Aus für Party-Location:Abschied von der Rampe

Zwei Monate lang wurde im Rohbau des Ebersberger Stadtsaals gefeiert, fanden Konzerte und Lesungen statt - nun ist diese lebhafte Episode vorbei.

Martin Mühlfenzl

Nun ist sie also vorbei. Jene schöne Zeit, in der die Kreisstadt ihre Besucher mit einem farbenfrohen Spektakel an einem ihrer markantesten Bauten willkommen hieß. Manch Feierlustige befürchten gar, dass sich in Ebersberg nun allabendlich beklemmende Leere und Trostlosigkeit breit machen werden. Die Kreisstadt als verlassener Ort, durch dessen menschenleere Straßen Steppenläufer fegen, die rollenden Büsche, die man aus verlassenen Westernstädten kennt?

So weit werden es Sebastian Otter, Felix Kessler und Oliver Völker nicht kommen lassen. Zu sehr liegt dem kreativen Trio seine Stadt am Herzen. Die ehemaligen Betreiber des bereits legendären Clubs "Erste Etage" entwickeln bereits neue Ideen. Zum Glück für all jene, die sich am Wochenende nicht im eigenen Heim verkriechen und die Füße gemütlich hochlegen wollen. Ebersberg kann anders. Und dies hat viel mit dem Trio Otter, Kessler und Völker zu tun.

Am Samstagabend haben die ehemaligen Clubbetreiber einen Abschied der besonderen Art gefeiert. Für zwei Monate hatte das Trio den Rohbau des Ebersberger Stadtsaals in ein Refugium der Jugend und Junggebliebenen verwandelt: Das Interieur der Ersten Etage fand im künftigen Konzertsaal vorübergehend neue Verwendung, Kronleuchter zauberten warmes Licht in den Barbereich, Installationen des Künstlers Andi Mitterer zierten die Wände, Lichtinstallationen weisen am Samstag zum letzten Mal den Weg über die Zufahrt. "Die Rampe". Dieser Name hat binnen kürzester Zeit einen ganz besonderen Klang erlangt. Hier wurde gefeiert, wurden Konzerte gegeben, Billard und Kicker gespielt, Lesungen abgehalten. Wie einst die Erste Etage war auch die Rampe mehr als ein einfacher Club. Die Organisatoren wissen eine große Fangemeinde hinter sich.

Doch alle Beteiligten waren sich seit langer Zeit bewusst, dass der Umzug in den Stadtsaal nur eine kurze Episode darstellen würde. Die Stadt wird den Rohbau in den kommenden Monaten für mehrere Millionen Euro in einen modernen Multifunktionsaal samt edler Einrichtung verwandeln. Gefeiert wird hier künftig in feinem Zwirn. "Natürlich ist es schade, dass wir nicht bleiben können. Aber das war uns immer klar", bedauert Sebastian Otter. "Der Saal hat in der jetzigen Form einen ganz besonderen Charme. Das haben die Leute gespürt."

Zu Beginn des letzten Abends kehrt zunächst Ruhe ein. Harry Kämmerer ist zu Gast, gemeinsam mit Reinhard Soll, der ihn an der Gitarre begleitet. Kämmerer ist der Einladung Sebastian Otters gefolgt und liest aus seinem gleichsam humorvollen und schaurigen Krimi "Isartod". Gefesselt lauschen etwa 50 Besucher einer mitreißenden Geschichte, die mit einer Leiche in der Isar beginnt. An jenem Bereich, der mittlerweile renaturiert ist und dem gesamten Glockenbachviertel als Rückzugsbereich dient, wie Kämmerer schreibt. Erst nach der Lesung wird es laut unter dem Gebälk des Stadtsaals.

Die Münchner Band "Dillitzer" spielt zum Ende einer kleinen Ära. Bereits in der Ersten Etage hatte das Ensemble zu den wiederkehrenden Gästen gezählt, die - gleichwohl keiner der sechs Musiker Bulgare ist - jedes Klischee über das osteuropäische Land zu bedienen versuchen. Country, Rock, Soul, Ska, Balkan Pop. Welcher Musikrichtung hat sich Dillitzer verschrieben? Wohl jeder ein wenig in einem wahnwitzigen Mix, der Jung und Alt begeistert. Dann wird gefeiert. Leidenschaftlich und ohne Hemmungen. "DJ Valium" bringt die nötigen Beats. So war die Etage, so war die Rampe. Vielfältig, laut und fesselnd. Otter, Kessler und Völker werden daran anknüpfen. Bei ihrem nächsten Projekt.

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