Aus dem Amtsgericht:24 mal schwarzgefahren: 15 Monate Gefängnis

Fahrkartenkontrolle

60 Euro kostet es, wenn man in München und Region ohne Ticket erwischt wird. Ab dem dritten Mal droht dann richtig Ärger.

(Foto: dpa)

Ein 19-Jähriger muss sich vor dem Ebersberger Amtsgericht zudem wegen Diebstahls, Bedrohung und Beleidigung verantworten.

Von Viviane Rückner, Ebersberg

Sich beim Schwarzfahren erwischen zu lassen kann teuer werden: Für eine Fahrt in die Stadt sind dann 60 Euro statt 5,20 Euro zu zahlen, das ist schon ein ziemliches Ärgernis. Wer sich dann auch noch ein zweites oder gar ein drittes Mal erwischen lässt, kauft vielleicht doch lieber eine Monatskarte, das kommt doch billiger. Normalerweise haben die Betroffenen diese Lektion nach mehrmaligem unerfreulichen Kontakt mit dem Fahrkartenkontrolleur gelernt - aber eben nicht jeder. Ein 19-Jähriger musste sich nun vor dem Ebersberger Amtsgericht wegen Schwarzfahrens verantworten - ganze 24 Mal war er dabei erwischt worden.

Der Angeklagte saß ganz in schwarz gekleidet vor seinem Verteidiger und schaute etwas verunsichert durch den Gerichtssaal. Sein Rechtsanwalt, die Staatsanwältin und der Jugendgerichtshelfer wirkten alle eher verzweifelt. "Es wurden bereits alle erzieherischen Möglichkeiten ausgeschöpft, doch auch ein Haftbefehlsverfahren hat ihn nicht beeindruckt", erklärte die Staatsanwältin. Wenn diese ihn überhaupt erreicht haben.

Denn bei der Jugendgerichtshilfe hatte er sich auch nicht mehr gemeldet, dort wurde er zuletzt 2014 gesehen. Wenig beeindruckt hatte sich der junge Mann offenbar auch von den Fahrkartenkontrollen gezeigt. Laut Anklage war er nämlich nicht nur ohne Ticket unterwegs, er soll auch falsche Personalien angegeben und einen Kontrolleur mit körperlicher Gewalt bedroht sowie beleidigt haben.

Dass bereits diverse Strafanträge in seinem Erziehungsregister vorzufinden sind, sowie mehrere richterliche Weisungen und drei Jugendarreststrafen sprachen definitiv nicht für den Angeklagten. Frühere Straftaten waren neben immer wieder Schwarzfahren auch Diebstahl sowie der Besitz von Marihuana. 2016 passte er mit seiner Freundin auf das Haus eines Bekannten auf, als dieser verreist war, und entwendete diesem dabei Goldschmuck im Wert von 1500 Euro. Er räumte vor Gericht ein, dass ihm dieses Vergehen besonders leid täte, da es auch ein großer Vertrauenbruch war. Sein Versuch den verkauften Schmuck wiederzubeschaffen sei damals leider vergeblich gewesen.

Keine Bewährung trotz Geständnis

Auch beruflich steht es beim angeklagten nicht zum Besten: Nach seinem Hauptschulabschluss brach der 19-Jährige dreimal die Ausbildung zum Mechatroniker ab und arbeitet inzwischen als Hilfskraft in einem Kleidungsdiscounter. Seine Schulden belaufen sich mittlerweile auf mehrere tausend Euro, die er, wie er eifrig bezeugte, abzuarbeiten versucht.

Aufgrund der vielen Vorstrafen, dem Vertrauensmissbrauch, den einschlägigen Straftaten, der schnellen Rückfallgeschwindigkeit und der Vielzahl an Straftaten sah Richterin Vera Hörauf und die Staatsanwältin eine schädliche Neigung gegeben. Aufgrund dessen erklärte die Staatsanwältin, dass sie eine Haftstrafe nach dem Jugendgesetz von zwölf bis 18 Monaten ohne Bewährung für angemessen und notwendig ansehe. Eine Einschätzung, welche die Richterin folgte: Wegen der ungefestigten beruflichen und familiären Situation des Angeklagten stimmte Hörauf dem Verzicht auf eine Bewährung zu.

Der 19-Jährige wurde zu einer Einheitsjugendstrafe von 15 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Hörauf legte ihm im Anschluss ans Herz, seine Schulden abzuzahlen, sich um eine Ausbildung zu kümmern und diese Gerichtsverhandlung als seine letzte anzusehen und einen Schlussstrich zu ziehen.

Der Angeklagte nickte nur, sein Geständnis, seine Entschuldigung bei den Zeugen und die versuchte Schadenswiedergutmachung kamen ihm beim Urteil entgegen, wenn auch nur im geringen Maß. Der 19-jährige verließ leicht bedrückt den Gerichtssaal, nachdem ihn auch die Staatsanwältin freundlich verabschiedete und er daran erinnert wurde auf dem Rückweg mit gültigem Fahrausweis zu fahren.

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