Arbeiten an Osten:Ein bisschen wie Theater spielen

Osterhasen aus dem Landkreis erzählen, wie kompliziert ihr Job ist: Weil alle Kinder sie stark bedrängen, gelingt es ihnen kaum, ihre Gaben unbemerkt zu verstecken. Deswegen engagieren sie als Zivilisten getarnte Helfer

Von Anja Blum

Osterhase zu sein, ist nicht einfach, überhaupt nicht einfach. Das fängt schon damit an, dass es schier unmöglich ist, etwa beim österlichen Familienspektakel der SPD rund um den Ebersberger Aussichtsturm, unbemerkt ein buntes Ei in der Landschaft zu verstecken. Sobald ein Kind einen Osterhasen entdeckt hat, drängelt sich gleich eine ganze Traube kleiner Eierjäger um ihn herum. Dann belagern sie ihn regelrecht, um sich ja nichts entgehen zu lassen. "Wo hast Du was versteckt? Wann versteckst du wieder was?" An ein entspanntes Bücken ist dann nicht mehr zu denken. "Das Verstecken kann man als Hase eigentlich gar nicht leisten", sagt Corinna Schött. "Da herrscht Ausnahmezustand." Schött ist vor einer Woche bereits zum dritten Mal in eines der Hasenkostüme geschlüpft. Auch die Wasserwacht, die jedes Jahr zum Eiersuchen am Steinsee einlädt, hat die Erfahrung gemacht, dass Kinder dem Osterhasen nachlaufen, als sei der ein Popstar. "Es gibt sogar viele, die ein Foto von sich und unseren Hasen machen wollen", berichtet Alexander Schemmel, der schon seit etwa 30 Jahren im Ostergeschäft ist. "Und das dürfen sie dann natürlich auch." Gelöst haben beide Veranstalter dieses Problem auf die gleiche Weise: Helfer in Zivil unterstützen die kostümierten Osterhasen beim Verstecken der Eier und der Süßigkeiten. Während des allgemeinen Tumults deponieren diese dann die Gaben unbemerkt im Gebüsch. Doch auch jene Hasen, die inkognito unterwegs sind, müssen sich in Acht nehmen vor den Kindern. "Sobald man sich bückt, kommen sie angelaufen und wollen wissen, was man da macht", erzählt Lena Nappert von der Jugendgruppe der Wasserwacht. Die Elfjährige hat aber einen Tipp parat, wie eine solche Situation zu retten ist: "Am besten tut man so, als hätte man die Eier nicht gerade versteckt, sondern selbst gefunden." Diese Technik hat auch ihre 13-jährige Schwester Anna Nappert perfektioniert. Zu noch drastischeren Maßnahmen der Tarnung greifen die Ebersberger: "Wir haben immer ein paar Hunde dabei, so dass die Helfer wirklich aussehen wie Spaziergänger", sagt Schött.

Seit bereits etwa 40 Jahren veranstalten sowohl SPD als auch Wasserwacht ihre Ostereiersuche, und beide haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Veranstaltung mittlerweile für viele Besucher zu einer wichtigen Tradition geworden sei. "Die meisten waren selbst als Kinder schon da, jetzt kommen sie mit ihrem eigenen Nachwuchs", berichtet Schemmel. Auch für ihn ist das österliche Spektakel eine Familienangelegenheit: Seine Söhne Martin, zwölf, und Leonhard, 14 Jahre alt, waren beide schon mehrmals in verschiedenen Funktionen mit von der Partie. Und nicht nur das: "An Ostern kommt der ganze Verein zusammen, das ist einfach schön", sagt Schemmel. Etwa 40 Menschen seien an den zwei Tagen im Einsatz, als Hasen, Helfer oder bei den Spielen, die rund um die Suche angeboten werden. Und zur Belohnung werde nach getaner Arbeit gemeinsam am Steg gegrillt.

Arbeiten an Osten: Fröhlich, jung und motiviert: So kommen die Osterhasen der Ebersberger SPD und der Wasserwacht Moosach-Steinsee daher.

Fröhlich, jung und motiviert: So kommen die Osterhasen der Ebersberger SPD und der Wasserwacht Moosach-Steinsee daher.

(Foto: Christian Endt)

Zumindest dann, wenn es die Temperaturen zulassen. "Vom Schneesturm bis zur Badehose - wir hatten schon alles", berichten die Wasserwachtler, wobei die Zahl der schlechten Wetterlagen deutlich überwiege. "Aber das macht nichts, die Leute kommen trotzdem", erklärt Schemmel. Das Ostereiersuchen sei ein großer, aber kurzer Spaß für die ganze Familie an der frischen Luft - und daher ganz unabhängig von der Witterung immer wieder sehr beliebt.

Angefangen hat es einmal damit, dass die Rettungsschwimmer selbst tagelang Eier färbten - doch dafür ist die Veranstaltung inzwischen längst zu bekannt: 3000 Hühnereier werden in zwei Tagen am Ufer des Steinsees verteilt, rund um den Ebersberger Aussichtsturm sind es an einem Tag 600. Hinzu kommen etliche Süßigkeiten: Schoko-Eier, -Hasen und anderes Naschwerk. Einen besonderen Spaß machen sich die Wasserwachtler daraus, einen großen Hasen auf dem Sprungturm inmitten des Sees zu deponieren. "Und es gibt tatsächlich immer wieder Mutige, die sich ins Wasser wagen", erzählt Schemmel, "obwohl es zu dieser Jahreszeit nur etwa neun Grad hat". Aufwärmen dürfen sich die tapferen Schwimmer danach in der Hütte der Wasserwacht. Dorthin flüchten auch die Hasen und Helfer für einen kurzen Moment, wenn die Füße und Finger gar zu kalt werden sollten.

Neue Freiwillige für den Osterhasenjob sind eher schwer zu finden. Dabei sei die einzige Voraussetzung, ins Kostüm zu passen - und kein Muffel zu sein. "Man muss einfach ein bisschen fröhlich und freundlich zu den Kindern sein", sagt Svenja, die Tochter von Corinna Schött. Die 18-Jährige feierte am Palmsonntag bei der SPD als Osterhase Premiere. "Das ist ein bisschen wie Theaterspielen", sagt sie. Doch es koste eben schon ein wenig Überwindung, sich in dieser Aufmachung zu präsentieren, erklärt Alexander Schemmel - vor allem die Buben. "Früher war ich jedenfalls der einzige, der sich getraut hat", sagt er. Dabei gewöhne man sich, nach einem kurzen Moment der Unsicherheit, ganz schnell an die Rolle, sagen Schemmels Söhne.

Arbeiten an Osten: Lauter langohrige Experten hat die Ebersberger SZ bei ihrem "Osterhasengipfel" zum Gespräch am Moosacher Steinsee versammelt.

Lauter langohrige Experten hat die Ebersberger SZ bei ihrem "Osterhasengipfel" zum Gespräch am Moosacher Steinsee versammelt.

(Foto: Christian Endt)

Vor allem, weil die Freude der Kinder ansteckend sei: "Es ist einfach total süß, wenn die Kleinen zu einem kommen und man ihnen was schenken kann", sagt Leonhard - und die Augen des 14-Jährigen leuchten dabei fast genauso wie die eines Vierjährigen angesichts eines Nestes voller Schokoladeneier. Sein Bruder Martin erzählt voller Stolz, dass er einmal von einem kleinen Mädchen ein selbst gemaltes Bild geschenkt bekommen habe - sich selbst und natürlich den Osterhasen hatte es darauf verewigt.

Das Staunen und die Freude der Kinder aber rühren nicht nur von all der Schokolade her, da sind sich alle Beteiligten einig, sondern auch vom Glauben an den echten Osterhasen. "Die meisten nehmen einen nicht als Kind oder Erwachsenen wahr, sondern wirklich als Hasen", hat Schemmel in vielen Dienstjahren festgestellt. Außerdem hätten die Kinder unendliches Vertrauen in die Figur, sagt Corinna Schött. "Bei einem Spiel waren einmal die Geschenke aus - da hat mich ein Junge gefragt, ob ich ihm bitte noch eines besorgen könne. Das war so nett. . ." Einig sind sich die erwachsenen Hasen auch darin, dass man den kleinen Kindern ihre Illusionen auf keinen Fall nehmen sollte, entzaubert würden diese ja früher oder später ganz von alleine. Wenn sie also mal einem kleinen Zweifler begegneten, der zum Beispiel wissen wolle: "Bist du der echte Osterhase?" - so haben sie darauf nur eine Antwort: "Ja, ich bin einer der echten." Das Ostereiersuchen der Wasserwacht am Steinsee bei Moosach findet am Ostersonntag, 27. März, und Ostermontag, 28. März, jeweils von 9 bis 17 Uhr statt.

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