Bürger zur Kasse:Das Geld liegt auf der Straße

Bürger zur Kasse: Hier in Vaterstetten können sich die Anlieger über neuen Asphalt freuen, anderswo kann der teuer werden.

Hier in Vaterstetten können sich die Anlieger über neuen Asphalt freuen, anderswo kann der teuer werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dass Bürger bei der Sanierung der Verkehrswege mitzahlen müssen, ist in vielen Landkreiskommunen üblich

Artikel 62 der Gemeindeordnung legt eine Einnahmenreihenfolge für Kommunen fest: Ausgaben sind zunächst durch Entgelten und Steuern zu decken, erst dann dürfen Kredite aufgenommen werden. Im Landkreis Ebersberg haben Aßling, Ebersberg, Glonn, Grafing, Hohenlinden, Kirchseeon, Pliening, Poing und Steinhöring eine Straßenausbaubeitragssatzung verabschiedet, in anderen Kommunen ist sie trotz des Artikels umstritten.

Ebersberg

In der Kreisstadt gibt es die Anliegerbeteiligung am Straßenbau schon ziemlich lange, 1973 wurde die erste Ausbaubeitragssatzung erlassen. Allerdings kommt sie eher selten zum Einsatz. Wie Hauptamtsleiter Erik Ipsen erklärt, hat Ebersberg zuletzt 2003 Anlieger zur Kasse gebeten, das vorletzte Mal geschah dies 1998. Etwa die Hälfte der Baukosten konnten so erlöst werden. Zum Vergleich: bei Erschließungsstraßen für Neubaugebiete zahlen die Bauherren im Schnitt 90 Prozent.

Kirchseeon

In Kirchseeon existiert die Straßenausbausatzung mit kleineren Änderungen seit Jahrzehnten. Bei großen Maßnahmen sei schon einmal ein sechsstelliger Betrag auf die Anlieger umgelegt worden, aber auch kleinere Summen von 1500 Euro beim Auswechseln von Straßenlaternen, sagt Petra Ess, in der Gemeinde zuständig für das Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrecht. In den vergangenen Jahren wurden die Bürger kaum zu Kasse gebeten: Weil Kirchseeon wenig Geld hat, wurden kaum Bauarbeiten in Auftrag gegeben.

Poing

In Poing gibt es bereits seit 1969 eine Satzung, die aktuell geltende Fassung stammt aus dem Jahr 2000. Sie wurde unter anderem bei der Sanierung des Regenwasserkanalnetzes in Poing-Süd - in diesem Fall wurde der Anteil der Straßenentwässerung in Rechnung gestellt -, der Sanierung der Wittelsbacher- und zuletzt bei der Sanierung der Kampenwand-/Haupt- und Schwabener Straße angewendet. Die Satzung bringt nach Angaben der Gemeinde bei beitragsfähigen Straßenbaumaßnahmen je nach Straßenklasse Kostenbeteiligungen zwischen 30 und 80 Prozent der beitragsfähigen Kosten herein. Im Finanzplan der Gemeinde Poing sind in den Jahren 2016 bis 2018 jeweils 800 000 Euro an Einnahmen aus Straßenausbaubeiträgen veranschlagt. Der Widerstand und das Unverständnis der betroffenen Anlieger ist nach Angaben von Rathaus-Sprecher Thomas Stark in der Regel sehr groß. Deshalb sei ein hoher Beratungsaufwand beispielsweise in Form von Anliegergesprächen erforderlich, um den Beitragspflichtigen die Notwendigkeit der Sanierung und deren Kosten detailliert aufzuzeigen. Hierzu erfolge in Poing durch ein externes Ingenieurbüro auch eine Begutachtung des Ist-Zustandes der betreffenden Straßen. Dennoch sei nach dem Erlass der Bescheide erfahrungsgemäß mit zahlreichen Widersprüchen und auch Klagen zu rechnen, deren Bearbeitung zusätzlich einen erheblichen Personalaufwand erfordere.

Vaterstetten

Eigentlich könnte die Großgemeinde jeden zusätzlichen Euro gut brauchen, die anstehenden Aufgaben und die Schulden sind nicht gerade klein. Auf eine mögliche Einnahmequelle, die auch das Landratsamt empfiehlt, wollen Verwaltung und Gemeinderatsmehrheit indes lieber verzichten: die Straßenausbaubeitragssatzung. Als Begründung führen die Vaterstettener gerne eine "Gerechtigkeitslücke" an. Denn da in der Gemeinde fast dauernd irgendwo eine Straße teil- oder generalsaniert wird, könnte es passieren, dass der eine Nachbar seine neue Straße umsonst bekommt, der Nebenwohner allerdings für die gleiche Leistung zahlen muss. Es gilt im Gemeinderat allerdings als Konsens, dass man die Satzung irgendwann wird einführen müssen, aber noch hofft jeder, dass es damit noch ein bisschen dauert - idealerweise bis nach der nächsten Wahl.

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