Bruck:Importierter Protest

Die Gegner des geplanten Brucker Gewerbegebiets Taglaching-Süd sind laut. Doch nur die wenigsten kommen aus der Gemeinde selbst.

Von Thorsten Rienth, Bruck

Bruck ist die kleinste Gemeinde im Landkreis Ebersberg, aber zurzeit erregt sie weltweit Gemüter. Sogar aus Australien hat jemand bei der Online-Petition gegen das geplante Gewerbegebiet "Taglaching-Süd" mit seiner digitalen Unterschrift protestiert. In Bruck sind aber längst nicht alle von der Aktion begeistert - man fühlt sich gegängelt. CSU-Gemeinderat Josef Pröbstl klagt über "Stimmungsmache von außerhalb" und Unwahrheiten, mit denen gegen die Pläne gekämpft würde. Die Kritik geht auch an die Adresse der Grafinger Grünen, die bei dem Protest in der Nachbargemeinde mit federführend sind.

Manfred Gaibinger, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tagachinger Tal, hatte unlängst guten Grund zum Jubeln: Mehr als 2600 Leute hatten die Online-Petition zum Erhalt des Taglachinger Tals unterschrieben. Als "klares Votum" wertete Gaibinger die Unterschriften in einer vor einigen Tagen verschickten Pressemitteilung. Sie zeigten, "wie vielen Menschen der Erhalt dieser Kulturlandschaft ein wichtiges Anliegen" sei.

Doch was von diesem Schreiben kommt tatsächlich von Manfred Gaibinger selbst? Absender der Pressemitteilung ist er jedenfalls nicht. Dreh- und Angelpunkt der schutzgemeinschaftlichen Pressearbeit ist die Spitze des Grafinger Grünen-Ortsverbands, der Vorsitzende und Stadtrat Wolfgang Huber. Das ist es, was Pröbstl meint mit "Stimmungsmache von außerhalb".

Und Pröbstl wird deutlich: "Als die Grafinger vor ein paar Jahren über ihre Ostumgehung diskutiert haben, haben wir uns doch auch nicht eingemischt." Das Verhalten der Grünen widerspreche den lokalpolitischen Gepflogenheiten, findet der Gemeinderat. Hier profiliere sich jemand auf Brucker Kosten - und nehme es dabei obendrein mit der Wahrheit nicht sonderlich genau.

Ist Pröbstls Ansicht nur eine Einzelmeinung? "Sicher nicht", sagt Franz Feil, der bis zum Frühjahr 18 Jahre lang für die Brucker Bürgerliste im Gemeinderat saß. Längst ginge es den Gegnern des Gewerbegebiets nicht mehr um eine sachliche Debatte. "Sie machen den Bürgermeister fertig", sagt Feil. Sie unterstellten Josef Schwäbl, er könne die Planungen vor allem deshalb so ungeniert vorantreiben, weil mit Landrat Robert Niedergesäß ein CSU-Parteifreund ganz oben in der Genehmigungsbehörde sitze. Feils Aussage hat Gewicht. Eine besondere Nähe zum Bürgermeister lässt sich ihm kaum nachsagen: Bei der Bürgermeisterwahl 2008 war er Schwäbls Gegenkandidat. Feil stört sich an der Art, wie die Schutzgemeinschaft Wahlkampf betreibe: "Es ist kein ehrlicher Wahlkampf, sondern ein verbitterter."

Das zeige sich schon bei den Eckpunkten, die wissentlich verschoben würden. Da würde so getan, als liege das Areal mitten im Urteltal. "Es liegt aber nicht im Tal, sondern oben - und das ist ein großer Unterschied." Genauso wenig sei das Gelände ökologisch besonders wertvoll. "Das ist eine Wiese. Mehr nicht", so Feil. Stattdessen spreche sich die Schutzgemeinschaft für den - deutlich teureren - Anschluss ans Grafinger Gewerbegebiet "Schammach II" aus. "In Taglaching argumentiert man mit dem Verkehr - und in Axing soll er plötzlich vertretbar sein?", fragt Feil. Das passe für ihn nicht zusammen.

Pröbstl erinnert daran, dass alle wesentlichen Gemeinderatsbeschlüsse für das Gewerbegebiet einstimmig gefallen sind. Will heißen: So falsch könnten die Gremiumsmitglieder nicht gelegen sein, "die sind doch alle in der Gemeinde verwurzelt." Zwei Umstände, die auch Bürgermeister Schwäbl nicht müde wird zu betonen. Einen gewissen Respekt bringen Pröbstl und Feil der gut vernetzten Schutzgemeinschaft dennoch entgegen. Mit Taglachinger Protestkonzerten und den "Wellbappn", "The Brass" oder Michael Fitz machten Gaibinger und Kollegen geschickt auf ihr Anliegen aufmerksam.

Die Protestbewegung erscheine aber deshalb viel größer, als sie in Wirklichkeit sei, glaubt Pröbstl. Auf die gesamte Gemeinde betrachtet sei die Debatte weit weniger emotional, als der laute Protest aus Taglaching vermuten ließe. "Da kommt halt viel von außerhalb", ist sich Pröbstl sicher.

Ein Blick auf die Online-Petition bestätigt seine Vermutung allem Anschein nach: Von den gut 2600 Unterzeichnern kommen etwa 1750 aus dem Landkreis Ebersberg - und 66 aus der Gemeinde Bruck. Wie die Brucker die Pläne tatsächlich sehen, dürfte wohl erst am Sonntag, 25. Januar, klar werden. Da können sie sich in einem Bürger- und Ratsbegehren gegen oder für das Gewerbegebiet "Taglaching-Süd" aussprechen.

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