Bruck:Anfang Dezember dreht sich was

Das Brucker Windrad darf in Betrieb gehen, daran ändert auch der noch andauernde Rechtsstreit nichts mehr

Von Barbara Mooser, Bruck

Noch hat er die Sektkorken nicht knallen lassen. "Gefeiert wird erst, wenn alle Klageverfahren endgültig abgeschlossen sind", sagt Werner Stinauer von der Windenergie Osterkling GmbH in Bruck. Dennoch gibt es für ihn und seine Mitstreiter in diesen Tagen Grund zur Freude: Das Windrad nahe des Weilers Hamberg kann wie geplant noch in diesem Jahr ans Netz gehen, die entsprechende Erlaubnis hat das Landratsamt nun erteilt. Sollte alles weiter glatt laufen, könnten die Rotoren bereits Anfang bis Mitte Dezember Strom produzieren.

Derzeit wird noch an der Anlage, deren Mast 140 Meter hoch ist, gebaut. Noch fehlen die Gondel mit dem Generator und die Rotoren. "Ende nächster Woche sollte es komplett fertig sein, wenn alles nach Plan geht", sagt Stinauer. Dann folgt die Verkabelung; im Laufe der 49. Kalenderwoche wird sich das Windrad aller Voraussicht nach zum ersten Mal drehen. Dies ist angesichts laufender Rechtsstreitigkeiten nur deshalb möglich, weil das Landratsamt auch bei der Betriebserlaubnis - wie bereits bei der Baugenehmigung im Juli - den sogenannten "Sofortvollzug" angeordnet hat.

Bruck: Der Mast des Windrads bei Hamberg wird gerade auf 140 Meter aufgestockt, Ende nächster Woche sollen auch die Rotoren montiert sein.

Der Mast des Windrads bei Hamberg wird gerade auf 140 Meter aufgestockt, Ende nächster Woche sollen auch die Rotoren montiert sein.

(Foto: Christian Endt)

Denn an sich hätte die Nutzung der Rechtsmittel "aufschiebende Wirkung". Das Windrad könnte also im Prinzip erst dann ans Netz gehen, wenn alle Gerichtsverfahren abschließend entschieden sind. Das kann allerdings noch dauern: Inzwischen hat das Verwaltungsgericht zwar die Klagen des Landesbunds für Vogelschutz und eines Privatklägers abgewiesen, beide Parteien haben aber die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beantragt. Doch eine lange Wartezeit können sich die Betreiber des Windrads gerade nicht mehr leisten: Sie müssen ihre Anlage noch in diesem Jahr ans Netz bringen, um noch in den Genuss der höheren EEG-Einspeisevergütungen zu kommen. Dies wird ihnen vom Landratsamt nun durch die Anordnung des Sofortvollzugs ermöglicht.

Wie Franz Neudecker vom zuständigen Sachgebiet erklärt, können zwei Gründe diese Maßnahme rechtfertigen: Wenn ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt - oder aber, wenn das private wirtschaftliche Interesse der Bauherren stärker wiegt als das Interesse der Kläger, von den Auswirkungen der Genehmigung bis zum Abschluss aller gerichtlichen Verfahren verschont zu bleiben. Da aus Sicht des Landratsamts sogar beide Voraussetzungen erfüllt seien, sei nun auch die vorzeitige Inbetriebnahme der Windenergieanlage zugelassen worden.

EEG-Novelle

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist im Jahr 2000 in Kraft getreten. Es hatte zum Ziel, Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern und die Stromversorgung umweltverträglicher zu machen. Das sollte auch dazu beitragen, den deutschen Klimaschutzzielen einen Schritt näher zu kommen. Seitdem garantierte das EEG Produzenten, die Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen, feste staatliche Fördersätze für jede erzeugte Kilowattstunde. Dies wird sich jedoch künftig ändern; der Bundestag hat im Sommer einer Reform des EEG zugestimmt. Die Vergütung des erneuerbaren Stroms wird künftig über Ausschreibungen geregelt. Damit wird die Höhe der Förderung vom Markt und nicht länger staatlich festgelegt. Ziel ist es vor allem, die Förderkosten deutlich zu senken. SZ

Während die Landwirte, die das Windrad betreiben, sich über diese Entscheidung freuen, zeigen Gegner der Anlage kein Verständnis dafür. "Was ist denn jetzt, wenn die Kläger in der nächsten Instanz gewinnen? Und was ist, wenn sich in einem Jahr herausstellt, dass die angepeilten Erträge nicht erzielt werden?", fragt Thomas Feneberg, einer der Initiatoren einer Bürgerinitiative gegen das Hamberger Windrad. Nach wie vor sieht er das Projekt äußerst kritisch; seiner Meinung nach sei hier die Gesetzeslage, was Mindestabstände, Vogelschutz oder Landschaftsschutz betrifft, nicht beachtet worden. "Obwohl ein Gutachten klar gemacht hat, dass durch die Anlage seltene Vögel getötet werden können, wurde dennoch eine Ausnahmegenehmigung erteilt - und das, obwohl nicht einmal eine fundierte Referenzberechnung für den Standort vorlag", sagt Feneberg. Dies ist auch einer der Hauptkritikpunkte des Landesbundes für Vogelschutz, für den aus diesem Grund auch das Urteil des Münchner Verwaltungsgerichts "fehlerhaft" ist, wie LBV-Rechtsanwalt Bernd Söhnlein kürzlich erklärte.

Feneberg unterstreicht, er habe sich nie aus eigener Betroffenheit gegen das Projekt engagiert - schließlich wohne er immerhin zwei Kilometer vom Standort entfernt. "Mein ganzes Engagement galt aber dem Ziel, eine Lösung zu finden, die besser ist als Hamberg. Es hätte andere Flächen in der Nähe gegeben, die geeigneter gewesen wären und die sogar in der landkreisweiten Planung als Konzentrationsflächen für die Windkraft vorgesehen werden sollten."

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