CSU in Hohenlinden:Mehr Wahlabend als Wahlparty

Bundestagswahl 2017

Auch wenn Andreas Lenz schlechter als vor vier Jahren abgeschnitten hat: Gefeiert wird er trotzdem von seinen Parteifreunden aus dem Wahlkreis, dem Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer, Robert Niedergesäß, Burkhard Köpper von der CSU Erding, Thomas Huber und dem Erdinger Bürgermeister Max Götz (von links)

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wenig Anlass zur Freude bei der CSU, die massiv an Zweitstimmen verloren hat: Während die einen den Grund im Zickzackkurs von Horst Seehofer sehen, geben viele der dominanten Schwesterpartei die Schuld

Von Franziska Langhammer, Hohenlinden

Kurz vor 18 Uhr ist die Stimmung im Wendlandhaus-Festsaal in Hohenlinden verhalten bis angespannt. Als klar ist, dass die Union das schlechteste Ergebnis seit 1949 eingefahren hat, ist nichts als Schweigen. Als der AfD-Balken auf dem Bildschirm immer länger wird, atmen sie tief aus. Eine Frau nimmt einen langen Schluck aus ihrer Bierflasche. Versteinerte Gesichter, Schulterzucken, aber so richtig überrascht ist niemand. Es herrscht fast schon Erleichterung, als der Fernsehmoderator auch von den SPD-Verlusten berichtet. Und als AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland ins Mikrofon keucht, man werde die Union und Merkel jagen, schauen einige paar Mitglieder demonstrativ weg.

Und trotzdem gibt es an diesem Abend Jubel. Als Direktkandidat Andreas Lenz - die CSU nennt ihn "Bundes-Andi" - den Raum betritt, stehen seine Parteifreunde auf und klatschen. Sie loben ihn in den höchsten Tönen, bezeichnen ihn als "Hoffnungsträger". 48,4 Prozent der Erststimmen holt Lenz, wird im weiteren Verlauf des Abends klar.

"Nennen wir es lieber Wahlabend als Wahlparty", sagt Lenz, nachdem er sich bei allen Helfern bedankt hat. Es wäre falsch, jetzt auf die Wähler zu schimpfen. Stattdessen, sagt er, "müssen wir das Vertrauen zurück gewinnen." Was seine Wahl als Direktkandidat betrifft, hat er schon mal ein Programm auf Lager: "Ich werde weiter Vollgas geben."

"Ja krass", sagt CSU-Mitglied Daniel Glottal über das CSU-Wahlergebnis, "ich habe nicht gedacht, dass die Union so viele Stimmen einbüßen würde." Den Grund für das schlechte Abschneiden sieht er vor allem in der Vorgehensweise der großen Schwesterpartei: "Die Leute sind im Grunde schon zufrieden, aber die CSU kann sich leider nicht durchsetzen gegen die CDU." Mit ausschlaggebend sei seiner Meinung nach auch die Kundgebung in Rosenheim vor wenigen Wochen gewesen, als die Kanzlerin vor versammelter CSU-Mannschaft wiederholt hatte, dass es keine Obergrenze für Flüchtlinge gebe. "Ich bin total enttäuscht über die Ergebnisse der CSU", sagt Bernhard Wieser, CSU-Kreisrat, "auch wenn an die CDU ein klarer Regierungsauftrag geht." Er ist der Meinung, dass ein Wechsel an der Spitze Bayerns der ganzen Partei gut täte: "Wir müssen Platz machen für die jungen Leute." Peter Seemüller, CSU-Ortsvorsitzender in Hohenlinden, sagt, dass der nicht so ganz geradlinige Kurs unseres Landesfürsten Schuld war. Ebersbergs Alt-Landrat Gottlieb Fauth beschreibt seine Stimmung am Wahlabend als "nicht so gut": "Ich bedaure, dass Gruppierungen, von denen man nicht weiß, wie demokratisch sie sind, auf Anhieb so viele Stimmen bekommen haben; und das hauptsächlich aus dem bürgerlichen Lager." Robert Niedergesäß, Ebersberger Landrat, sieht ebenfalls keinen Grund zur Freude am Wahlabend: "Auch wenn die Union gewonnen hat, ist es für uns ein schlechtes Ergebnis." Es lasse sich vor allem durch die Stimmung in der Bevölkerung erklären, die mit der vermehrten Zuwanderung von Flüchtlingen 2015 begonnen habe. "Das habe ich als Lokalpolitiker auch immer wieder an den Wahlständen zu spüren bekommen, dass sich die Bürger an dieser Stelle vernachlässigt gefühlt haben", sagt er. Die Chance, diese Menschen mit an Boot zu holen, hätten die Parteien verpasst, meint Niedergesäß: "Insbesondere die CDU hat die Signale von der Basis, die wir immer wieder gesendet haben, nicht verstanden." Die Kanzlerin habe in Sachen Flüchtlingspolitik den Nerv der Bevölkerung getroffen und nicht verstanden.

Auch Thomas Huber, CSU-Landtags-Abgeordeneter aus Grafing, ist mit dem CSU-Ergebnis nicht zufrieden, doch er ist nicht überrascht: "Die Leute haben ihre Ängste, die sie immer wieder artikuliert haben, nun in Form des Stimmzettels zum Ausdruck gebracht." Diese Ängste, so Huber, konnte die CSU anscheinend nicht entkräften. "Dass die Union keine gemeinsame Linie gefunden hat in der Flüchtlingspolitik, ist wahrscheinlich einer der Gründe für das Ergebnis."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: