Asylbewerber/Steinhöring:Stundenlanger Ausraster

Steinhöring, Flüchtlinge, Polizei

Ausnahmezustand in Steinhöring. Weil ein Bewohner in einer Flüchtlingsunterkunft stundenlang randalierte, musste im Mai 2015 sogar das SEK anrücken.

(Foto: Georg Barth)

Weil er in seiner Unterkunft randaliert und einen Polizisten verletzt hat, wird ein 28-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Von Wieland Bögel, Ebersberg/Steinhöring

Diesen Abend wird man in Steinhöring nicht so schnell vergessen. Im Mai 2015 rastete ein Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft komplett aus, zerlegte die Einrichtung seines Zimmers, bedrohte die Mitbewohner, warf Möbel und Flaschen aus dem Fenster und verletzte dabei einen Polizisten. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung stand der 28-Jährige nun vor dem Amtsgericht in Ebersberg.

Der Eritreer, der mittlerweile im südlichen Landkreis Ebersberg lebt, gab über seinen Verteidiger und mittels eines Dolmetschers die ihm vorgeworfenen Taten unumwunden zu. Er beteuerte aber mehrmals, dass er niemanden habe verletzen wollen. Den angerichteten Schaden an Möbeln und Gebäude, laut Landratsamt 6222,31 Euro, werde er ersetzen, sobald er das Geld habe. Was derzeit allerdings nicht der Fall ist, der Mann besucht halbtags die Schule und hat kein Einkommen.

Wie es zu dem Ausraster kam, in dessen Folge sogar die vor dem Haus vorbeiführende B 304 zeitweise gesperrt werden musste, konnte er aber nur ansatzweise erklären. Seinen Angaben nach hätten die Bewohner zusammen Bier getrunken und sich unterhalten, dabei sei ein Streit ausgebrochen. Warum der Angeklagte dabei derart in Rage geriet, sei nicht einfach zu erklären, so sein Verteidiger. Teilweise lag es sicher am Alkohol, laut Untersuchungsbericht hatte der junge Mann 1,24 Promille, als er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Laut Verteidiger leide der Angeklagte außerdem unter den Folgen "traumatischer Erlebnisse in seiner Kindheit", ohne dies weiter auszuführen. Diese hätten zur Folge, dass er unter Stress zu extremen Reaktionen neige.

Wie extrem, das schilderte ein als Zeuge geladener Polizist. Er und drei Kollegen seien in der Tatnacht als erste in dem Haus gewesen, sie waren wegen des lautstarken Streits in die Wohnung des Angeklagten gerufen worden. Als sie vor dessen Tür standen, hätten sie schon gehört, wie von drinnen Flaschen dagegen geworfen wurden. Er habe dann kurz die Tür einen Spalt aufgemacht, um in die Wohnung zu schauen, da sei erneut eine Flasche Richtung Tür geflogen. Die Beamten hätten sich daraufhin ihre Schutzausrüstung angezogen, seien erneut zum Angeklagten gegangen, der dann bereits in der Wohnungstür stand und mit einer abgebrochenen Flasche herumgefuchtelt habe. Als das eingesetzte Pfefferspray keine Wirkung zeigte, hätten sie den Mann eingeschlossen und auf Verstärkung gewartet.

Währenddessen randalierte der Angeklagte in seinem Zimmer, schlug das Fenster ein und warf Sachen auf die Straße. Dabei wurde der Einsatzleiter so unglücklich von einer Flasche am Fuß getroffen, dass er einen Riss der Achillessehne erlitt. Zwischendurch tauchte der Angeklagte mit einem großen Messer in der Hand am Fenster auf. Zwei andere Bewohner, die sich noch in den Räumen befanden, hätten sich in Panik ins Sprungtuch der Feuerwehr gerettet. Mittlerweile versuchte der Angeklagte über die Regenrinne aus dem Haus zu klettern, dabei habe er zwei Messer sichtbar in den Hosentaschen getragen. Letztlich stürzte der Mann etwa zwei Meter tief auf ein angrenzendes Dach. Dort blieb er zunächst liegen, daraufhin sei er verhaftet und im Krankenwagen in die Klinik nach Rosenheim gebracht worden. "Und da ist dann alles wieder von vorne losgegangen", schilderte der Zeuge, die ganze Fahrt hindurch habe sich der Mann "total aggressiv und furchtbar renitent gezeigt".

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung beantragten eine Haftstrafe auf Bewährung. Diese sei möglich, weil sich der Angeklagte weder vor noch nach seinem Ausraster etwas zuschulden kommen ließ, es habe sich wohl um eine Ausnahmesituation gehandelt. Diese sah auch die Richterin; sie verurteilte den Angeklagten zu einem Jahr auf Bewährung sowie 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Von letzterem zeigte sich der Verurteilte zunächst weniger begeistert, nach Rücksprache mit seinem Verteidiger nahm er das Urteil aber schließlich an.

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