Theater für Kinder zu spielen, muss wundervoll sein. Schließlich ist dieses besondere Publikum maximal begeisterungsfähig - und ebenso ehrlich. Wenn es lacht, aufheult oder auch mucksmäuschenstill ist, hat man einfach alles richtig gemacht. Außerdem können Ensembles, die sich dem Kindertheater verschrieben haben, uneingeschränkt aus dem vollen Einfallseimer schöpfen. Schließlich ist ihren jungen Zuschauern keine dramaturgische Idee zu verwegen, kein Dialog zu absurd, kein Perspektivenwechsel zu kompliziert. Vielmehr scheinen ihre jungfräulichen Geister zu nehmen, was kommt, den Rest vermag offenbar ihre eigene, vergleichsweise unverbrauchte Fantasie zu erledigen.
Wie das funktioniert, haben am Mittwoch die United Puppets im Ebersberger Alten Kino gezeigt: Das Duo aus Berlin präsentierte zum Auftakt der Kindertheatertage Grimms "Rotkäppchen", allerdings in einer völlig neuen, extravaganten Optik. Die alt bekannte Geschichte spielt hier in einer "Glühbirnenwunderwelt" - was allerdings beileibe nicht bedeutet, dass die Zuschauer von blinkenden, bunten Leuchten förmlich erschlagen würden. Ganz im Gegenteil. Diese Inszenierung ist sehr schlicht, fast abstrakt gehalten, so dass die sparsam, aber sehr bewusst gesetzten Lichteffekte wunderbar zur Geltung kommen.
Das Licht ist für Kinder etwas ganz Besonderes. Wie stolz sie sind, wenn sie erstmals eigenständig an den Schalter kommen, den Tag an- und ausknipsen können! Und die kleine Lampe am Bett ist oftmals lebensnotwendig, vermittelt sie doch die für eine ruhige Nacht nötige Sicherheit. Mittels eines einfachen Kartons, einer zauberhaften Erinnerungskiste, reisen die beiden Darsteller zurück in die Befindlichkeit ihrer Kindheit und fördern derlei Erkenntnisse zu Tage. Sie auch szenisch umgesetzt zu haben, ist die Stärke der United Puppets: In ihrem Märchen kommt dem Licht jene emotionale Rolle zu, die es in den Augen von Kindern ohnehin einnimmt.
Zelebriert wird das Lichtspiel auf einer kleinen schwarzen Puppenbühne ohne aufwendige Kulisse, für Stimmung und Szenenwechsel sorgt lediglich entsprechende Beleuchtung. Die Figuren sind ebenfalls schlicht: Die Hände der Darsteller schlüpfen dazu einfach in schwarzen Stoff, oben drauf trohnt jeweils eine andere Lampe. Bei Rotkäppchen eine natürlich rote, runde Glühbirne, die geliebte Oma trägt ein helles Flämmchen. Und über diese Lichtquellen werden Gefühle transportiert: Macht Rotkäppchen die Augen zu oder hält es die Luft an, verlöscht seine Lampe, gibt es ein Küsschen, so flackert sie lustig. Außer den Figuren leuchtet nur das Wichtigste: die Kerzen am Geburtstagskuchen und die verführerischen Blumen, die das Mädchen vom Weg abkommen lassen.
Der böse Wolf kommt ebenfalls sehr abstrakt daher: ein unförmiges zotteliges Etwas mit tiefer, rauer Stimme und Flämmchen obendrauf. Für Menschen ab fünf Jahren - die das Grauen freilich schon früh kommen sehen - gruselig genug. Lügt der Lump ganz besonders dreist, so flackert sein Licht. Und als er die Oma schon verschlugen hat, stülpt er sich einfach die Schlafhaube der guten Frau über, einen altmodischen Lampenschirm. Verwandlung perfekt. Was der Bösewicht angestellt hat, erkennen die Kinder schließlich an den zwei Lichtern, die sich in seinem Bauch hin und her bewegen und Notsignale an den Jäger senden... Dem Retter kommt es denn auch zu, die Moral der Geschichte zu verkünden: "Der Wolf ist schlau und stellt sich dumm, führt uns an der Nas' herum!" Den Kindern im voll besetzten Alten Kino ist da schon lange ein Licht aufgegangen.
Kindertheatertage im Ebersberger Alten Kino: am Donnerstag, 9. November, um 19 Uhr "Moby Dick" für Jugendliche ab zehn Jahren, Samstag, 11. November, 15 Uhr, "Maximiliane und die Monster" für Kinder ab drei Jahren, Sonntag, 12. November, 16 Uhr, Familienkonzert "Concerto Humoroso". Kartentelefon: (08092) 255 92 05