Prozess:Lebenslang für Mord an Ehefrau

  • In München ist ein Mann aus Anzing verurteilt worden, weil er seine Frau umgebracht hat.
  • Er hatte behauptet, seine Frau habe sterben wollen.
  • Das Gericht sieht das anders.

Von Andreas Salch

Der Anzinger Kaufmann Robert Sch. ist wegen Mordes an seiner Frau vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der 56-Jährige hatte Karin Sch. in den Abendstunden des 29. Mai vergangenen Jahres im Bad der gemeinsamen Wohnung in Anzing von hinten mit einer Bratpfanne attackiert und ihr damit zehnmal auf den Kopf geschlagen. Die Schläge waren allerdings nicht tödlich.

Karin Sch. könne dadurch nur das Bewusstsein verloren haben, sagte ein Rechtsmediziner. Durch die Wucht der Hiebe sei das Opfer aber zusammengesackt, so der Forensiker. Danach habe der Angeklagte seiner Frau wahrscheinlich seinen Ellbogen oder sein Knie solange gegen den Hals gedrückt, bis sie keine Luft mehr bekam und gestorben sei. Dies, so die Einschätzung des Rechtsmediziners, müsse mehrere Minuten gedauert haben. Vor der Tat hatte Robert Sch. den Abend mit seiner Frau vor dem Fernseher verbracht. Bei seiner Vernehmung vor Gericht gab er an, er könne sich an den genauen Tatablauf nicht mehr erinnern.

Immer wieder hätten sie davon gesprochen, sich gemeinsam das Leben zu nehmen

Angeblich soll Karin Sch. von ihrem Mann verlangt haben, sie umzubringen, da sie sich nach einer Oberschenkelhalsfraktur in ihrem Leben eingeschränkt gefühlt habe. Bereits Wochen vor der Tat, so hatte es Robert Sch. dem Gericht geschildert, hätten er und sein Frau immer wieder darüber gesprochen, sich gemeinsam das Leben zu nehmen.

Drei Tage nachdem er seine Frau getötet hatte, versuchte Sch. sich das Leben mit einer Überdosis Schlaftabletten und Alkohol zu nehmen. Doch er wurde zufällig gefunden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte seine tote Frau bereits mehrere Tage in der Wanne gelegen. Da Robert Sch. sich dem Buddhismus verbunden fühlt, hatte er sie nach "buddhistischen Ritus" aufgebahrt. Ihren Kopf hatte er mit Blumen geschmückt. Auf dem Wannenrand hatte er, so wie es das Tibetanische Totenbuch vorschreibe, buddhistische Figuren aufgestellt und Teelichter angezündet. In den drei Tagen nach der Tat, so der Angeklagte, habe er von seiner Frau "Abschied genommen". Dabei sei er immer wieder in das Bad und habe die Tote gestreichelt.

Intelligenzquotient von 133

Laut Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Karl-Heinz Crumbach gebe es bei Robert Sch. "keinen einzigen Hinweis" auf "psychische Auffälligkeiten". Der ehemalige Siemens-Mitarbeiter, der es in dem Konzern bis in eine Führungsposition gebracht hatte, hat einen Intelligenzquotient von 133.

Staatsanwalt Florian Gliwitzky forderte, Robert Sch. wegen heimtückischen Mordes zu lebenslanger Haft zu verurteilen. Die Behauptung des Angeklagten, seine Frau habe sich gewünscht zu sterben, sah Staatsanwalt Gliwitzky durch die Beweisaufnahme in dem viertägigen Prozess für widerlegt. "Ich gehe davon aus, dass es keinen ernst gemeinten Todeswunsch von Frau Sch. gegeben hat", so der Anklagevertreter. Die 66-Jährige habe laut Zeugen auch nach der Oberschenkelhalsfraktur "den Kopf nicht in den Sand gesteckt" und gegenüber ihrer Umwelt "Lebenswillen" bekundet.

"Keine großartige Zukunftsperspektive" angesichts der finanziellen Situation

Die Tat des Angeklagten, so Gliwitzky, sei vielmehr vor dessen "Lebenshintergrund" zu sehen. 2007 hatte Robert Sch. seinen Job bei Siemens verloren. Mit einer Weinhandlung, die er später eröffnete, erlitt er Schiffbruch. Gleichzeitig musste er weiter sein Haus abbezahlen. Auf dem Anwesen lastete eine Hypothek von 200 000 Euro. Zuletzt drohte die Zwangsversteigerung. Dies habe dem Angeklagten "das Genick gebrochen", so Gliwitzky. Gleichwohl lasse sich nicht "mit letzter Sicherheit" sagen, was genau der Anlass für den Mord gewesen sei. Vielleicht sei es am Abend der Tat zu einem Streit wegen der desolaten finanziellen Situation zwischen den Eheleuten gekommen.

Robert Sch.s Verteidigerin, Rechtsanwältin Heidi Pioch, sprach in ihrem Plädoyer von einer "Familientragödie". Ihr Mandant und seine Frau hätten angesichts ihrer finanziellen Situation "keine großartige Zukunftsperspektive" mehr für sich gesehen. Sie forderte eine Verurteilung wegen Tötens auf Verlangen. Sollte das Gericht dem nicht folgen, sei ihr Mandant allenfalls wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren zu verurteilen, sagte die Verteidigerin.

In seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung versicherte Robert Sch., dass ihm seine Frau "Handlungshoheit" erteilt habe. Sie habe sterben wollen. Er bedauere sehr, dass er ihr nicht "nachfolgen konnte". Er habe "sich das Liebste genommen". Dass er nun hier vor Gericht stehe, sei für ihn "relativ schmerzhaft".

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