Ausstellung:D wie Dingo

Drei Bibliotheken zeigen gemeinsam die sehenswerte Wanderausstellung "Buchstäblich anders". Sie widmet sich ausgefallenen und teils skurrilen ABC-Büchern aus aller Welt

Von Franziska Langhammer, Grafing/ Grasbrunn/ Vaterstetten

Wie das ABC zum ABC wurde, lässt man am besten Wortjongleur James Krüss erklären: "Als man zu schreiben angefangen/ erfand man auch das Alphabet./ Da kam zuerst das A gegangen/ das adlerhaft am Anfang steht." Aha, so war das also mit dem A. Und weiter? Auch der auf den ersten Blick dröge, ausladende Buchstabe D wird dem Leser schmackhaft gemacht: "Doktor Doktor Dieter Druhle/ ist Dozent der Volkshochschule/ Er erklärt für wenig Geld/ dir und mir die ganze Welt." In dem kunterbunten Buch "Von Anfang bis Zebra" vereint der deutsche Dichter ABC-Gedichte, umrankt von fantasievollen bis schrägen Illustrationen von Sabine Wilharm.

Das feine Fabulierwerk ist im Rahmen der Wanderausstellung "Buchstäblich anders" der Internationalen Jugendbibliothek für interessierte Leser und Buchstabenfreunde jeden Alters zu sehen. Die Kollektion ausgefallener und teils vor Spielfreude sprühender Alphabet-Bücher aus aller Welt gastiert nun in den Gemeindebüchereien Grasbrunn und Vaterstetten sowie der Stadtbücherei Grafing; sie ist Teil der "Woche der Büchereien im Landkreis" (siehe Text unten). Mit der Aufteilung auf die drei Büchereien solle auch die Vernetzung untereinander betont werden, sagt Brigitte Binder von der Bücherei Grafing: "Wir haben alle dasselbe Ziel: dass Kinder lesen können."

Buchstäblich Anders - ABC Buchausstellung

Außergewöhnliche Schriftarten sind auch ein Teil der Ausstellung "Buchstäblich anders".

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Thematisch hat jede der teilnehmenden Bibliotheken etwas anderes zu bieten. In Grafing wird "Das ABC-Buch als Kunstobjekt" präsentiert. Zu den Raritäten des Buchdrucks gehört etwa das japanische "Bilderbuch der Buchstaben aus Menschen", darin verbiegen sich Männer und Frauen in Kimonos und Sportanzügen zu Lettern. Das sinnenfrohe "ABC di boccacce" ("ABC der Grimassen") aus Italien hat es sich zur Aufgabe gemacht, Buchstaben in den Gesichter von Kindern aus aller Welt verewigen; das P ist hier zu einem Gähnen, das O zu einem jubelnden Mund verformt. Und wer noch nicht gewusst hat, wie ein R im internationalen Winkeralphabet aussieht, der kann es gleich mal selbst ausprobieren: einfach die zwei Flaggen, die man zur Kommunikation in der Schifffahrt benutzt, waagrecht neben den Körper halten.

Den klassischen Alphabet-Büchern widmet sich die Gemeindebücherei Vaterstetten. Von A bis Z werden hier die Buchstaben durchdekliniert, auf jede erdenkliche Weise. Das "ABC de la trouille!" (Das Grusel-ABC) aus Frankreich macht von vornherein klar: harmlos war gestern. Der letzte Buchstabe im Alphabet kommt natürlich von Zombie, und für wen ist das F erfunden worden? Für Frankenstein, ist doch klar. In verwegenen, ziselierten Tuschestrichen finden hier deformierte und doch sympathische Monster mit ihren Namensträgern zu einer unterhaltsamen Symbiose zusammen.

Buchstäblich Anders - ABC Buchausstellung

Auch klassische Alphabetbücher werden ausgestellt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Witzig bis skurril verstrickt das niederländische Buch "Het vogeltjes ABC" (Das Vogel-ABC) die gefiederten Tierchen mit den Abgründen des ABCs. So rülpst nach dem Genuss eines Biers ein roter Vogel ganz nonchalant "Burp" - und schon ward das B geboren. Mit ungleich mehr körperlicher Anstrengung kommt das P zustande: Ein Huhn drückt und drückt in höchster Aufruhr, bis es sich schließlich mit einem "Plop" von einem Ei befreit.

Haptisch und konkret wird es in der Gemeindebücherei Grasbrunn: Hier stehen fantasievolle Buchstaben- und Wortspiele im Vordergrund. Das "Morskaja azbuka" (Meeres-Alphabet) aus Russland verquickt kyrillische Buchstaben mit dem Geschehen auf der Weite des Meeres; das B etwa wird zum Großmasten auf einem herrschaftlichen Boot. Rotraut Susanne Berner gibt im letzten Teil von "Das ABC Spielebuch" Tipps und Anleitungen zu Spielen für lange Autofahrten oder kurzweilige Nachmittage, wie man den Gebrauch Buchstaben kreativ zur Unterhaltung umbauen kann.

Die Alphabetbücher sind nicht nur zum Großteil antiquarische Schätze, sie erzählen auch viel über die Weltsicht und Kulturen der einzelnen Länder, aus denen sie stammen. Die Buchstaben mögen oftmals dieselben sein, doch in ihrer Darstellung spiegelt sich viel aus der Lebenswelt und dem Alltag der Autoren wider. So wie in Deutschland Kindern in der Schule "K wie Kuh" beigebracht wird, lernen die australischen Kinder "D wie Dingo" oder "P wie Possum" (Oppossum). Und wo das deutsche Buchstabieralphabet zur besseren Verständigung etwa bei Telefongesprächen "B wie Berta", "I wie Ida" und "N wie Nordpol" verlangt, sind es im Schwedischen "Bertil", "Ivar" und "Niklas", die zur besseren Kommunikation beitragen.

Buchstäblich Anders - ABC Buchausstellung

Es werden dreidimensionale Kunstobjekte gezeigt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch beschränkt sich die Ausstellung bei weitem nicht auf das lateinische Alphabet, sondern zeigt auch die Spielformen der arabischen und chinesischen Schriftzeichen. Auch die Braille-Schrift, die Schrift für blinde Menschen, sowie das Morse- und Fingeralphabet, finden sich in den vielfältigen Darstellungen wieder. Bis zum 26. November sind die Kunstwerke und Bücher in den drei Büchereien noch zu sehen. Oder, um es mit James Krüss zu sagen: "Die Ypsilon-Zentauren gibt's gleichfalls nirgendwo, das ist sehr zu bedauern, und darum schließt der Zoo."

Die Woche der Büchereien im Landkreis Ebersberg findet von 15. bis 26. November statt. Wer die gesamte Ausstellung "Buchstäblich anders" sehen möchte, kann dies auch in einer organisierten Rundfahrt am Donnerstag, 23. November, um 14.30 Uhr tun. Die Anmeldung dazu erfolgt über die Stadtbücherei Grafing.

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