Baiern:Sprechprobe im Familienlabor

Alexander Renner

Mit seinem Gong demonstriert Alexander Renner, in welche Vibrationen das Gehirn versetzt ist, wenn der dazugehörige Mensch ständig online ist.

(Foto: privat)

Alexander Renner aus Baiern hält Vorträge über den Umgang mit der ständigen Online-Verfügbarkeit. Zuhause wird bei ihm zeitweise das Wlan ausgeschaltet, nun holt er den ersten Platz bei einem Redner-Wettbewerb

Von Sandra Langmann, Baiern

Ein tiefer, angenehmer Ton nimmt den gesamten Raum ein. Mit einem einzigen Schlag auf die runde Platte wird die Umgebung zum Vibrieren gebracht, die Schwingungen sind noch einige Zeit danach spürbar. Welche Wirkung das auf den Körper und vor allem auf das Gehirn hat, erklärt Alexander Renner aus Baiern in seinen Vorträgen. Und das mit Leidenschaft und einer solchen Überzeugung, dass er den internationalen "Speaker Slam", einen Wettbewerb der Profi-Redner, in Bernkastel-Kues gewann.

Seiner Arbeit, oder besser, seiner Berufung als Vortragsredner geht der Bairer erst seit zwei Jahren nach. Vier Tage die Woche arbeitet Alexander Renner im Marketingbereich einer IT-Firma, doch die restliche Zeit widmet er seinem eigentlichem "Herzensthema", der Neurowissenschaft. Er besucht Unternehmen und Veranstaltungen, hält Vorträge und leitet Workshops, um Menschen etwa den Umgang mit der ständigen Erreichbarkeit über Mail, Handy und soziale Netzwerke näher zu bringen. "Die Menschen sind von der neuen Technologie überfordert und schnell abgelenkt", erklärt Renner.

"Das Smartphone ganz aus dem Leben zu verbannen ist der falsche Weg. Als Hilfsmittel im Alltag ist es ganz praktisch." In seinen Vorträgen erzählt der 47-jährige Familienvater, was im Gehirn vorgeht, wenn man permanent Nachrichten checkt und E-Mails aktualisiert. Gerade deswegen falle es einem schwer, sich in der Arbeit auf das Wesentliche zu konzentrieren. "Man arbeitet konzentriert, doch kaum vibriert das Handy, ist man wieder abgelenkt. Die Leute sprechen von Multitasking. Dabei wird man aber ständig unterbrochen und kommt in seiner Arbeit nicht weiter", erklärt Renner. Da es wohl vielen so geht, kommen seine Vorträge besonders bei Unternehmen gut an. Deren Mitarbeiter soll dabei geholfen werden, sich wieder besser auf die Arbeit fokussieren zu können.

Auch mit dem Thema Burn-Out beschäftigt sich Alexander Renner intensiv. Denn aufgrund von Smartphone und Co fällt es vielen Menschen schwer, mal runterzufahren und abzuschalten. "Obwohl man gerade 15 Minuten entspannen könnte, gelingt es oft nicht, genau jetzt den Kopf frei zu bekommen", sagt Renner. Dabei kommt der Gong zum Einsatz, den er, wenn es gewünscht ist, gerne zu seinen Vorträgen mitbringt. Die Frequenzen und die regelmäßigen Schwingungen helfen dabei, zu entspannen - wie bei einer Meditation. "Das Meeresrauschen, aber auch das Geräusch von Regen haben beispielsweise die gleiche Wirkung auf uns wie dieser Gong", weiß Renner, der sein Wissen darüber aus Fachbüchern und Studien bezieht. Er sei kein Professor oder Arzt, aber gerade deswegen könne er die komplizierten Vorgänge besser erklären, vermutet der 47-Jährige, der die Bestätigung dafür in Form eines goldenen Zertifikates erhalten hat.

Seine drei Kinder bekommen von seinen Vorträgen bislang noch wenig mit. "Dafür sind sie noch zu klein", meint Renner. Die ältere Tochter merke mit fünfzehn Jahren aber bereits, dass sie vor allem abends ihr Smartphone schwer aus der Hand legen kann. Abhilfe schaffe ganz einfach das Ausschalten des W-Lans. "Ich bin mein eigenes Experimentierfeld", erklärt der Familienvater, auch seine Frau bleibe nicht ganz verschont. Alexander Renner teste daher auch Kopfhörer, die beruhigende Töne oder Plätschern abspielen. Quasi auf Knopfdruck sei man dann entspannt. "Fußballer sieht man häufig aus dem Tourbus mit solchen aussteigen. Die hören dann nicht die Charts, sondern entspannen so", sagt Renner.

Um sein "Herzensthema" einem breiteren Publikum zu präsentieren, und auch um bekannter zu werden, nimmt er seit einem Jahr an Speaker-Slams, an Wettbewerben für Vortragsredner, teil. In einer kurzen Zeit von acht bis zehn Minuten müssen die Teilnehmer je nach Wettbewerb entweder eine Fachjury oder das Publikum überzeugen. Dabei sei es nicht nur wichtig, sein Thema perfekt zu beherrschen, sondern auch emotional zu überzeugen, verrät der Gewinner des internationalen Speaker Slam in Bernkastel-Kues. Es reiche nicht aus, Fachtermini aneinanderzureihen, sondern man müsse persönlich von seinem Thema betroffen sein. "Das Publikum möchte auch unterhalten werden", verrät Renner. Zudem müsse man in kurzer Zeit das Thema auf den Punkt bringen. Dabei könne man nicht einfach einen ganzen Vortrag zusammenkürzen, sondern man müsse sich auf einen Bereich beschränken.

In Bernkastel-Kues musste sich Renner gegen 36 Finalisten durchsetzen - insgesamt dauerte die Veranstaltung, deren Themenschwerpunkt auf "Unternehmen" lag, fünf Stunden. Es wurde über Umweltschutz, Digitalisierung und viele weitere Themen referiert. Als Interessierter an den Neurowissenschaften habe er sich für den Schwerpunkt Schlafstörungen entschieden. Denn, so Renner, davon seien 80 Prozent der Deutschen betroffen. Und das zumeist, weil man immer wieder vom Smartphone abgelenkt werde. Dabei könne das Gerät auch zum Hilfsmittel für schöne Träume werden, da Apps mittlerweile das Schlafverhalten beobachten können. Viele Menschen finden sich in der digitalen Welt schwer zurecht. Es bleibe einfach nicht die Zeit, sich der schnellen Veränderung anzupassen, viele seien damit überfordert. Alexander Renner möchte ihnen helfen, das zu ändern.

Wie der Familienvater, Vortragsredner und IT-ler selbst am besten entspannt? Wenn Zeit bleibt, arbeitet er gerne im Garten. Ansonsten ist Renner gerne mit der Familie unterwegs und begleitet die Kinder beim Reiten. Und das ganz ohne Kopfhörer mit Plätscher-Sound.

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