Anzing:Streit um das "Lidl-Fjord"

Anzing: Der Saal im Forsthof ist am Dienstagabend bis auf den letzten Platz belegt: Offenbar beschäftigt das geplante Gewerbegebiet viele Anzinger.

Der Saal im Forsthof ist am Dienstagabend bis auf den letzten Platz belegt: Offenbar beschäftigt das geplante Gewerbegebiet viele Anzinger.

(Foto: Christian Endt)

Das geplante Gewerbegebiet im Norden des Friedhofs dominiert die Diskussion auf der Anzinger Bürgerversammlung. Bürgermeister Franz Finauer verteidigt die Pläne aus dem Rathaus: Es gebe auf absehbare Zeit keine alternativen Flächen

Von Anselm Schindler, Anzing

Die Vorwürfe machten ihn sehr betroffen, habe er als Bürgermeister doch alles dafür getan, ein alternatives Grundstück für ein neues Gewerbegebiet in Anzing zu finden. Doch es sei ihm einfach nicht gelungen, das betonte Rathauschef Franz Finauer in der Bürgerversammlung im Anzinger Forsthof immer wieder. Der große Saal des Restaurants war am Dienstagabend voll bis auf die letzte Eckbank, denn die recht zähe Diskussion um die geplante Ansiedlung von Gewerbe zwischen dem Friedhof und der Autobahn im Norden der Gemeinde beschäftigt viele Anzinger schon seit geraumer Zeit.

Die Fronten sind dabei klar abgesteckt, das machte auch die Bürgerversammlung wieder deutlich: Auf der einen Seite steht die Rathausverwaltung, die durchsetzen will, dass die örtliche Lidl-Filiale vom Westen der Erdinger Straße auf die andere Straßenseite und damit auf das Feld nördlich der Friedhofsmauern umzieht. Danach könnten sich dann auf dem frei werdenden Grundstück im Westen lokale Gewerbetreibende breit machen.

Gegen diese Pläne mobil macht der Arbeitskreis Ortsgestaltung um Sprecher Ulrich Fröde, der vor zusätzlichem Verkehr und landschaftlicher Verschandelung durch das Zubetonieren der Fläche an der Sempt warnt. "Wenn der Lidl umzieht, dann haben wir, wenn wir von Norden in die Gemeinde reinfahren, links und rechts eine Halle", schimpfte ein Bürger aus dem Arbeitskreis. So werde ein "Lidl-Fjord" entstehen, der mit dem ursprünglich dörflichen Charakter Anzings nichts mehr zu tun habe, hieß es.

Bürgermeister Finauer nutzte die Bürgerversammlung zum einen, um klar zu machen, dass er diese Argumente nachvollziehen könne, aber auch, um aufzuzeigen, warum er die Pläne aus dem Rathaus für alternativlos halte. Er habe mehrmals mit allen Grundstücksbesitzern, deren Flächen für ein Gewerbegebiet in Frage kämen, gesprochen, erklärte Finauer. Es handele sich dabei um eine zweistellige Anzahl von Grundstücksbesitzern, doch nur einer habe zugesagt.

"Wir sollten doch froh sein", sagte der Bürgermeister, "dass wir jetzt überhaupt jemanden haben, der sein Grundstück her gibt". Momentan sei es für Grundstücksbesitzer nämlich kaum rentabel, ihre Flächen zu verkaufen, erklärte Finauer die Situation. "Die fragen logischerweise: Was nützt mir das Geld?" Denn weil sich die Zinsen, die ein Anleger auf Vermögen bekomme, derzeit auf einem Rekordtief befänden, sei es in der Regel lohnender, ein Grundstück zu behalten, als es zu verkaufen und das Geld dann anzulegen.

Das Grundstück, das sich nördlich des Friedhofs zwischen Erdinger Straße und Sempt Richtung Autobahn hochzieht, halte auch er keineswegs für ideal, so Finauer, "aber wenn wir jetzt nicht noch Jahre warten wollen, dann müssen wir das nehmen". Und noch zu warten mache keinen Sinn, schließlich gebe es von Seiten örtlicher Gewerbetreibender einen großen Bedarf an neuen Flächen - und nicht zuletzt der Lidl-Konzern dränge auf einen Umzug auf die andere Seite der Erdinger Straße.

Was laut Finauer damit zusammenhängt, dass der Dicounter zum einen mehr Parkplätze will, es geht dabei um etwa 120 Stellflächen statt 90. Zum anderen beklagt der Konzern, dass die Gänge in der derzeitigen Filiale zu eng seien und dadurch Gedränge entstehe. Deshalb soll offenbar auch die Verkaufsfläche ausgeweitet werden, über diesen Punkt gab es in der Gemeinde in den vergangenen Monaten jedoch immer wieder Unklarheit. Wie groß die Filiale nach derzeitiger Planung insgesamt wird, darüber konnte auch Finauer in der Bürgerversammlung keine genaue Auskunft geben. Doch eine Zahl steht wohl schon fest: Ursprünglich wollte Lidl 1400 Quadratmeter Verkaufsfläche, doch das verweigerte die Regierung von Oberbayern dem Konzern, vor dort kommt die Vorgabe, dass die Verkaufsfläche höchstens 1200 Quadratmeter umfassen darf.

Bereits im Juni 2015 hatte Lidl bauliche Veränderungen für sein bestehendes Areal beantragt. Als dann der Plan für das neue Gewerbegebiet entstanden sei, habe Lidl großes Interesse an einem Umzug gezeigt, so der Bürgermeister. Am Beamer stellte er den Anzingern den konkreten Plan für den Lidl-Neubau nördlich des Friedhofs vor. Demnach habe das geplante Gewerbegebiet zum Friedhof einen Abstand von 14 Metern, dazwischen sollen auch Bäume gepflanzt werden. "Der Schallschutz ist also gegeben", so Finauer.

Warum die Planung des neuen Gewerbegebiets bislang nicht öffentlich gemacht wurde, erklärte der Bürgermeister ebenfalls: Es sei der Normalfall, dass Verhandlungen mit Grundstückseigentümern Verschlusssache seien, so Finauer.

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