Asylbewerber:Große Herausforderung

Für die Gemeinden im Landkreis ist es schwierig, auch für die Flüchtlingskinder einen Platz im Kindergarten zu finden. Die Wartelisten sind lang, zudem ist der genaue Bedarf oft nicht bekannt

Von Sophie Rohrmeier

Asylbewerber: Der Ebersberger Kindergarten Sankt Benedikt hat einige wenige Flüchtlingskinder aufnehmen können. Doch nicht überall gibt es freie Plätze

Der Ebersberger Kindergarten Sankt Benedikt hat einige wenige Flüchtlingskinder aufnehmen können. Doch nicht überall gibt es freie Plätze

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Gerade erst wenige Tage sind sie alt, die jüngsten Asylbewerber im Landkreis. Sie sind hier geboren und werden hier irgendwann in den Kindergarten gehen. Zumindest haben alle Flüchtlingskinder darauf ein Recht. Aber für die Kreisgemeinden ist es meist schwierig, für sie auch wirklich Plätze zu finden. Die Betreuungseinrichtungen sind in der Regel voll belegt, was zuletzt in Grafing zu einer Notlage führte. Doch die Wartelisten für Kindergartenplätze sind auch in anderen Gemeinden schon jetzt lang. Und der Bedarf der Flüchtlingskinder wird wachsen.

In Vaterstetten, wo etwa 50 Asylbewerber erwartet werden, sind heute die Kindertagesstätten zu "knapp 100 Prozent" belegt, wie Götz Beckenbauer vom Hauptamt für Bildung und Familie sagt. Wie viele Flüchtlingskinder letztlich nach Vaterstetten kommen werden, ist noch unklar. Wahrscheinlich aber ist, dass sie außerhalb der Anmeldefristen für die Kindergärten im Januar und Februar ankommen werden. Notplätze für zugezogene Kinder hält Vaterstetten zwar frei. Aber die müssen sich deutsche und Asylbewerberkinder teilen. Und wer keinen Platz bekommt, der wird auf die Warteliste gesetzt. Von hier rücken die ältesten zuerst nach, Vorschulkinder haben Vorrang.

Aber diese Rechnung geht nicht immer auf: Hätte Vaterstetten - oder eine andere Gemeinde - ein deutsches und ein Flüchtlingskind gleichen Alters auf der Liste, die beide demnächst eingeschult werden sollen, müsste man abwägen. Denn Flüchtlinge haben größeren Bedarf, die Sprache zu lernen, um in der Schule mitzukommen. Der gesetzliche Anspruch deutscher Eltern besteht jedoch trotzdem. "Dann müsste man sehen, ob die Kinder deutscher Eltern alternativ untergebracht werden können, in Arbeitsplatz-Nähe oder sogar bei Verwandten", erklärt Beckenbauer.

Im Landkreis besuchen aktuell mindestens 17 Flüchtlingskinder einen Kindergarten. Sie sind registriert, weil das Kreisjugendamt die Kosten für sie übernimmt. Allerdings könnten mehr Kinder untergekommen sein, ohne dass bisher Anträgegestellt seien, wie Landratsamtssprecherin Evelyn Schwaiger erklärt. In Grafing, wo momentan die meisten Asylbewerber leben, hat man indes für die drei dringendsten Fälle aus der Container-Unterkunft eine Notlösung gefunden: Die drei Vorschulkinder aus Syrien und Pakistan können jetzt nachmittags in den integrativen Kindergarten "Der gute Hirte" gehen, die Leiterin Ingrid Rienth hatte das angeboten. Die restlichen Flüchtlingskinder, von denen es einige jüngere gibt, können in eine von der evangelischen Kirchengemeinde organisierte Mutter-Kind-Gruppe gehen, die vorerst einmal wöchentlich stattfindet. Wie viele Kinder in Grafing genau Anspruch haben, weiß Maximiliane Dierauff von der Stadt Grafing, zuständig für die Kindertagesstätten, nach eigener Aussage derzeit nicht. Dennoch, einige Kinder "hängen gerade in der Luft", sagt sie.

Deshalb ist Grafing aus Sicht von Anna-Dorothea Cohrs, Sozialpädagogin bei der Ebersberger Ausländerhilfe, ein "Brennpunkt". In den anderen Gemeinden, wo momentan Asylbewerber leben, sei die Lage vergleichsweise gut. Laut Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) gibt es bisher in Ebersberg kein Problem damit, die Kinder unterzubringen. Wenn allerdings mehr Familien in die Stadt kämen, dann "wird es schwieriger", so Brilmayer. Tatsächlich wird auf die Kommunen in nächster Zeit eine große Herausforderung zukommen. Denn schon jetzt sind dem Landratsamt zufolge unter den Asylbewerbern zwei Frauen schwanger. Insgesamt 65 sind Kinder, davon 35 im Schulalter. 17 Kinder sind zwischen vier und sechs Jahre alt, also im Kindergartenalter, sieben von ihnen kommen im nächsten Jahr in die Schule. Die 13 Babys werden in den nächsten Jahren das Kindergartenalter erreichen. Und es werden mehr Asylbewerber in den Landkreis kommen. "Das überrollt uns ein bisschen", sagt Cohrs.

In Anzing, wohin etwa 27 Flüchtlinge kommen sollen, sieht sich Bürgermeister Franz Finauer (UBA) gewappnet, zumindest für etwa sechs Kinder. In Zorneding hat man noch kein Konzept, teilt Amtsleiter Daniel Kommnick mit. "Wir wollen, wenn möglich, Plätze vorhalten, aber wir sind voll ausgelastet", sagt er. Zur genaueren Planung sei ein runder Tisch geplant, der aber erst einberufen werde, wenn Klarheit über die geplante Unterkunft und die Zuweisung der Flüchtlinge bestehe. Dann müsse geprüft werden, "in welchem Einzelfall ein Kindergartenplatz nötig ist", erklärt Kommnick. "Auch für uns ist die Situation gerade etwas schwammig."

Dennoch wollen das Landratsamt und die Kommunen die Kinder so betreuen, dass ihre Entwicklung und Integration gefördert wird. Nicht nur ziviles Engagement wie in Grafing ist eine Lösung, wo ein Kindergarten zu bestimmten Zeiten Kinder nimmt oder Ehrenamtliche sich der Betreuung annehmen. Auch die Pläne von Sozial- und Jugendamt zeigen das. Und nicht zuletzt die Aussagen von Bürgermeistern wie Albert Hingerl (SPD), der in Poing alles tun werde, dass die Kinder unterkommen. "Wir werden kein Kind links liegen lassen", erklärt er. Zusammenarbeit sei nötig, um die Aufgabe zu stemmen, so Hingerl, er erwarte vom Landratsamt und vom Land Unterstützung. "Wir müssen flexibel sein und auch mal Ausnahmen vom großen Gesetz machen."

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