Behörde in der Kritik:"In hohem Maße menschenfeindlich"

Der Bayerische Flüchtlingsrat bekräftigt seine Kritik an der Ebersberger Ausländerbehörde, eine der rigidesten im Freistaat zu sein. Das Landratsamt weist die neuerlichen Vorwürfe der Organisation zurück

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg/München

Der Bayerische Flüchtlingsrat hat seine Kritik an der Ausländerbehörde des Ebersberger Landratsamts bekräftigt. Dies geht aus einem Brief des Flüchtlingsrats an den Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hervor. In dem Schreiben, das der SZ vorliegt, bekräftigt Flüchtlingsrats-Sprecher Stephan Dünnwald seine Aussagen von Mitte November in der SZ, wonach die Ebersberger Ausländerbehörde zu den rigidesten im Freistaat zähle, wenn es um Arbeitserlaubnisse und Abschiebemethoden geht. In der neuerlichen Abwägung mit anderen bayerischen Ausländerbehörden bezieht sich der Rat auf "eine Reihe von Schilderungen" von Ehrenamtlichen.

Vor drei Wochen hatte Landrat Niedergesäß ähnliche Vorwürfe des Bayerischen Flüchtlingsrats zurückgewiesen. "Das Landratsamt Ebersberg sieht sich selbst bislang keineswegs als besonders rigide im Umgang mit Asylbewerbern und Zuwanderern", hieß es in einem Schreiben des Landrats an Flüchtlingsrats-Sprecher Stephan Dünnwald. In einer Pressemitteilung wies das Landratsamt zudem Vorwürfe zurück, wonach die Ebersberger Ausländerbehörde einem Grafinger Bauunternehmer mit Nachdruck nahegelegt habe, einem schwer erkrankten Senegalesen zu kündigen. Dieser hatte daraufhin seinen Ausbildungsplatz und die daran geknüpfte Aufenthaltserlaubnis verloren. Über dieses Vorgehen hatte sich sein damaliger Arbeitgeber bei der Ebersberger SZ beklagt, eine Stellungnahme zum konkreten Fall verweigert das Landratsamt bisher "aus Datenschutzgründen ", wie es heißt.

In seinem Schreiben an den Landrat begründet der Flüchtlingsrats seine Einschätzung, wonach das Ebersberger Landratsamt im Umgang mit Flüchtlingen zu den "hartleibigsten" in Bayern zählt, getoppt lediglich von Erding, wo es keinerlei Zusammenarbeit mit Trägern wie der Caritas gibt, in Ebersberg ist das offiziell der Fall. Grund für diese Sicht sei die Vielzahl an Beschwerden von Helfern im Landkreis Ebersberg. Niedergesäß' Einschätzung, wonach sich die zuständigen Mitarbeiter der Ausländerbehörde um eine "möglichst großzügige Handhabung" bemühen, könne er "nicht nachvollziehen", so Dünnwald. Stellungnahmen von Ehrenamtlichen würden "in weiten Teilen das Gegenteil bezeugen". Bis auf eine Ausnahme, wobei es dabei um die Betreuung anerkannter syrischer Flüchtlinge geht, so Dünnwald, sei in allen anderen Fällen "eine rigide Praxis konstatiert" worden.

Besonders scharf kritisiert Dünnwald die geplante Abschiebung eines nigerianischen Patienten aus einer psychiatrischen Klinik im Sommer, wo das Verfassungsgericht einschritt und die Aktion kurz vor Mitternacht noch verhinderte. Diese Praxis kennzeichne ein "in hohem Maße menschenfeindliches Verhalten", so Dünnwald. Aus mehreren Berichten von Ehrenamtlichen sei zu entnehmen, dass die Behörde auch beim Erteilen von Arbeitserlaubnis entgegen den Vorgaben des bayerischen Innenministeriums nur zwei von sechs Kriterien heranziehe: die erwartete Bleibeperspektive und die "Identitätsklärung", also ob jemand einen Pass vorweisen kann oder nicht. Andere Aspekte würden - anders als in anderen Landkreisen üblich - ausgespart. Dazu, so Dünnwald, komme ein unangemessener Ton einzelner Behörden-Mitarbeiter und "regelmäßige Taschengeldkürzungen" für Flüchtlinge ohne Bescheid oder Erklärung.

Das Landratsamt antwortet zu den Vorwürfen aus dem Brief des Flüchtlingsrats und liefert erstmals Zahlen zu den Arbeitserlaubnissen. Demzufolge hat die Ausländerbehörde im Jahr 2017 bisher 170 Anträge von Asylbewerbern auf Beschäftigungserlaubnis akzeptiert und nur sechs abgelehnt. Der Vorwurf, dass man nur nach Identität und Bleibeperspektive entscheide, sei "keinesfalls richtig". Bei der verhinderten Abschiebung aus der Psychiatrie pocht das Landratsamt weiter auf seinen Standpunkt, wonach man sich lediglich an einem Urteil des Verwaltungsgerichts orientiert habe, den Flug- und Abholtermin habe nicht die Ebersberger Behörde gewählt, heißt es.

Das Landratsamt dementiert auch, dass Mitarbeiter sich im Ton vergreifen würden, auch gebe es keine Kürzungen der Bezüge ohne Erklärung. Aus eigener Wahrnehmung fühle man sich vom Bayerischen Flüchtlingsrat generell zu streng bewertet, weil man eben nicht zu den rigiden Behörden in Bayern zähle, so das Landratsamt.

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