Bruck:Seniorenheim für Pferde

Bruck: Regina Peter pflegt in Bruck altersschwache Pferde.

Regina Peter pflegt in Bruck altersschwache Pferde.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Viele Besitzer lassen ihre Tiere einschläfern, um Behandlungskosten zu sparen. Anders in Bruck: Dort werden in einem landkreisweit einzigartigen Projekt altersschwache Pferde aufgenommen und bis zum Ende gepflegt.

Von Anselm Schindler, Bruck

Schmatzen dringt aus einer der Holzboxen, Hengst Fridu hat seinen halben Kopf in einem Bottich versenkt und schlabbert Suppe. Wie alt Fridu genau ist, weiß Regina Peter nicht, sie schätzt ihn auf Ende 20. Peter arbeitet seit Jahrzehnten am Brucker Pferdehof Alte Mühle, und dort sind seit vielen Jahren altersschwache Pferde untergebracht. "Senioren" nennt sie Regina Peter liebevoll. Als "betreutes Wohnen für alte Pferde" bezeichnet Peter das Projekt, es ist einzigartig in der Region Ebersberg. Bayernweit gibt es nur wenige andere sogenannte Gnadenhöfe, die altersschwache oder kranke Pferde aufnehmen.

Ein Pferd kann mehr als 30 Jahre alt werden, ein Pony sogar bis zu 50 Jahre. Doch hierzulande beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung der Herdentiere gerade einmal sieben Jahre. Warum das so ist? "Naja", sagt Regina Peter, "wenn sie nichts mehr bringen, dann werden sie erlöst". Was heißt, dass viele Pferde schon in jungen Jahren eingeschläfert werden, nämlich dann, wenn sie nicht mehr leistungsfähig sind, oder krank. Regine Peter hält wenig von dieser Praxis, "die leisten so lange tolle Arbeit", erklärt sie mit Blick auf viele Turnier- und Unterrichtspferde, "und sobald sie dann alt sind müssen sie weg".

Sie habe es auch schon erlebt, sagt Peter, dass ein erst drei Jahre altes Pferd wegen einer Magen-Darm-Erkrankung eingeschläfert wurde, die Besitzer seien vor den Behandlungskosten zurückgeschreckt, sagt Peter. Den Tieren an der Alten Mühle bleibt dieses Schicksal erspart, außer natürlich, wenn es wirklich nicht anders geht.

In der Alten Mühle leben 33 Pferde

Geld dafür, dass sie Pferdebesitzern ihre Tiere abnimmt, bekommt Peter im Regelfall nicht. Sie ist Idealistin durch und durch. "Wir müssen uns fragen: was vermitteln wir da unseren Kindern". Wertschätzung, das ist es was, sie den Tieren geben will, auch wenn diese mit zunehmendem Alter wacklig werden auf den Beinen oder, wie Fridu, unter Asthma oder anderen Krankheiten leiden. 33 Pferde leben in der Alten Mühle, sechs davon sind im "Ruhestand", wie es Regina Peter formuliert, einige weitere in "Altersteilzeit". Was bedeutet, dass die Pferde weniger oder gar nicht mehr ausgeritten, dafür umso mehr gestreichelt und umhegt werden.

Gut kann sich Peter noch an Boy und Schimmel erinnern, die beiden ersten Pferde, die die Alte Mühle aufgenommen hat. Inzwischen sind die beiden gestorben, "sie waren Freunde und sind zusammen gegangen", sagt Peter. Damit die Pferde gesund bleiben, kommen regelmäßig Mitarbeiter der Pferdeklinik Aschheim am Hof vorbei, sie versorgen die Tiere medizinisch. Und das ist gar nicht so billig.

"Alte Pferde sind schon teuer", sagt Peter, "die brauchen extra Creme und extra Essen, das ist wie beim Menschen". Und so läpperten sich bei einem Pferd im Ruhestand im Durchschnitt monatlich 400 Euro zusammen, erklärt Peter. Sparen will sie nicht, wenn es um das Wohl der Tiere geht, "die bekommen jede Operation die sie brauchen", sagt sie. Ganze 7000 Euro kann so ein Eingriff mit Aufenthalt in der Tierklinik kosten. Gedeckt werden diese Ausgaben durch Einnahmen aus Reitstunden für Kinder und sozialen Projekten.

Kinder gegen die Langeweile

Eines der größten Probleme bei alten Pferden sei die Langeweile, die Tiere schnell empfänden, wenn sie sich nicht viel bewegen könnten oder alleine seien, erklärt Regina Peter. Doch an der Alten Mühle kommt auch das kaum vor. Denn dort haben die Pferde viel Auslauf - und dann sind da noch eine ganze Schar Kinder, die mithelfen, die Pferde-Senioren zu pflegen.

"Gerade haben wir 23 Kinder da", sagt Peter. Es sind Kinder, die vom Münchner Sozialreferat im Brucker Pferdehof einquartiert wurden, "wir arbeiten hier auch therapeutisch", erklärt Peter. Die Kinder kümmern sich um die alten Pferde, sie pflegen und putzen sie. Oder sie gehen mit ihnen auf die Koppel, "so ist bei den Alten bis zum Schluss noch was los", sagt Peter, während sie Fridu über die Mähne streicht.

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