Anzing:Jenseits der Komfortzone

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Im Loher-Haus präsentieren Matthias Härlin, Manfred Klügel und Johannes Mayrhofer ihre unterwegs gesammelten Skizzen, Motive und Impressionen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Künstler des Männerzirkels "Atelier im Rucksack" zeigen im Loherhaus in Anzing Erlebnisse und Ergebnisse ihrer regelmäigen Malreisen.

Von Anja Blum, Anzing

"Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was - dokumentieren." Diese Abwandlung eines Zitats aus einem Gedicht von Matthias Claudius stammt von dem Anzinger Künstler Johannes Mayrhofer. Statt des Erzählens stehe heute schließlich das Fotografieren im Vordergrund - "und das in inflationärer Fülle und daher oft recht oberflächlich", sagt er. Aus Urlaubsfotos "ergeben sich selten Eindrücke und Erfahrungen, die sich zu intensiven Erinnerungen und Geschichten verdichten."

Ganz im Gegensatz zum Dokumentieren per Zeichnen oder Malen wie es früher im Fokus von Künstler- und Entdeckungsreisen stand - und von Mayrhofer seit einigen Jahren praktiziert wird. Aus Freunden und Kollegen hat sich mittlerweile ein Männerzirkel gebildet, der unter dem Motto "Das Atelier im Rucksack" regelmäßig auf Malreise geht. Nun zeigen drei von ihnen im Anzinger Loher-Haus ihre daraus entstandenen Werke: der Anzinger Johannes Mayrhofer eben, Mathias Härlin aus München und Manfred Klügel aus Augsburg.

Das Reisen mit dem "Atelier im Rucksack" ist ihnen allen zum "Synonym für sinnenfrohe und intensive Erkundungen interessanter Orte - nah und fern - geworden". Ein alternatives, anachronistisches Reiseerleben, das sie sehr schätzen. "Es ist eben ganz was anderes, ob man nur durch eine Gegend läuft, oder sie nach künstlerischen Motiven absucht, sich hinsetzt und die Umgebung im Skizzenblock festhält", sagt etwa Klügel.

Auf diese Weise könne man sich Orte regelrecht "einverleiben", ergänzt Mayrhofer. "Und es ist die totale Entschleunigung", schwärmt Härlin. Wenn man zum Beispiel an einem Bachbett hocke und nur auf Farben und Formen achte, "dann vergisst man alles". So begeistert sind die drei Künstler von ihren Reisen, dass sie mit dieser ersten Ausstellung des "Ateliers im Rucksack" auch zum Nachmachen anregen wollen.

Wie die drei Männer erzählen, sind die Reisen sehr produktiv. "Am Ende feiern wir immer Erntedank, und da liegen gerne mal 40, 50 Bilder am Boden", sagt Mayrhofer nicht ohne Stolz. Entsprechend dicht ist die Anzinger Ausstellung konzipiert, kaum ein Flecken Wand, der nicht mit einer Zeichnung oder einem Aquarell bestückt ist.

Dass sogar das gleiche Motiv zu sehr unterschiedlichen Interpretationen führen kann, ist im Loher-Haus schön zu sehen, zum Beispiel an drei Aquarellen zum Kloster Plankstetten an der Altmühl. Härlin, der im echten Leben Grafiker ist, hat das Gebäude und die Landschaft darum herum sehr detailliert und präzise auf Papier gebannt, Mayrhofer, ursprünglich Kunsterzieher, liefert mit einer monochromen, expressiven Zeichnung den künstlerischen Gegensatz dazu, Klügel, der sich selbst als Hobbymaler bezeichnet, liegt in der Mitte. "Ich bemühe mich immer darum, zu einer freieren, abstrakteren Gestaltung zu finden, aber das gelingt eben nicht jedes Mal."

Doch auch das sei an den gemeinsamen Reisen so wundervoll: Dass man sich gegenseitig ansporne, die Komfortzone der eigenen Fähigkeiten zu verlassen, um Neues auszuprobieren. "Denn nur so kann man sich verbessern." Zwar bedeute das Atelier im Rucksack eine Reduktion der technischen Möglichkeiten, andererseits lägen in dieser Beschränkung auch Chancen: Man komme auf diese Weise fast überall hin und "verkünstle" sich vielleicht auch weniger.

Im Loher-Haus zu sehen sind nun die Ergebnisse: kunstvoll hingeworfene Zeichnungen aus den Skizzenblöcken, kleinformatige Aquarelle, aber auch größere Arbeiten, oftmals freiere Umsetzungen der unterwegs eingefangenen Motive, die dann im heimischen Atelier entstehen. "Man nimmt da immer viele Impulse mit", sagt Johannes Mayrhofer.

Die Sujets sind jedoch allesamt gegenständlich, widmen sich Natur und Kultur: Zu sehen sind malerische Landschaften, herausragende Architektur, Uferstreifen, Brücken, Wiesensträuße, mittelalterliche Stadtansichten, Bachläufe, Details wie Steine oder einzelne Pflanzen. "Zu schön darf das Motiv aber auch nicht sein, sonst hemmt einen das eher", warnt Mayrhofer und lacht. "Da ist es dann besser, sich zum Beispiel eine eher ungewöhnliche Ansicht auszusuchen."

"Das Atelier im Rucksack", Ausstellung von Johannes Mayrhofer, Mathias Härlin und Manfred Klügel im Loher-Haus in Anzing, Ortsteil Frotzhofen, Kirchenweg 11. Vernissage an diesem Freitag, 16. Oktober, von 18 bis 21 Uhr. Geöffnet ist die Galerie anschließend an den Wochenenden 17./18. und 24./25. Oktober, samstags von 14 bis 18 Uhr, sonntags von 11 bis 17 Uhr.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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