Asylbewerber:Container-Konzept gescheitert

In Grafing zeigt sich, dass die Unterbringung für Flüchtlingsfamilien unzumutbar ist. Das Landratsamt sucht nach Alternativen. Einfach ist der Strategiewechsel aber nicht

Von Thorsten Rienth

Asylbewerberunterkunft am Grafinger Gymnasium

In den Containern am Grafinger Gymnasien leben sieben Familien.

(Foto: Lukas Barth)

Die Container-Unterkünfte für Asylbewerber in Grafing haben sich als problematisch erwiesen. Sieben Familien wohnen in der Notunterkunft am Gymnasium, das macht 40 Asylbewerber. Das Landratsamt war im Herbst einem dringenden Appell der Stadt nachgekommen, auch Familien zu schicken. In den vergangenen Wochen ist nach Angaben von Landratsamts-Sprecherin Evelyn Schwaiger aber immer deutlicher geworden: "Die Container sind Familien eigentlich nicht zumutbar." Nun zeichnet sich ein Strategiewechsel ab.

In den Wohncontainern teilen sich in der Regel zwei, in einem Fall sogar drei Familien einen Container, der früher einmal ein Klassenzimmer war. Zehn Menschen sind das im Schnitt pro Raum, Babys, Kinder, Erwachsene. Es sei klar, dass das nur mit allerhöchster Rücksichtnahme auf Dauer funktioniert", sagt Schwaiger. "In der Praxis ist das aber kaum machbar."

Und so ist die Situation jener Flüchtlingsfamilien dort am Grafinger Gymnasium problematisch - so positiv die Beispiele für deren Integration sind. Ein paar der Flüchtlingskinder besuchen an einigen Nachmittagen in der Woche einen Kindergarten. Die Familien gewöhnen sich in ihr neues Umfeld ein, knüpfen Kontakte. Die Grafinger Tafel öffnet an einem zusätzlichen Tag - nur für Asylbewerber.

Doch der Verein Ausländerhilfe bestätigt das Problem der Wohnsituation. "Diese Art der Unterbringung ist aus unserer Sicht nur etwas für den absoluten Notfall", sagt Anna-Dorothea Cohrs. Ein Notfall, der in Grafing inzwischen seit etwa drei Monaten besteht. Privatsphäre und vor allem etwas Ruhe seien - auch nachts - selten. "Wenn ein Baby schreit, ist das in einem Raum mit vielen anderen Menschen wirklich ein Problem." Bei der Grafinger Unterkunft kommt eine Erschwernis hinzu. Für Küche und Toiletten gibt es eigene Container. Wer dort im Dunkeln hin will, knipst bei sich das Licht an und geht hinunter.

Anders als in anderen Unterkünften sind dann nicht zwei oder drei Zimmergenossen betroffen, sondern deutlich mehr. Cohrs wirbt um Verständnis, sie möchte die Einwände der Ausländerhilfe nicht als überzogene Forderung aufgefasst wissen. "Es ist doch verständlich, dass das jedem auf Dauer sehr an den Nerven zerren würde."

Die Probleme der Bewohner sind dem Landratsamt nicht neu. Schon im Dezember, als Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sie besuchte, hatten einige Flüchtlinge das Thema angesprochen. Nun erklärt die Landratsamts-Sprecherin, man wolle es künftig grundsätzlich vermeiden, mehrere Familien in einem großen Raum unterzubringen. Eine schnelle Abhilfe sei für die Familien in den Containern aber nicht in Sicht. "Wir haben einfach zu wenige normale Wohnungen, sonst würden wir Familien natürlich dort bevorzugt unterbringen." Die Container seien, der Name sage es schon, eben nur eine Notunterkunft. Den Familien Wohnungen in anderen Gemeinden zuzuweisen, schloss Schwaiger aus. "Die Menschen haben in der Stadt inzwischen Wurzeln geschlagen."

Einmal mehr appelliert sie an die Bevölkerung, frei werdende Wohnungen ans Landratsamt zu vermieten. Wäre das häufiger der Fall, könnte das Amt Flüchtlingsfamilien vorrangig dort unterzubringen. Mittelfristig ist also ein Wechsel in den Containern das Ziel: keine Familien, sondern Einzelpersonen. Fraglich ist, wie das Gymnasium darauf reagiert. Die Schulleitung hatte ihre Zustimmung zu der Belegung der früheren Klassenzimmer quasi an die Bedingung geknüpft, Familien als neue Nachbarn zu bekommen. Dass sich daran wohl bald etwas ändern wird, wollte sie vorläufig nicht kommentieren.

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