Bilanz:Luxusprobleme

Der Landkreis hat im vergangenen Jahr einen Rekordüberschuss von 14 Millionen Euro erzielt. Dafür klopfen die Kreisräte dem Landrat zwar auf die Schulter, halten aber gleichzeitig die Hand auf

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Das Jahr 2016 mögen viele nicht in guter Erinnerung haben - für den Landkreis war es zumindest finanziell eines der besten. Wie aus der nun vorgestellten Jahresbilanz hervorgeht, stieg der mit 7,3 Millionen Euro geplante Überschuss auf 10,6 Millionen Euro. Tatsächlich sind es sogar fast 14 Millionen, wenn man eine aus den Überschüssen gebildete Sonderrücklage mit einbezieht.

Kämmerer gelten für gewöhnlich als zurückhaltend und vorsichtig in ihren Äußerungen, vor diesem Hintergrund wirkte die Finanzmanagerin des Kreises, Brigitte Keller, schon fast euphorisch. Ein "gutes Jahr für den Kreishaushalt" sei das vergangene gewesen, wenn nicht sogar ein hervorragendes, sagte sie im zuständigen Ausschuss des Kreistages. Immerhin stehen dem Kreis mehr als drei zusätzliche Millionen zur Verfügung. Auch für dieses und die kommenden beiden Jahre erwartet Keller satte Überschüsse von um die sieben Millionen Euro pro Jahr.

Das hat positive Auswirkungen auf die in der Finanzleitlinie festgelegten Warn-Indikatoren. Diese waren vor einigen Jahren vom Kreistag beschlossen worden, um einer damals drohenden Überschuldung frühzeitig entgegenwirken zu können. Derzeit scheint diese Gefahr nicht gegeben, die Schulden des Landkreises liegen aktuell bei etwa 50 Millionen und damit fünf Prozent niedriger als im Vorjahr. Dies entspricht etwa 36 Prozent der Aufwendungen im Haushalt, die kritische Marke läge der Finanzleitlinie zufolge bei 65 Prozent. Auch bei Zins und Tilgung gibt es Entspannung, hier sieht die Leitlinie einen Maximalwert von 6,8 Millionen Euro vor, aktuell sind es 5,8 Millionen, was noch 100 000 Euro unter dem Wert des Vorjahrs liegt.

Hier profitiert der Landkreis auch von den niedrigen Zinsen, aktuell zahlt man durchschnittlich 0,8 Prozent. Umgekehrt muss der Landkreis seit Februar für seine Einlagen bei der Kreissparkasse aber auch Strafzinsen in Höhe von 0,4 Prozent zahlen, allerdings erst, wenn sie den Wert von sechs Millionen Euro übersteigen. Leider liege die Zinsgestaltung nicht in der Kompetenz des Verwaltungsrats, erwiderte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) einigen Kreisräten, die kritisiert hatten, dass eine Bank, an welcher der Kreis beteiligt ist, von diesem Strafzinsen verlangt. Unter dem Strich profitiere der Landkreis aber mehr von den niedrigen Zinsen als man eventuell durch Strafzinsen verliere. Zumal man diese ja umgehen könne, erklärte Keller. Man habe bereits reagiert und "überschüssige Liquidität" auf Konten bei der Raiffeisenbank umgebucht.

Insgesamt verfügt der Landkreis derzeit über liquide Mittel von 21,5 Millionen Euro, wodurch auch eine andere Forderung der Finanzleitlinie locker erfüllt wird, der Eigenanteil bei Investitionen. Diese sollen zu nicht mehr als 75 Prozent über Kredite finanziert werden - im aktuellen Jahr liegt die geplante Kreditaufnahme für Investitionen sogar bei Null. Und natürlich sind auch die Anforderungen an den Ergebnisüberschuss übererfüllt. Dieser soll mehr als vier Prozent der Verschuldung betragen, also aktuell zwei Millionen Euro.

"Ich teile die Freude, dass es so gut abgelaufen ist", lobte Martin Wagner (CSU), fügte aber hinzu: Man müsse "auch das Gleichgewicht zwischen Kommunen und Landkreis im Auge behalten". Wagner verwies auf die für eine mögliche Erhöhung der Bezirksumlage gebildete Rückstellung von 3,2 Millionen Euro. Diese sei aus dem Ergebnisüberschuss gebildet, der somit fast 14 Millionen Euro betrage. Geld, "das die Kommunen erwirtschaften müssen."

Der Landrat erinnerte daran, dass man nicht nur die Kreisumlage in der Vergangenheit mehrmals gesenkt hatte. Der trotzdem so hoch ausgefallene Überschuss sei "ein Ausreißer", verursacht durch eine positive Entwicklung im Bereich Asyl. Bei der Haushaltsaufstellung sei man noch von deutlich mehr Asylbewerbern ausgegangen, als im Jahr 2016 tatsächlich ankamen. Allerdings, so Niedergesäß, könne man das zusätzliche Geld für anstehende Projekte gut brauchen: "Wir haben viel vor, zum Beispiel den Bau von Schulen oder die Beteiligung an Ortsumfahrungen", erklärte der Landrat mit Blick auf die geplante Umgehung von Parsdorf. Darauf verwies auch Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD). In seiner Gemeinde wünscht man sich, dass der Landkreis dort ein Gymnasium baut. Vor diesem Hintergrund "versuche ich mich hier positiv auszudrücken", so Hingerl. Er habe durchaus Verständnis für Wagners Argumente, aber auch ein hoher Überschuss in einem Jahr komme letztlich den Kommunen zugute: "Es ist gut, wenn nicht jede neue Aufgabe gleich zu einer Erhöhung der Umlage führt." Dem schloss sich Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) an, er lobte auch die Rückstellung für die Bezirksumlage. Allerdings hätte er sich gewünscht, dass es dazu einen Beschluss im Kreistag gegeben hätte. "Ich würde ja dafür stimmen, die Rücklage ist sinnvoll."

Grundsätzlich seien solche Rücklagen Sache der Finanzverwaltung, erläuterte Kreiskämmerin Keller, genau wie Rückstellungen für Pensionen oder Überstunden. Man sei dazu verpflichtet, wenn sich abzeichne, dass man mehr Geld benötige - das sei bei der Bezirksumlage der Fall. "Aber es wäre schon gescheit, wenn wir wenigstens über die Höhe einen Beschluss fassen", entgegnete Brilmayer.

Dem kam die Verwaltung nach. Neben der Verbuchung der 10,6 Millionen Euro Überschuss als Eigenkapital entschied das Gremium auch darüber, die 3,2 Millionen Euro für eine Erhöhung der Bezirksumlage zurückzulegen. Beide Beschlüsse fielen einstimmig. "Ich bin ja froh", so Landrat Niedergesäß, "dass wir um Überschüsse diskutieren und nicht umgekehrt."

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