Anzing:Wenn Steine schwimmen lernen

Loher-Haus 'Metamorphosen'

Anfassen ausdrücklich erlaubt: Monica Lippstreu und ihre beiden Mitstreiterinnen zeigen in Frotzhofen bei Anzing Skulpturen aus Stein und Holz, die nicht nur dem Auge, sondern auch der Hand schmeicheln.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Monica Lippstreu, Yvonne Müller und Zana Hallmann zeigen im Loher-Haus, wie sich harte Materialien in zart-geschwungene Skulpturen verwandeln

Von Valentina Antonucci, Anzing

Sie dominieren den Raum auf subtile Weise: Zwischen hohen Decken und altem Holzfußboden thronen die Skulpturen auf weißen Sockeln. Die geschwungenen und harmonischen Formen lassen den Blick förmlich über die Kunstwerke gleiten, wecken flüchtige Assoziationen sowie den Wunsch, das Material zu berühren, um die Schönheit mit allen Sinnen wahrnehmen zu können - und das ist hier sogar ausdrücklich erlaubt.

"Metamorphosen" ist die Ausstellung dreier Frauen betitelt, die nun im Loher-Haus in Frotzhofen bei Anzing zu sehen ist. Die Vernissage findet statt am Freitag, 22. September, um 19 Uhr. Das Trio präsentiert Plastiken aus Stein und Holz, die so glatt poliert sind, dass sie der Handfläche schmeicheln. Jede der Frauenbevorzugt dafür ein bestimmtes Material. Monica Lippstreu schätzt den Speckstein vor allem aufgrund seiner Vielfältigkeit, sowohl in Farbe als auch bei Härte und Struktur. Zana Hallmann hingegen arbeitet vorwiegend mit alten Holzstücken, deren natürliche Charakterzüge sie herausarbeitet und ihnen so Lebendigkeit verleiht. Um sehr zarte, durscheinende und filigrane Figuren anfertigen zu können, hat sich Yvonne Müller dem Marmor und Alabaster zugewandt. Einen markanten Kontrast zu diesen Plastiken mit durchaus weiblichem Charakter bilden vier Gemälde von Wolfgang Lippstreu. Der Mann von Monica Lippstreu richtet sein Augenmerk vor allem auf alte Fabrikhallen, Autowracks, sowie außergewöhnliche Architektur und überzeugt durch geometrische Formen.

Erste Erfahrungen sammelte Monica Lippstreu bei einer Ausstellung ihres Mannes, bei welcher sie zwei Stücke präsentierte. Diesmal aber stehen ihre Werke im Mittelpunkt. Ihr lang gehegter Traum einer eigenen Schau geht damit in Erfüllung. Mit den beiden anderen Ausstellerinnen, die sie vor etwa zwei Jahren in den "Offenen Ateliers" der Volkshochschule in München kennengelernt habe, habe sie bereits seit einem Jahr an der Planung gearbeitet, erzählt Lippstreu.

Die künstlerischen Arbeitsweisen der Frauen gleichen sich im Wesentlichen: Das Vorgehen ist jeweils geprägt von Intuition und Fantasie, nach Plan verläuft hier gar nichts. "Es geht wirklich um die Verwandlung von dem, was ich vorfinde, zu etwas, das bereits darin steckt, sich aber nur langsam entwickelt und das erst entdeckt werden muss.", erklärt Lippstreu. So einigte sich das Trio auf den Titel "Metamorphosen", das altgriechische Wort für Verwandlung.

Dabei komme es natürlich auch das ein oder andere Mal vor, dass sich ein Stein anders entwickle als zunächst gedacht,so Lippstreu. Ein blau-weißer Stein beispielsweise, der erst ein Römerkopf werden sollte, verwandelte sich schließlich in einen Fisch mit hoher Rückenflosse, der nach dem Polieren sogar die Farbe ins Dunkelgrüne änderte. Warum, das weiß die Künstlerin selbst nicht. "Der Stein sagt mir, was er werden will."

Der Prozess, das Wesen eines Materials ans Licht zu bringen, dauere bei ihr ungefähr ein Jahr, erzählt Lippstreu. Denn schneller könne man nicht erkennen, was sich eigentlich darin verberge. Die Arbeit sei zwar sehr mühsam, aber auch unglaublich erfüllend, sagt sie, weswegen es ihr lange schwer gefallen sei, sich von ihren Stücken zu trennen. Doch mittlerweile ist das für Lippstreu kein Problem mehr: Ihr sei nämlich schlichtweg der Platz in der eigenen Wohnung sowie bei Familie und Freunden ausgegangen. Deswegen sei sie mittlerweile gezwungen, etwas zu verkaufen, um überhaupt neue Skulpturen schaffen zu können. Außerdem sei das ja ein fröhlicher Abschied: "Wenn jemand eine Arbeit derart liebt, dass er sie mit nach Hause nehmen und täglich betrachten will, ist das doch das schönste Geschenk", so Lippstreu.

"Metamorphosen": Zana Hallmann, Monica Lippstreu, Yvonne Müller, Ausstellung im Loher-Haus in Anzing, bis 1. Oktober, geöffnet samstags und sonntags jeweils 14 bis 18 Uhr.

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