will selbst CSU-Wähler von sich überzeugen

Barbara Mooser

So schwierig ist es gar nicht, die Landratswahl zu gewinnen. Findet jedenfalls Ernst Böhm. Seine Rechnung sieht folgendermaßen aus: Auf 20 Prozent der Wähler kann die SPD im Münchner Umland eh schon setzen - und wenn alle Teilnehmer an seiner Nominierungsversammlung bis zur Stichwahl am 28. April jeden Tag mindestens einen weiteren Wähler überzeugen, dann bräuchte er selbst nur noch zwei täglich zusätzlich zu schaffen. Die Mitglieder im Saal der Ebersberger Alm spendeten dieser Rechnung fröhlich Applaus - und auch generell scheinen die Sozialdemokraten mit ihrem neuen Landratskandidaten, der selbst für viele Parteimitglieder bis Anfang Januar ein völlig Unbekannter war, hochzufrieden: 87 von 89 stimmten für ihn - als dieses Ergebnis bekannt gegeben wurde, zollten die Sozialdemokraten ihrem Kandidaten stehend Applaus. Zu lange beklatschen lassen wollte sich Böhm aber auch nicht: Diese Energie sollten sich seine Unterstützer lieber für die Wählerwerbung aufheben, sagte er.

Mit Lobeshymnen war Böhm schon vor der Wahl bedacht worden. Als "glaubwürdig, kompetent, hoch motiviert" beschrieb ihn Albert Hingerl, SDP-Fraktionschef im Kreistag und Poinger Bürgermeister, als "unheimlich kraftvollen und visionären Menschen" Landtagskandidatin Doris Rauscher, als "respektvoll, geradlinig und durchaus auch fordernd" der Glonner Bürgermeister Martin Esterl. "Ernst wird's, der Böhm, der kann's und der macht's", formulierte Esterl auch gleich einen Wahlkampfslogan - der von einem Genossen im Publikum phantasievoll fertiggedichtet wurde: "Und wenn er gewinnt, dann kracht's."

Bereits vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass die SPD diesmal nicht auf einen Kandidaten setzt, der bereits eine lange Parteikarriere hinter sich hat. Der 55-jährige Grafinger besitzt zwar seit 15 Jahren ein Parteibuch, war aber noch in keinem politischen Gremium vertreten. Statt dessen hat er sich in der Vergangenheit als Unternehmer einen Namen gemacht. Eine angeschlagene Dachdeckerfirma machte er zu einem erfolgreichen Dienstleister der Wohnungswirtschaft. Außerdem hat er das Kasernengelände in Bad Aibling als Null-Energiestadt, in der Arbeiten und Wohnen zusammengeführt werden, entwickelt. Bei der Nominierungsversammlung beschränkte sich Böhm auf eine knappe Rede, in der er seine Herkunft aus eher einfachen Verhältnissen in Niederbayern, seinen beruflichen Werdegang und seine Ziele umriss. Spaß machen würde ihm vor dem Hintergrund seiner bisherigen Arbeit vor allem, an der Energiewende mitzuwirken, sagte Böhm. "Ich bin fest überzeugt, dass ich bei diesem Thema den Bürgermeistern im Landkreis die eine oder andere Sackgasse ersparen kann - denn ich war schon drin." Die Weichen für mehr bezahlbaren Wohnraum zu stellen, sei ebenfalls ein Kernthema. Der Unternehmer würde sich aber auch durchaus zutrauen, bei den Schulden des Landkreises anzusetzen, wie er sagte. Schließlich seien Ursache zum großen Teil die hohen Kosten für Bauunterhalt und Neubauten, "und davon verstehe ich wirklich was", sagte Böhm.

Auch klare Vorstellungen über die Art seines Wahlkampfs hat er bereits. Auf Frontalangriffe und persönliche Attacken werde er verzichten, sagte der Kandidat: Steilpässe, nicht Blutgrätschen, seien sein Stil. Im Übrigen hoffe er, dass sich auch einige CSU-Anhänger dafür erwärmen könnten, auf dem Wahlzettel neben seinem Namen das Kreuz zu machen. Vielleicht funktioniere das mit der Geschichte vom Apfelbaum, sagte Böhm. Ein ganz alter Baum trage schließlich nur noch ganz kleine Früchte, das sei der Lauf der Dinge - doch wenn er einmal gestutzt werde, ändere sich das wieder. So verhalte es sich auch mit der CSU. Möglicherweise helfe diese Idee, "den einen oder anderen CSUler zur richtigen Seite zu bringen", sagte Böhm.

© SZ vom 21.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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