Aßlinger Filze:Auf dem Holzweg

Der Dieb, der die Birken im Biotop gestohlen haben soll, war in Wirklichkeit kein Dieb - sondern ein Vogelschützer, der sie in guter Absicht abgesägt hat. Der LBV zieht seine Anzeige zurück.

Von Alexandra Leuthner

Die blöden Sprüche drängten sich förmlich auf, von wegen "Beim Landesbund für Vogelschutz sind alle Vöglein ausgeflogen" oder "Das schießt doch den Vogel ab". Aber, na ja, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, sagt ein anderes Sprichwort, und das trifft es an dieser Stelle doch besser. LBV-Kreisvorsitzender Richard Straub jedenfalls will am liebsten schon gar nichts mehr hören von der Geschichte. Eigentlich ist die Sache mit den verschwundenen Birken in einem von den Vogelschützern gepflegten Biotop bei Aßling auch eher traurig als lustig.

Am vergangenen Donnerstag hatte die Polizei mitgeteilt, die Kreisgruppe des LBV habe eine Belohnung von 500 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung von Holzdieben führten. In der Aßlinger Filzen, wo der Naturschutzverein ein fast 9000 Quadratmeter großes Grundstück besitzt, waren in den vergangenen Wochen vier alte Birken einfach umgesägt und abtransportiert worden. Das Grundstück, das versteckt zwischen Waldflächen liegt, war der Kreisgruppe vor einigen Jahren von einem alten Herren überlassen worden mit der Auflage, den Grund für Naturschutzzwecke zu nutzen - was die Vogelschützer natürlich gerne taten.

Umso mehr, als sich herausstellte, dass die Stelle sich nach entsprechender Umgestaltung perfekt für die stark gefährdete Arktische Smaragdlibelle eignete. Für Reptilien wie die ebenfalls gefährdete Kreuzotter, die vom nahe gelegenen Bahndamm herüberkommen könnte, sollte die Lichtung ebenfalls eine Heimstätte werden, außerdem für Amphibien und Spechte. Letzteren hatte man beim LBV vor allem jene Birken zugedacht, die, so schätzt Straub, 60 bis 70 Jahre alt und teilweise schon abgestorben waren. Totholz also, das Spechten und den ihnen als Nahrungsquelle dienenden Insekten als perfekter Lebensmittelpunkt hätte dienen können.

Aßlinger Filze: Die Birke wächst schnell, aber sie wird nicht sehr alt - auch wenn sie nicht der Säge zum Opfer fällt.

Die Birke wächst schnell, aber sie wird nicht sehr alt - auch wenn sie nicht der Säge zum Opfer fällt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Wenn da nicht jener übereifrige Vogelschützer gewesen wäre, der den filigranen Bäumen kurzerhand den Garaus machte. Die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden, und was dem Specht als perfekte Umgebung für sein Eigenheim erscheinen musste, hielt der Vogelschützer vielleicht für einen Schandfleck im Gelände. Als Richard Straub bei einem Vortrag von dem Frevel vermeintlicher Holzdiebe berichtete - er ging damit nicht nur zu Polizei und Presse, sondern auch zur Staatsanwaltschaft -, saß der Baumfäller im Publikum und vernahm mit Entsetzen, welchen Fehler er begangen hatte im Willen, dem LBV behilflich zu sein. Noch in der Nacht griff er zum Telefon, wählte die Nummer von Straub und erleichterte sein Gewissen.

In dem Versuch, das Ganze zu erklären, sagte Straub: "Wir haben allen gesagt, sie können sich dort ihre Weihnachtsbäume holen." Als der LBV die Fläche übernommen hatte, habe er seine aktiven Mitglieder explizit dazu aufgerufen, die hier wachsenden Fichten zu entfernen. Zuletzt seien nur noch einige Kiefern und die vier Birken übrig geblieben. Die hatten ins Konzept einer luftigen Lichtung mit zwei oder drei Tümpeln gepasst. Die Wasserflächen will der LBV im nächsten Jahr anlegen zu lassen.

Wie es dazu kommen konnte, dass ausgerechnet ein LBV-Aktiver von diesen Plänen nichts wusste, könne er sich nur schwer erklären, sagte Straub. Natürlich habe der den Holzwert der Bäume - nicht mehr als 250 Euro - sofort ersetzt. Er selbst, so Straub, habe bereits mit der Staatsanwaltschaft gesprochen, um das Verfahren zu stoppen. Letztendlich sei er froh, dass kein Dieb am Werk war; stattdessen war es also, um doch noch einen blöden Kalauer zu bemühen, ein Pechvogel. Wenigstens aber seien keine weiteren Eingriffe zu befürchten, sagte Straub: "Die alten Birken aber kann halt keiner mehr hinstellen."

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