Beim Seniorenkreis Ebersberg:Nur im Dunkeln leuchten die Sterne

Felix Leibrock

Menschen für Literatur zu begeistern, ist Felix Leibrock ein großes Anliegen. Und nach Ebersberg kommt er immer wieder gerne.

(Foto: Veranstalter)

Pfarrer Felix Leibrock spricht über seine liebsten neuen Bücher und das Glück

Von Michaela Pelz, Ebersberg

Bärbel Körner, Leiterin des Seniorenkreises "Lebensfreude-Treff 60 plus" in Ebersberg ist begeistert, als sie auf die Veranstaltung "Ist Glück Glückssache?" am Montag, 21. Oktober, angesprochen wird. Dann nämlich öffnen sich die Türen des evangelischen Gemeindehauses für Felix Leibrock, Geschäftsführer des evangelischen Bildungswerks München, Pfarrer, Ex-Stadtkulturdirektor von Weimar, Rundfunkredakteur, Polizeiseelsorger und Tausendsassa. Zum mittlerweile dritten Mal stellt der frühere Buchhändler im Rahmen eines "Fröhlichen Seniorentreffs bei Kaffee und Kuchen" aktuelle Neuerscheinungen vor, zwölf an der Zahl. Das geplante Spektrum reicht dabei von Matthias Brandt über Michel Houellebecq bis zu Isabel Bogdan.

Auch im Gepäck: die Erzählung "Nur im Dunkeln leuchten dir Sterne". Ein Mann verliert darin erst alles - Job, Familie, bürgerliche Existenz, Hoffnung, um dann auf völlig unerwartete Weise getröstet und gestärkt zu werden. Mit diesem Buch hat es eine ganz besondere Bewandtnis, denn geschrieben hat es Leibrock selbst. Und die Erfahrungen mit Obdachlosigkeit des fiktiven Ich-Erzählers beruhen auf tatsächlichen Erlebnissen des Endfünfzigers. Zwar war er nicht wie sein Protagonist arbeits-, aber doch mehr als zwei Jahre lang wohnungslos, hangelte sich von einem möblierten Zimmer zum nächsten, musste bei Bekannten oder im Büro übernachten, sich am Bahnhof oder im Fitnessstudio waschen, auch einige Tage auf der Straße waren dabei. Was auch der Grund dafür ist, dass er sich seitdem ehrenamtlich als Ausfahrer von Tee, Suppe und Brot für jene betätigt, die er damals kennenlernte. Seine sonst so fröhliche Plauderstimme wird ganz ernst, als er hinzufügt: "Es war eine belastende Zeit. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass die Tatsache, jederzeit problemlos duschen zu können, plötzlich ein ganz großes Geschenk sein kann." Doch so wurde ihm die Antwort auf die Frage klar, die so viele Menschen bewegt: "Wie finde ich das Glück?": Für die kleinen, auf den ersten Blick fast banalen Dinge dankbar zu sein - darum geht es. Den Blick zu weiten, sich bewusst zu machen, dass dauerhaftes Glück nicht möglich ist - "immer Sahnetorte schmeckt ja auch nicht!" - und vor allem, sich klar zu machen, dass nur der, der auch die dunklen Seiten des Lebens erlebt hat, erkennen kann, wann es ihm gut geht.

Seine Erfahrung mit den Höhen und Tiefen des Alltags zieht Leibrock jedoch nicht nur aus dem eigenen wechselvollen Leben. Als Seelsorger bei der Bereitschaftspolizei unterrichtet er nämlich unter anderem junge Beamte und Beamtinnen, auch dabei erfährt er allerhand. Darüber wird er in Ebersberg indes natürlich nicht sprechen, sondern über Inhalt, Entstehungsgeschichte und Anekdoten rund um die mitgebrachten Bücher, launig natürlich ("nichts ist so tragisch, dass man nicht ein wenig Humor hineinpacken kann"). Danach wird er das Publikum auffordern, von eigenen Erfahrungen zu berichten. Auf den, während der letzten Male erlebten "diskussionsfreudigen und kulturinteressierten Kreis" in Ebersberg freut er sich jetzt schon. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum Leibrock so gerne kommt: "Eine Buchvorstellung muss humorvoll sein. Also bin ich es auch. Wenn die Leute aber beim dritten Gag immer noch nicht lachen, dann ist das nicht schön. In Ebersberg sitzt schon der erste - und ich bin voll motiviert."

Die gekonnte Interaktion mit den Zuhörern schätzt auch Organisatorin Bärbel Körner: "Herr Leibrock hat durch seine lockere, lustige Art sofort Kontakt mit den Leuten. Er geht auf sie zu und schafft es, auch die Zurückhaltenden aus der Reserve zu locken." Was ihr außerdem gefällt, ist, dass im Anschluss immer ein Manuskript mit Kurzzusammenfassungen zu jedem Buchtitel verteilt wird. Diese Erinnerungsstütze ist natürlich extrem hilfreich für alle, denen der Vortrag Appetit auf ein bestimmtes Buch gemacht hat.

Das Konzept seiner Veranstaltungsreihe (ein Dutzend Titel zu immer einem anderen Oberthema) hat Felix Leibrock vor etwa zwanzig Jahren von einem väterlichen Freund übernommen. Seitdem veranstaltet der Vielleser ("Ich habe das Glück, mit einer Buchhändlerin verheiratet zu sein und gute Kontakte zu Verlagen zu haben, darum geht mir der Nachschub nicht aus.") immer im Herbst seine "Büchershows". 2019 stehen bisher schon 14 solcher Termine im Kalender, aber Leibrock würde gerne noch weiteren Einladungen Folge leisten. Es ist ihm, das spürt man in jedem Wort, einfach ein großes Anliegen, Menschen für Literatur zu begeistern. Darum tut er das. Unentgeltlich übrigens.

Eines will auch Bärbel Körner unbedingt noch loswerden: "Unsere Veranstaltungen sind natürlich ökumenisch, aber auch wer sich nicht einer Kirche zugehörig fühlt, darf kommen!" Dann fügt sie noch spitzbübisch hinzu: "Und wenn sich jemand, der noch unter 60 ist, fürs Thema interessiert, dann wird der auch nicht weggeschickt!"

"Ist Glück Glückssache?", Büchershow mit Felix Leibrock, am Montag, 21. Oktober, von 15 bis 17.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus Ebersberg, Abt-Williram-Straße 90.

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