Ausstellung:Zarte Gesten und wilde Wesen

Unter dem Thema "Begegnungen" präsentieren 83 Mitglieder des Kunstvereins Ebersberg ihre Ideen zum Miteinander von Mensch, Natur und Kunst

Von Rita Baedeker

Das Leben besteht aus einer endlosen Reihe von Begegnungen. Viele davon sind bereichernd, spenden Freude und Geborgenheit. Andere wirken geheimnisvoll, verstörend, machen Angst oder erzeugen den Wunsch zu fliehen. Begegnung bedeutet auch: hinter die Dinge schauen, den Vorhang lüften, ein Wagnis eingehen. Dazu fordert ganz wörtlich die Installation "Ein Engel für Ebersberg" von Katharina Avatari Gläser auf. Die aus Leinwand, Chinapapier, Keramik, Acryl und Öl bestehende Arbeit richtet eine ausdrückliche Botschaft an den Betrachter: "Ich lade dich ein, das Kunstwerk zu berühren, ein aktiver Teil des Kunstwerks zu werden."

Einen mehr oder weniger unmissverständlichen Appell zur Begegnung, zum Dialog mit Mensch, Tier und Natur, mit Ängsten und Sehnsüchten beinhalten auch die anderen Arbeiten in der Mitgliederausstellung des Kunstvereins Ebersberg, die am Samstag, 31. August, in der Galerie Alte Brennerei im Klosterbauhof eröffnet wird. Die Projektleiter Wout Wolters und Peter Gierse haben die eingereichten Werke mit viel Gespür für formale und gedankliche Beziehungen gehängt.

Das Schlüsselwort "Begegnung" lässt Raum für nahezu grenzenlose Deutungen. Ein beliebtes Motiv ist die Natur, unser tagtägliches Gegenüber. Da sind zum Beispiel gleich im Foyer Kiki Kleist von Bröckels zu einer Art Rollbild zusammengesetzte Blätter. Die mit Tusche, Acryl und Farbstiften gezeichneten, mit Rüssel versehenen Geschöpfe erscheinen als Zwitter zwischen wilden Zottelwesen und Mensch. Einen kostbaren Augenblick hat Karin Gerwien mit ihrer Betonskulptur, einem mit goldenen Mosaiksteinen ausgestatteten Baumstamm, geschaffen. Ein Käuzchen mit grün funkelnden Augen und gesträubten Federn scheint gerade aus seinem Versteck geschlüpft zu sein, so als wäre es erstarrt vor Schreck angesichts des fremden Blicks, dem es hier, fern des schützenden Waldes, ausgesetzt ist.

Thomas Hümmler wiederum widmet sich der Weltsprache der Gesten, zusammengefasst auf einer Fotografie, die 54 Hände zeigt. Aus nur fünf Fingern besteht der Wortschatz, mit dessen Hilfe Menschen Dinge wie Verbundenheit, Dominanz, Fürsorge und vieles mehr ausdrücken. Finger sind gespreizt, Handflächen geöffnet, sie drücken einander zur Begrüßung oder zum Abschied, sie belehren, sagen Ja oder Nein. Auch eine Totenhand ist darunter, die an die allerletzte Begegnung, der wir nicht entkommen, gemahnt.

Unseren Ängsten begegnen wir meist lieber nicht, doch baut die Kunst immer wieder Brücken zu unwillkommenen Gefühlen. Etwa bei der von Alfred Diener in Acryl porträtierten Frau mit dem vor Schreck geweiteten Auge und dem zum Schrei aufgerissenen Mund. Ihr steht der blanke Horror ins Gesicht geschrieben. Welche Begegnung mag ihr widerfahren sein?

Auch Zeitebenen stoßen aufeinander. So dokumentieren zwei im Abstand von sechs Sekunden fotografierte, scheinbar identische Wolkenformationen von Georg Juranits eine winzige Veränderung. Erst auf den zweiten Blick wahrnehmbar ist auch der zeitliche Abstand zwischen den Bauten auf dem Aquarell- und Tuschebild "Vergangenheit und Future" von Eugenie Meyden. Den Vordergrund füllen zwei Hochhausblöcke, dazwischen öffnet sich ein Durchgang, der wie bei einem Vexierbild in eine gotische Architektur mündet.

Die Mitgliederausstellung "Begegnung" des Kunstvereins mit der Wahl des von der Sparda-Bank und der Firma Boesner gestifteten Publikumspreises wird am Samstag, 31. August, um 18 Uhr in der Alten Brennerei im Klosterbauhof eröffnet und dauert bis Sonntag, 22. September; geöffnet Freitag 18 bis 20, Samstag und Sonntag 14 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung ist das Magazin der "100 Bilder" von Boesner erschienen.

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