Bilanz des Jugendamts:Erst einmal in Sicherheit

Sieben Mal hat das Ebersberger Jugendamt im vorigen Jahr Kinder ihren Eltern weggenommen, um sie zu schützen. Zuständig ist die Behörde aber auch für 110 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Landkreis

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Die aktuelle Statistik des Bundeskriminalamtes zu Gewalttaten an Kindern offenbart: Während die Zahl der misshandelten Kinder im vergangenen Jahr um sechs Prozent zurückgegangen ist, stieg die Zahl der minderjährigen Todesopfer auf 130 und damit um 20 Prozent. Tatsächliche oder drohende Misshandlungen sind ein Grund, Kinder seitens des Staates unter Schutz zu stellen. Auch wenn Eltern oder ein Elternteil mit der Erziehung überfordert ist, können die Jugendämter tätig werden. Kinder und Jugendliche können darüber hinaus von sich aus Schutz bei den Jugendämtern suchen, wenn sie sich zu Hause nicht mehr sicher fühlen.

Bei Jugendlichen ist oft Streit mit den Eltern der Grund für Inobhutnahmen

Im Landkreis Ebersberg musste das Jugendamt im vergangenen Jahr sieben Mal eingreifen. Vier Mal ging es dabei um Jugendliche, drei Mal um Kinder, wie Jugendamtsleiter Christian Salberg berichtet. Meist führten "unterschiedliche Vorstellungen von Eltern und ihren jugendlichen Kindern zum Begriff Autonomie" zu den sogenannten Inobhutnahmen. "Es kommt aber auch immer mal vor, dass sich Kinder einfach abseilen", erzählt Salberg. Bei kleineren Kindern sei es in den genannten Fällen um "Überforderung der Eltern mit der Erziehung in Verbindung mit der häuslichen oder persönlichen Situation" gegangen. Normalerweise würden Kinder oder Jugendliche in solchen Fällen zwischen einem Tag und drei Monaten untergebracht - Kinder meist in Pflegefamilien, Jugendliche oft im Haus der Inneren Mission in Feldkirchen. Wie lange so eine Unterbringung dauere, hänge von einer Klärung der weiteren Perspektive ab, erklärt Salberg, etwa, ob die Kinder in ihre Familien zurückkönnen, oder ob sie auf Dauer einer Pflegefamilie übergeben werden.

Der größte Teil der insgesamt 15 295 vorübergehenden Schutzmaßnahmen, die in Bayern im vergangenen Jahr eingeleitet wurden, entfiel allerdings nicht auf solche Fälle, sondern dabei ging es um alleinreisende minderjährige Flüchtlinge. Die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 230 Prozent gestiegen, damals lag sie bayernweit bei 4675. Ober- und Niederbayern liegen in der Statistik mit mehr als 5000 Fällen weit vorn. Den höchsten bayerischen Wert weisen dabei Stadt und Landkreis Passau mit mehr als 2900 Fällen auf, was auf die Lage unmittelbar an der Landesgrenze zurückzuführen ist. Dort waren besonders viele Flüchtlinge angekommen. Auf dem zweiten Platz liegt München mit 1676 Fällen, gefolgt von Rosenheim mit 815. Weitere Brennpunkte sind Nürnberg, Regensburg und Würzburg.

Das Jugendamt ist außerdem für 110 minderjährige Flüchtlinge zuständig

In der Region München verzeichnet der Landkreis Erding die höchste Zahl an vorläufigen Schutzmaßnahmen. Hier werden immer wieder unbegleitete Minderjährige am Flughafen aufgegriffen, einige von ihnen wenden sich auch von selbst an die Behörden.

Im Landkreis Ebersberg waren im November 2015 118 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Für sie ist das Ebersberger Jugendamt allerdings nicht die erste zuständige Instanz. Um welche geflüchteten Jugendliche sich die Ebersberger kümmern müssen, entscheidet per Zuweisung die Regierung von Oberbayern. Im Mai dieses Jahres waren es Salberg zufolge noch 110 Jugendliche. Sie wohnen in verschieden großen Gruppen in acht Einrichtungen verteilt auf Anzing, Ebersberg, Glonn, Grafing, Kirchseeon, Markt Schwaben, Steinhöring und Vaterstetten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: