Anzing/Forstinning:Werbung für den Wald

FI Umgehungsgegner - Infoveranstaltung

Auf Einladung der Initiative gegen die Umfahrung kommen am Freitagabend 80 Gäste zum Vortrag von Hans-Jürgen Gulder in den Anzinger "Wilderer".

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Darf man durch den Ebersberger Forst eine Umgehungsstraße bauen? Zur Bewertung des Areals kommt eine Expertenrunde zusammen

Von Korbinian Eisenberger, Anzing/Forstinning

Natürlich ging es auch an diesmal wieder um die eine entscheidende Frage: Dürfen im Ebersberger Forst erstmals nach 200 Jahren wieder Bäume für eine Straße gefällt werden? Darf man im Westen von Forstinning eine tausend Meter lange Schneise durch den Wald schlagen? Die einen sagen ja, die anderen nein - beide Seite machen seit Monaten Reklame für ihre Sicht der Dinge. Am Freitagabend kam es nun zur neuesten Werbeveranstaltung, die Gegner der geplanten Umfahrung luden ins Gasthaus "Wilderer" nach Anzing zum Expertenvortrag ein. Die Quintessenz: Das Waldstück hinter dem Ortsteil Schwaberwegen ist ein besonderes, ob das ausreicht, um die Straße zu verhindern, blieb jedoch - wieder mal - offen.

Auf Einladung der Umfahrungsgegner sprach der Waldforscher Hans-Jürgen Gulder, den sie in Freising und Fürstenfeldbruck noch gut kennen dürften, dort hat er jahrzehntelang als Wissenschaftler und Forstchef gearbeitet. Entsprechend lieferte sein Vortrag Erkenntnisse, die für viele der 80 Gäste im Wilderer neu gewesen sein dürfte. Etwa diese: Für den Erhalt des Forstes in seiner jetzigen Form (also gegen die geplante Umgehung) spreche vor allem, "dass es sich um einen Bannwald handelt", so Gulder. Dem deutschen Waldrecht nach darf man dort nämlich nicht roden. Mit einer Ausnahme, so Guldner: "Wenn es dem öffentlichen Wohl dient." Und genau darum geht es ja in Forstinning.

Nicht alle, die in den großen Saal des Anzinger Wirtshauses gekommen waren, kannten die genauen Hintergründe. Betroffen sind ja vor allem zwei Bürgergruppen aus Forstinning, die sich seit Jahren über den Sinn und Unsinn einer Umgehungsstraße streiten. Es geht um die Ortsdurchfahrt, die Hauptverbindung zwischen der A 94 nach München und der Kreisstadt Ebersberg. Die einen wohnen an dieser Straße und beschweren sich über den Verkehr, der - laut Messungen des Staatlichen Bauamts - zugenommen hat. Die anderen haben ihre Grundstücke am Waldrand und wollen verhindern, dass dort in etwa hundert Meter Entfernung eine Schneise in den Forst geschlagen wird.

In dieser Gemengelage wird seit dem Gemeinderatsbeschluss für die Straße vor eineinhalb Jahren mit Zahlen jongliert, demonstriert, gestritten und gezankt. Umso erfrischender dürfte es sich für die Gäste angefühlt haben, dass der Ton an diesem Abend gemäßigt war - bis auf einen "Schwätzer"-Zwischenruf, den Moderator Ludwig Seebauer unkommentiert ließ. Seebauer wohnt selbst am Waldrand, er ist der Sprecher der Umfahrungsgegner und stellte die Expertenrunde zusammen. Er habe auch beim Staatlichen Bauamt in Rosenheim um einen Redner gebeten, so Seebauer, also beim Freistaat, der die Umfahrung finanziert und plant. Dort schlug man die Einladung aber aus, was schade, aber nicht unplausibel ist, es könnte der Behörde andernfalls negativ ausgelegt werden. Seebauers Initiative ist Interessensgruppe.

Und so blieb es bei einer Runde von Natur- und Forstverbundenen. Guldner diskutierte zusammen mit Georg Kasberger, dem neuen Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg, dessen Stellvertreter Martin Bachmann und Heinz Utschig, dem Forstamtsleiter für den Ebersberger Forst. Trotz dieser einseitig anmutenden Besetzung blieb die Debatte verhältnismäßig differenziert. Bachmeier machte klar, dass es sich zwar um Bannwald, jedoch nicht um ein Fauna-Flora-Habitat-Gebiet handle, "das wäre dann noch schützenswerter", sagte er.

Am klarsten gegen eine Rodung äußerte sich noch Guldner, der einzige Nicht-Ebersberger in der Runde. "Wenn man Bäume fällt und eine Ersatzaufforstung macht, dauert es 50 bis 80 Jahre, bis dort die ökologische Funktion von vorher wieder erfüllt ist", sagte er. Umgehung ja oder nein? Ebersbergs Waldchef Kasberger hielt sich bedeckt und verwies auf das bevorstehende Planfeststellungsverfahren. Dort werden wichtige Aspekte eingebracht und diskutiert. In Fällen wie diesen kommt es oft zu Klagen, weswegen sich der Streit um Forstinnings Umfahrung über Jahre ziehen könnte.

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