Aßling:Chance für Spätzünder

Lesezeit: 3 min

Die Grund- und Mittelschule Aßling ist im Schulverbund Ebersberg-Süd die einzige, die Quali-Schülern Klassen für den Mittleren Schulabschluss bietet. (Foto: Christian Endt)

Aßlings Rektor nennt Vorbereitungsklassen an der Mittelschule ein Erfolgsmodell

Von Carolin Fries, Aßling

Michael Pollack kann Eltern verstehen, die mitunter auf das bayerische Bildungssystem schimpfen. Doch was die Vorbereitungsklassen an der Mittelschule betrifft, ist der Rektor der Grund- und Mittelschule in Aßling vollends begeistert. Dass Jugendliche nach dem qualifizierenden Hauptschulabschluss die Möglichkeit bekommen, in zwei Jahren den Mittleren Schulabschluss (MSA) zu machen, sei ein Erfolgsmodell. Es richte sich gezielt an Schüler, die "geschlafen haben oder andere Baustellen hatten wie etwa die Pubertät", sagte er am Dienstagabend im Ratszimmer. Der CSU-Ortsverband hatte ihn und die Klassleiterin einer Vorbereitungsklasse, Judith Mathä, eingeladen.

Für solche "Spätzünder", wie Pollack sie nannte, sei die Vorbereitungsklasse eine echte Chance. Einzige Voraussetzung sei der Wille des Schülers. "Ohne den geht es nicht." Die ersten Schüler der Aßlinger Vorbereitungsklasse haben im vergangenen Jahr ihren Abschluss gemacht. Judith Mathä berichtete, dass viele im Anschluss auf die FOS gegangen seien, andere an Berufsschulen oder direkt in kaufmännische Lehrberufe, die unter den Jugendlichen stark nachgefragt seien. "Die kapieren erst mit 15 oder 16, dass sie für ihren Wunschberuf den MSA brauchen und sind dann in den Vorbereitungsklassen wirklich motiviert", sagte Mathä. Die Aßlinger Schule ist die einzige im Schulverbund Ebersberg-Süd, die Vorbereitungsklassen anbietet.

Aus dem gesamten südlichen Landkreis kommen also die etwa 20 Schüler, die jedes Jahr am 9+2-Modell teilnehmen. Voraussetzung ist ein Quali mit dem Notenschnitt 2,3, wobei Pollack und Mathä auch bei einem schlechteren Schnitt zu einer Aufnahme bereit sind, wenn "besondere Voraussetzungen vorliegen", also ein hohes Maß an Motivation da ist. "Es hat sich gezeigt, dass die Schüler mit einem guten Quali nicht unbedingt auch einen guten MSA machen", sagte die Klassleiterin. "Im Gegenteil." Bereits in den neunten Klassen werden mit den Schülern und Eltern Gespräche geführt und die Leistungen überprüft. "Die zwei Jahre sind kein Zuckerschlecken und es gibt immer wieder auch Schüler, für die es zu schwer ist", sagte sie. Doch die anderen, denen sie förmlich beim Aufwachen zusehen könne, die bestätigten das Modell. Mathä ist seit eineinhalb Jahren Lehrerin in Aßling, zuvor hat sie an der Mittelschule in Ebersberg unterrichtet. Die Vorbereitungsklassen hätten sie nach Aßling gelockt.

An der Mittelschule in Ebersberg, der größten im Schulverbund, gibt es die stark nachgefragten M-Züge, welche ebenfalls zum Mittleren Schulabschluss führen, allerdings schon von der siebten Klasse an. Ein Einstieg ist auch in der achten, neunten oder zehnten Klasse möglich, vorausgesetzt der Notenschnitt in den Kernfächern Mathematik, Deutsch und Englisch liegt bei 2,3.

Während der Unterricht in den Regelklassen an der Mittelschule praxisorientierter sei, basierten die M-Züge auf verstärkt theoretischem Unterricht, wie Mathä erklärte. An den Realschulen würde noch theoretischer gearbeitet, weshalb man den Mittleren Schulabschluss auch nicht mit der Mittleren Reife gleichsetzen könne. "Es gibt Unterschiede", sagte Mathä. Nicht bei jedem Arbeitgeber aber habe der MSA einen schlechteren Stand. "Das kommt auf die Branche, den Landkreis und den Ruf der Schule an", erklärt sie. Einer ihrer Schulabgänger habe bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zuletzt vier Realschüler ausgestochen.

Der Fokus in den Vorbereitungsklassen liegt auf dem Arbeitsverhalten und den Arbeitstechniken, "weil das im Beruf später am meisten gefragt ist", wie die Lehrerin erläuterte. Die Schüler lernten, sich selbstständig Lerninhalte anzueignen. Inhaltlich würde das Niveau noch einmal "deutlich angehoben". Vor allem in den Kernfächern, die jeweils mit sechs Wochenstunden im Stundenplan stehen. Zum Vergleich: Im M-Zug werden sie mit drei Wochenstunden unterrichtet. Der zweite Schwerpunkt sei die Berufsfindung. Ein weiteres Praktikum findet statt, Bewerbungen werden besprochen, Moderationen und Teamarbeiten geübt. "Das Tolle ist: Wir haben Zeit", sagte Mathä. Zeit, die sie für Theaterbesuche nutzt oder etwa für eine politische Klassenfahrt nach Berlin. Erfahrungen, die die Jugendlichen reifen ließen. Deshalb könne man auch nicht von einem vergeudeten Jahr sprechen, wie Pollack sagte - auch, wenn es für den Mittleren Schulabschluss dann doch nicht reichen sollte.

In Aßling jedenfalls ist man stolz, dieses Angebot im Repertoire zu haben. Es spreche nicht die Massen an, aber gebe jedes Jahr etwa 20 Jugendlichen eine Chance. Speziell auch Kindern mit Migrationshintergrund, die in den ersten Jahren womöglich noch stark mit dem Lernen der deutschen Sprache beschäftigt sind, aber großes Potenzial haben. Wenn es nach Pollack und Mathä geht, ist das Ziel nicht, das Modell auszuweiten, sondern vielmehr die Qualität zu sichern.

© SZ vom 12.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: